Glossar

Bereich:

Begriffe mit L

Lamfalussy-Prozess (Lamfalussy-Verfahren)

Zum Index

Dieses Verfahren zur Beschleunigung des EU-Gesetzgebungsprozesses wurde im März 2002 vom Europäischen Rat mit Blick auf das Ziel einer fristgerechten Umsetzung des Financial Services Action Plan (FSAP) gebilligt. Das ursprünglich für den Wertpapiersektor entwickelte Verfahren geht auf einen Vorschlag eines „Ausschusses der Weisen“ unter Vorsitz von Baron Alexandre Lamfalussy zurück. Ziel ist es, den komplexen und langwierigen regulären EU-Gesetzgebungsprozess im Rahmen eines Vier-Stufen-Plans zu vereinfachen und zu beschleunigen. Im Dezember 2002 beschloss der Rat, das Lamfalussy-Verfahren auf den gesamten EU-Finanzsektor auszudehnen. Nach diesem Verfahren beschließen Rat und Parlament in der ersten Stufe nur mehr Rahmenrichtlinien, die technischen Details (Durchführungsbestimmungen) werden in der zweiten Stufe von Regelungsausschüssen festgelegt, die Umsetzungsbestimmungen werden in der dritten Stufe vom Ausschuss der nationalen Aufsichtsbehörden erarbeitet und die Europäische Kommission überprüft in der vierten Stufe die Umsetzung der Richtlinien.

Längerfristiges Refinanzierungsgeschäft

Zum Index

Das längerfristige Refinanzierungsgeschäft ist ein regelmäßiges Offenmarktgeschäft, das analog zum Hauptrefinanzierungsgeschäft durchgeführt wird, allerdings mit längeren Laufzeiten (im Eurosystem zwischen 1 und 6 Monaten).

Langzeitarbeitslosigkeit

Zum Index

Form der Arbeitslosigkeit, bei der die betroffenen Personen seit mindestens 12 Monaten (oder je nationaler Definition einem anderen Zeitraum) arbeitslos sind.

Laufende Transfers

Zum Index

Im Rahmen der Zahlungsbilanz erfasste grenzüberschreitende unentgeltliche Leistungen, die Einfluss auf das Einkommen und den Verbrauch der betroffenen Volkswirtschaften haben. Die laufenden Transfers setzen sich aus öffentlichen und privaten Transfers zusammen. Ein Beispiel für öffentliche Transfers sind Beiträge Österreichs an die EU. In den privaten Transfers sind z. B. Gastarbeiterüberweisungen sowie Pensionen und Renten enthalten.

Leerkauf

Zum Index

Verkauf von Wertpapieren, die man zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses noch nicht besitzt.

Leistungsbilanz

Zum Index

Die Leistungsbilanz ist Teil der Zahlungsbilanz. Sie gliedert sich in die Teilbereiche „Güter“ (Außenhandel), „Dienstleistungen“ (Reiseverkehr, Transport, Versicherungsleistungen etc.), „Einkommen“ (Löhne und Gehälter, Erträge/Aufwendungen aus Direktinvestitionen, Portfolioinvestitionen etc.) sowie „Laufende Transfers“ (Mitgliedsbeiträge an internationale Organisationen, Pensionen, Produktions- und Verbrauchsteuern etc.). Die Leistungsbilanz ist ein wesentlicher Gradmesser für das außenwirtschaftliche Gleichgewicht einer Volkswirtschaft.

Leitkurs

Zum Index

Der Leitkurs ist ein im Rahmen eines Systems fester Wechselkurse festgesetztes Austauschverhältnis zwischen zwei Währungen, an dem sich die Wechselkurspolitik (üblicherweise mittels einer Bandbreite) orientiert. Zum Beispiel bewegen sich die am Wechselkursmechanismus II teilnehmenden Währungen innerhalb eines Schwankungsspielraums von ±15 % um einen Leitkurs zum Euro.

Leitzinsen

Zum Index

Als Leitzinsen werden jene Zinssätze bezeichnet, zu denen Zentralbanken den Kreditinstituten Zentralbankgeld zur Verfügung stellen.

Lender of Last Resort

Zum Index

Die Bereitschaft der Zentralbank, in Schwierigkeiten geratenen Kreditinstituten Unterstützung zu gewähren, indem sie als „Kreditgeber der letzten Instanz“ fungiert.

Leverage

Zum Index

Unter Leverage (deutsch: Hebel) bezeichnet man den überproportional starken Einfluss des Fremdkapitals auf die Eigenkapitalrentabilität. Ist z. B. der effektive Kreditzinssatz niedriger als die Verzinsung am Kapitalmarkt, kann mit aufgenommenen und wieder am Kapitalmarkt investierten Fremdkapital die Rentabilität des Investments erhöht werden (positiver Leverage-Effekt). Von einem negativen Leverage-Effekt spricht man, wenn die Differenz zwischen Gesamtkapitalrentabilität und Fremdkapitalzins so groß wird, dass die Verluste, die dabei entstehen, nicht mehr vom Unternehmen getragen werden können.

Liberalisierung

Zum Index

Unter Liberalisierung wird die Aufhebung sämtlicher mengen- und wertmäßiger Beschränkungen bzw. Hemmnisse zur Herstellung marktwirtschaftlicher Verhältnisse verstanden. Die Vollendung des Europäischen Binnenmarktes 1992 umfasste die Freigabe des Verkehrs von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Die völlige Liberalisierung des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgte Ende 1991 (Österreich: 4. November 1991) und stellte die erste Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) dar. Für die weltweite Liberalisierung von Handel, Dienstleistungen und intellektuellem Eigentum ist die WTO zuständig, für die Liberalisierung des Kapitalverkehrs vor allem die OECD.

LIBOR (London Interbank Offered Rate)

Zum Index

Der LIBOR ist ein repräsentativer Interbankenzinssatz für Termingelder mit einer Laufzeit von 1 Woche bis zu 12 Monaten in verschiedenen Währungen (z. B USD, GBP, JPY, CHF etc.). Er dient als Referenz für viele Finanzprodukte wie Spareinlagen oder Hypothekarkredite (z. B. 1 Prozentpunkt Aufschlag auf den Drei-Monats-LIBOR).

Liquidität

Zum Index

Liquidität bedeutet die „Geldnähe“ von Vermögenswerten, d. h. deren Potenzial, sofort bzw. kurzfristig Mittelzuflüsse zu generieren. Zu unterscheiden von der Liquidität von Vermögenswerten ist die Liquidität eines Marktes. Diese ist dann gegeben, wenn die Differenz zwischen dem Geldkurs und Briefkurs niedrig ist und auch größere Volumina eines Vermögenswertes gehandelt werden können, ohne den Marktpreis substanziell zu beeinflussen.

Liquidität absorbierende Geschäfte

Zum Index

Mithilfe von Liquidität absorbierenden Geschäften wird die verfügbare Zentralbankgeldmenge reduziert, indem die Zentralbank Einlagen hereinnimmt (Einlagefazilität), Liquidität für eine bestimmte Zeit abschöpft (Repo) oder Wertpapiere verkauft. Die Zentralbank kann zu diesem Zweck auch selbst Wertpapiere (Schuldscheine) begeben. Wie Liquidität bereitstellende Geschäfte, können auch die Liquidität absorbierenden Geschäfte danach unterschieden werden, ob sie auf Initiative der Zentralbank (Offenmarktgeschäfte wie Verkauf von Wertpapieren, Repos, Ausgabe von Schuldscheinen) oder auf Initiative der Banken stattfinden (Einlagefazilität). Die Wahl des Instruments hängt von der Natur des Liquiditätsüberschusses ab (strukturell oder temporär).

Liquiditätsfalle

Zum Index

Als Liquiditätsfalle wird eine Situation bezeichnet, in der eine Erhöhung des Geldangebots (= expansive Geldpolitik) keine senkende Wirkung mehr auf den kurzfristigen Zinssatz (z. B. bei einem Zinssatz nahe null) hat.

Liquiditätsrisiko

Zum Index

Das Risiko, dass eine bestehende Verbindlichkeit aufgrund fehlender liquider Mittel nicht fristgerecht zu einem akzeptablen Preis erfüllt werden kann. Das temporäre Fehlen liquider Mittel ist nicht unbedingt ein Indikator für eine Insolvenz, da die Verbindlichkeit möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt (z. B. nach Verkauf von Vermögenswerten) erfüllt werden kann.

Lissabon-Strategie (Lissabon-Prozess, Lissabon-Agenda)

Zum Index

Auf einem Lissabonner Sondergipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs im März 2000 formuliertes Programm mit dem Ziel, die Europäische Union bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Zur Zielerreichung wurden Maßnahmen insbesondere in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Innovation und Technologie, Unternehmen, v. a. KMU, Binnenmarkt, Infrastruktur, Bürokratieabbau, industrielle Basis, Bildung und Weiterbildung, flexibler Arbeitsmarkt, Beschäftigung sowie zur Sicherung der makroökonomischen Stabilität gesetzt. Die Lissabon-Strategie wurde 2005 anlässlich einer Halbzeitbewertung auf Wachstum und Beschäftigung fokussiert. Im Rahmen der seit 2005 auf partnerschaftliche Zusammenarbeit ausgerichteten Strategie legten die Mitgliedstaaten nationale Reformprogramme (2005-2008 und 2008-2010) und die EU das Lissabonner Gemeinschaftsprogramm vor. Nachfolger der Lissabon-Strategie ist die Strategie „Europa 2020“, die 2010 verabschiedet wurde.

Locational Statistic (BIZ-Währungsstatistik)

Zum Index

Die BIZ-Währungsstatistik ist eine in die internationale Bankenstatistik der BIZ einfließende Statistik der OeNB über die Forderungen und Verpflichtungen der in Österreich tätigen Kreditinstitute gegenüber Inländern in Fremdwährungen und gegenüber Ausländern in Euro und Fremdwährungen. Zu diesem Zweck werden auch Daten von Auslandsfilialen der österreichischen Kreditinstitute berücksichtigt.

Lohn bezeichnet das Arbeitsentgelt unselbstständig Beschäftigter für einen bestimmten Zeitraum bzw. eine bestimmte Leistung und im engeren Sinn das Arbeitseinkommen von Arbeitern. Im weiteren Sinn ist Lohn die Bezeichnung für Arbeitnehmerentgelt, also auch für Bezüge (Gehalt) von Angestellten und Beamten.

Lohnquote

Zum Index

Die unbereinigte Lohnquote errechnet sich aus dem Verhältnis von Einkommen aus nicht-selbstständiger Arbeit (Arbeitnehmerentgelt) zum Volkseinkommen. Alternativ ist es auch üblich, wie es z. B. OECD und Europäische Kommission bzw. Eurostat machen, anstelle des Volkseinkommens das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Nenner zu verwenden. Die Lohnquote ist ein wichtiger Indikator für die funktionelle Einkommensverteilung, da sie angibt, welcher Anteil am gesamtwirtschaftlichen Einkommen auf die Arbeitnehmer entfällt. Die komplementäre Größe zur Lohnquote ist die sog. Gewinnquote.

Lohnstückkosten

Zum Index

Die auf eine bestimmte Leistungseinheit entfallenden Lohnkosten (z. B. die Lohnkosten, die für die Produktion eines PKW anfallen). Die nominellen Lohnstückkosten berechnen sich als der Quotient der nominellen Arbeitnehmerentgelte je Arbeitnehmer und des realen Bruttoinlandsprodukts je Beschäftigten. Sie sind ein aussagekräftiger Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft.

Loss Given Event (LGE)

Zum Index

Der Loss Given Event bezeichnet die zu beziffernde Höhe eines Schadens im Verlustfall und ist dem operationalen Risiko zuzuordnen. Der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht unterscheidet zwischen sieben unterschiedlichen Ereigniskategorien.