Effekte der Insolvenz oder Abwicklung auf die Finanzmarktstabilität
Im Kontext der Abwicklungsplanung sowie der tatsächlichen Abwicklungsentscheidung zu Banken hat die OeNB die Effekte der Insolvenz oder Abwicklung auf die Finanzmarktstabilität zu beurteilen. Dabei gilt es insbesondere zu evaluieren, ob die Anwendung des Konkursverfahrens negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Realwirtschaft haben könnte. Diese Beurteilung basiert auf einem wissenschaftlich fundierten konzeptionellen Rahmen, ausführlichen empirischen Studien und intensiven Datenanalysen. Diese Analysetiefe ist rechtlich geboten, da die Analyseergebnisse in Maßnahmen der OeNB und der makroprudenziellen Behörde sowie der Abwicklungsbehörde einfließen und mit weitreichenden Folgen für Wirtschaftssubjekte, Finanzmarkt, Realwirtschaft und Gesellschaft verbunden sein können. Sie stellt die notwendige Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Beurteilung und der zugrundeliegenden Methoden und Daten sicher. Folgende Kriterien dienen als Basis für die Analyse:
- die Verhältnisse auf den Finanzmärkten, insbesondere die von den am Markt Teilnehmenden erwarteten Folgen eines Zusammenbruchs des Kreditinstituts auf andere Unternehmen des Finanzsektors, auf den Finanzmarkt, das Vertrauen der Einlegerinnen und Einleger und von am Markt Teilnehmenden in die Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes und die Realwirtschaft;
- die Vernetzung mit anderen auf dem Finanzmarkt Teilnehmenden; Art und Umfang der Verbindlichkeiten und Forderungen des Kreditinstituts gegenüber anderen Kreditinstituten und sonstigen Unternehmen der Finanzbranche;
- der Umfang der von einem Kreditinstitut entgegengenommenen Einlagen sowie die Auswirkungen auf die Finanzmarktstabilität bei einem Einlagensicherungsfall;
- die Art, der Umfang und die Zusammensetzung der von einem Kreditinstitut eingegangenen Risiken sowie die Rahmenbedingungen auf den Märkten, auf denen entsprechende Positionen gehandelt werden;
- die Art, der Umfang und die Komplexität der vom Kreditinstitut grenzüberschreitend abgeschlossenen Geschäfte sowie die Ersetzbarkeit der grenzüberschreitend angebotenen Dienstleistungen und technischen Systeme;
- die Komplexität der vom Kreditinstitut mit anderen am Markt Teilnehmenden abgeschlossenen Geschäfte.
Im Zuge der jährlichen Überprüfung wird dafür ein quantitativer Zugang gewählt, in dem die angeführten Kriterien anhand von über 30 Indikatoren und ihrer modellbasierten Interaktion analysiert werden. Im Anlassfall, sprich bei einem drohenden Ausfall eines Kreditinstitutes, wird die Analyse deutlich vertieft und inkludiert ausführliche, auf das jeweilige Geschäftsmodell maßgeschneiderte Auswirkungsabschätzungen einer Insolvenz auf die Solvenz und Liquidität des österreichischen Bankensystems sowie den Finanzmarkt und die Realwirtschaft. In der Analyse der Zweitrundeneffekte werden direkte und indirekte Ansteckungskanäle (wie z. B. durch das Einlagensicherungssystem) berücksichtigt.