Die OeNB im Eurosystem

Als Zentralbank der Republik Österreich ist die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) seit dem Start der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) und der Einführung des Euro im Jahr 1999 Teil des Eurosystems.
Das Eurosystem ist für die einheitliche Geldpolitik des Euro-Währungsgebiets – dem zweitgrößten Wirtschaftsraum der Welt nach den USA – verantwortlich. Es besteht aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken jener EU-Mitgliedstaaten, die den Euro eingeführt haben.

Geschichte des Eurosystems

Die Schaffung des Euro-Währungsgebiets und die Errichtung einer neuen supranationalen Institution, der Europäischen Zentralbank (EZB), sind Meilensteine im langen und komplexen Prozess der europäischen Integration.

Drei Stufen der WWU

Das Euro-Währungsgebiet entstand, als am 1. Jänner 1999 die Zuständigkeit für die Geldpolitik von den nationalen Zentralbanken (NZBen) von ursprünglich elf EU-Mitgliedstaaten auf das Eurosystem übertragen wurde. Inzwischen sind acht weitere Länder dem Eurosystem beigetreten.

Die Geschichte der Wirtschafts- und Währungsunion (PDF, 1,1 MB)

Übersicht der Euro-Länder nach Beitrittsjahr

2023: Kroatien
2015: Litauen
2014: Lettland
2011: Estland
2009: Slowakei
2008: Malta, Zypern
2007: Slowenien
2001: Griechenland
1999: Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien,
          Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien

Aufgaben des Eurosystems

Gemäß Artikel 127(2) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bestehen die grundlegenden Aufgaben des Eurosystems darin,

  • die Geldpolitik des Euro-Währungsgebiets festzulegen und auszuführen,
  • Devisengeschäfte (im Einklang mit Artikel 219 AEUV) durchzuführen,
  • die offiziellen Währungsreserven der EU-Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten sowie
  • das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.

Weitere Aufgaben:

  • Die EZB hat das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Banknoten innerhalb des Euroraums zu genehmigen.
  • Die EZB erhebt in Zusammenarbeit mit den NZBen die für die Durchführung der Aufgaben des Eurosystems notwendigen statistischen Daten.
  • Bei Finanzmarktstabilität und der Bankenaufsicht unterstützt das Eurosystem die Behörden, deren Aufgabe die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und die Gewährleistung der Stabilität des Finanzsystems ist.

Institutionen des Eurosystems


Europäische Zentralbank (EZB)

Die EZB ist das Herzstück des Eurosystems und des ESZB.
Sie und die nationalen Zentralbanken nehmen die ihnen übertragenen Aufgaben gemeinsam wahr. Die EZB besitzt Rechtspersönlichkeit im Sinne des Völkerrechts.

Rechtliche Grundlagen für die gemeinsame Geldpolitik sind der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank. Gemäß der Satzung wurden sowohl die EZB als auch das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) am 1. Juni 1998 geschaffen.
 

Europäisches System der Zentralbanken (ESZB)

27 Zentralbanken der 27 EU-Länder + EZB
Das ESZB umfasst die EZB und die nationalen Zentralbanken aller EU-Mitgliedstaaten unabhängig davon, ob sie den Euro eingeführt haben oder nicht.

Eurosystem

20 Zentralbanken der 20 Euro-Länder + EZB
Das Eurosystem besteht aus der EZB und den nationalen Zentralbanken jener Länder, die den Euro eingeführt haben. Solange es EU-Mitgliedstaaten gibt, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören, werden das Eurosystem und das ESZB nebeneinander bestehen.

Kapitalanteile im ESZB und Eurosystem

Die Anteile am Kapital der EZB können gemäß Art. 28 der ESZB-Satzung nur die nationalen Zentralbanken des ESZB zeichnen, wobei die Kapitalanteile nach Art. 29.3 alle fünf Jahre (1.1.2004, 1.1.2009, 1.1.2014, 1.1.2019 und 1.1.2024) bzw. bei Beitritt/Austritt von Mitgliedstaaten (Beitritte: 1.5.2004, 1.1.2007 und 1.7.2013; Austritt: 1.2.2020) anzupassen sind. Die Anpassungen der Anteile für die Zeichnung des Kapitals der EZB erfolgen gemäß Beschluss des Rates vom 15. Juli 2003 auf Basis der vom EU-Rat festgelegten statistischen Daten. Die Kapitalanteile wurden dabei mittels Übertragungen zwischen den einzelnen nationalen Zentralbanken geändert. Die Erweiterung des Eurosystems zog die Anpassung der voll einbezahlten Anteile am Kapital der EZB nach sich (1.1.2007, 1.1.2008, 1.1.2009, 1.1.2011, 1.1.2014, 1.1.2015 und 1.1.2023). 

Kapitalanteile im ESZB und Eurosystem (PDF, 0,9 MB)

Stimmrechte im EZB-Rat

Am 23. Juli 2014 wurde der Beitritt Litauens zum Euro-Währungsgebiet beschlossen. Litauen wurde daher am 1. Januar 2015 als 19. Land Mitglied des gemeinsamen Währungsraums. Mit dem Beitritt Litauens gehen folgende Änderungen der Stimmrechteverteilung im EZB-Rat einher.

Bislang galt im EZB-Rat die Regel „ein Land, eine Stimme“; das sechsköpfige EZB-Direktorium verfügt ebenfalls über eine Stimme pro Person. Um ineffiziente und zeitaufwändige Abstimmungen zu vermeiden, wurde bereits im Jahr 2003 beschlossen, dass bei einer entsprechenden Anzahl an nationalen Vertretungen im EZB-Rat die Stimmrechte der Länder rotieren sollten. Dieser neue Modus sollte zunächst ab 16 Euroraum-Mitgliedstaaten gelten, später wurde die ausschlaggebende Zahl auf 19 erhöht. Mit dem Beitritt Litauens ändert sich daher der Abstimmungsmodus im EZB-Rat.

Das Rotationsprinzip

19 bis 21 Mitgliedsstaaten

Bei 19 bis 21 Mitgliedstaaten im Euroraum erfolgt eine Teilung in zwei Ländergruppen. In einer Gruppe werden die fünf größten Volkswirtschaften des Euroraums zusammengefasst. Diese fünf Länder – Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und die Niederlande – teilen sich vier rotierende Stimmen.

Die übrigen Länder bilden eine zweite Gruppe und teilen sich elf Stimmen. Für die aktuelle Situation mit 20 Mitgliedsstaaten bedeutet dies, dass sich 15 Länder der zweiten Gruppe zusammen elf Stimmen im EZB-Rat teilen. Vier Gouverneure der Zentralbanken dieser Länder haben somit für jeweils vier Monate im EZB-Rat keine Stimme.

Für beide Gruppen gilt, dass ihre jeweiligen Vertreter auch im neuen Rotationssystem an den EZB-Ratssitzungen teilnehmen und ihre Meinung einbringen können. Ihre Argumente – etwa zu Zinsentscheidungen oder anderen Maßnahmen – können also im EZB-Rat vorgebracht werden und so die Entscheidungen mitbeeinflussen.

Die Mitglieder des EZB-Direktoriums berührt das Rotationssystem nicht. Sie haben dauerhaft Sitz und Stimme im EZB-Rat.

Rotationskalender (Englisch)

Rotationsprinzip bei 19 Mitgliedsstaaten
Rotationsprinzip bei 19 Mitgliedsstaaten
Das neue Rotationsprinzip
Anzahl Mitgliedsstaaten im Euroraum Erste Gruppe Zweite Gruppe
NZB−Vertretungen Stimmrechte NZB−Vertretungen Stimmrechte
19 5 4 14 11
20 5 4 15 11
21 5 4 16 11

22 und mehr Mitgliedsstaaten
Ab einer Anzahl von 22 Mitgliedsstaaten im Euroraum werden drei Gruppen mit rotierenden Stimmrechten gebildet. Die fünf größten Volkswirtschaften bilden Gruppe 1 und teilen sich nach wie vor vier Stimmrechte. Gruppe 2 besteht aus „mittelgroßen“ Volkswirtschaften, die sich acht Stimmen teilen. Die kleinsten Volkswirtschaften des Euroraums bilden Gruppe 3 und teilen sich drei Stimmen. Inklusive der sechs Stimmen des EZB-Direktoriums ergeben sich in Summe also erneut 21 Stimmen.