SREP – Aufsichtliches Überprüfungsverfahren
Eine der wichtigsten Aufgaben der Bankenaufsicht liegt darin, die nachhaltige Überlebensfähigkeit der Banken sicherzustellen. Dazu benötigen die Banken insbesondere
- ein leistungsfähiges Geschäftsmodell,
- ein der Geschäftstätigkeit entsprechendes Risikomanagement,
- eine solide Kapitalsituation und
- eine ausreichende Liquidität sowie eine stabile Refinanzierung.
Diese vier Hauptfaktoren werden im Rahmen des jährlichen aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (Supervisory Review and Evaluation Process, SREP) einer Beurteilung unterzogen. Auf Basis einheitlicher von allen europäischen Aufsichten anzuwendenden Leitlinien der EBA sowie seitens des SSM vorgegebener methodologischer Richtlinien, analysiert die OeNB in Zusammenarbeit mit FMA und EZB die österreichischen Banken im Detail. Unter Berücksichtigung der Größe und Komplexität der jeweiligen Institute werden die Ergebnisse der Analysen zu Gesamtbeurteilungen zusammengeführt, welche die Grundlage für aufsichtliche Maßnehmen durch die zuständigen Behörden darstellen.
Was wird in den einzelnen SREP-Elementen analysiert?
1. Die Beurteilung des Geschäftsmodells umfasst unter anderem das Kerngeschäft der Bank, das wirtschaftliche Umfeld und den Finanzplan. Dabei ist die ausreichende Profitabilität aber auch die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells im Fokus. So soll sichergestellt werden, dass die Banken potentielle bzw. bestehende Kapitallücken aus eigener Kraft schließen können. Wird im Rahmen der aufsichtlichen Überprüfung festgestellt, dass Mängel im bestehenden Geschäftsmodell bestehen oder eine geplante Umstrukturierung zu einer Verschlechterung der finanziellen Situation führen könnte, werden mit der Bank mögliche Sanierungsschritte diskutiert und gegebenenfalls vorgeschrieben.
2. Bei der Beurteilung der Governance wird beispielsweise überprüft, ob das Risikomanagement unabhängig vom Markt-Ressort agieren kann und ausreichende Ressourcen und Know-how zur Verfügung hat, ob die interne Revision die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen durchgeführt hat oder ob die Vergütung der Mitarbeitenden den rechtlichen Anforderungen entspricht. Des Weiteren wird darauf geachtet, dass die internen Prozesse der Komplexität der Bankgeschäfte entsprechend Rechnung tragen. Beispielsweise sollen die zuständigen Entscheidungsträgerinnen und -träger auf höchster Ebene informiert und zeitnah in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Für weniger bedeutende Banken erfolgt die Analyse der Governance durch die FMA.
3. Der dritte Teil befasst sich mit der Beurteilung der Risiken, die zu Verlusten führen können und für die deshalb ausreichend Kapital zur Verfügung stehen muss. Damit ist gemeint, dass alle Risiken identifiziert, gemessen und mit entsprechendem Kapital abgedeckt werden müssen.
Das bedeutendste Risiko für die österreichischen Banken stammt aus dem klassischen Kreditgeschäft. Im Wesentlichen sind das unerwartete Ausfälle von Privat- und Firmenkunden. Dazu kommen noch weitere Risiken wie zum Beispiel Änderungen von Zinssätzen und Marktpreisen, Währungsschwankungen, IT-Risiken, Rechtsrisiken, usw. Grundsätzlich gilt, dass riskantere Geschäfte zu einem höheren Kapitalerfordernis führen als weniger riskante Geschäfte, wie beispielsweise das klassische, gut besicherte Kreditgeschäft. Aber auch schwache Kontrollmechanismen für bestehende Risiken oder ein unzureichendes Risikomanagement können zu einer schlechteren Beurteilung führen und in weiterer Folge das Kapitalerfordernis erhöhen.
Im aufsichtlichen Überprüfungsprozess wird die Selbsteinschätzung der Bank mit den gesetzlichen Erfordernissen verglichen und geprüft, ob die Risikoeinschätzung der Bank vollständig und ausreichend konservativ ist. Planzahlen und mögliche zukünftige Herausforderungen werden plausibilisiert und beurteilt und die Berechnungen der Banken werden mit aufsichtlichen Berechnungsmethoden verglichen. Weitere Informationen über potenzielle Mängel aus Vor-Ort-Prüfungen oder anderen Quellen werden ebenso berücksichtigt.
So wird jede Risikoart im Detail verifiziert und identifizierte Schwachstellen werden den Banken kommuniziert. Zusätzlich werden die Daten plausibilisiert, um etwaige Mängel in der Datenqualität aufzuzeigen. Darüber hinaus werden Stresstests für einen mehrjährigen Zeithorizont durchgeführt, die insbesondere bankspezifische Verwundbarkeiten aufzeigen sollen. Die Banken sind dann gefordert, entsprechende Gegenmaßnahmen zu entwickeln und eine ausreichende Kapitalisierung sicherzustellen.
4. Ähnlich der Beurteilung der Risiken, die zu Verlusten führen können, werden jene Risiken analysiert, die dazu führen können, dass Banken nicht genügend Liquidität zur Verfügung haben, um ihren Zahlungsverpflichtungen rechtzeitig nachkommen zu können. Dabei wird sowohl der kurzfristige Liquiditätsüberschuss als auch die langfristige Refinanzierungsplanung überprüft. Zusätzlich werden die Ergebnisse von Stresstests analysiert um sicherzustellen, dass auch im Falle von verschlechterten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen genügend Liquidität zur Verfügung steht. Dies wird beispielsweise dadurch erreicht, dass den Banken vorgeschrieben wird, Überschussliquidität kurzfristig zu veranlagen, damit auf Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds schnell reagiert werden kann.
Wie erfolgt die Gesamtbeurteilung im SREP?
Die Beurteilungen der einzelnen Blöcke werden zu einer abschließenden Gesamtbeurteilung zusammengeführt.
Zum Abschluss wird den Banken seitens der FMA bzw. der EZB ein Kapitalerfordernis mit Bescheid bzw. Beschluss vorgeschrieben. Für den Fall, dass die aktuell vorliegende Kapitalsituation nicht ausreichend ist, müssen die Banken zusätzliches Kapital aufbauen. Außerdem werden, wenn erforderlich, Maßnahmen zur Verbesserung der Liquiditätssituation zusätzlich zu den gesetzlich vorgegebenen Mindesterfordernissen bzw. zur Behebung von identifizierten Mängeln vorgeschrieben. Beides soll dazu beitragen, dass die Banken auch in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld ausreichend widerstandsfähig sind, um die Finanzmarktstabilität zu gewährleisten. In weiterer Folge wird die Einhaltung der Vorschriften und Maßnahmen aus dem Bescheid bzw. Beschluss in der laufenden Aufsicht überwacht und gegebenenfalls im Rahmen von Vor-Ort-Prüfungen genauer untersucht.
Zusammenfassend können der Gesamtscore und der Aufschlag auf das gesetzliche Kapitalerfordernis als die wesentlichsten Ergebnisse des SREPs bezeichnet werden. Untenstehende Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen der SREP-Beurteilung und dem Kapitalerfordernis für SI und LSI exemplarisch auf Basis von im Jahr 2016 durchgeführten SREP-Beurteilungen.