OeNB-Konjunkturindikator
19.09.2025Stabilisierung der Konjunktur zu Jahreswechsel
Die österreichische Wirtschaft wuchs im 3. Quartal 2025 mit +0,4 % gegenüber dem Vorquartal überraschend stark. Die wichtigsten Stimmungsindikatoren für Österreich zeigten zuletzt eine Verbesserung – lassen aber keine baldige kräftige Beschleunigung erwarten. Auf Basis des aktuellen OeNB-Konjunkturindikators gehen wir von einem Wachstum von 0,1 % im vierten Quartal 2025 und 0,2 % im ersten Quartal 2026 aus. In der OeNB Prognose vom Dezember 2025 revidieren wir damit das in der OeNB-Interimsprognose vom September prognostizierte Wirtschaftswachstum für 2025 von 0,3 % auf 0,6 %.
Die Stimmungsindikatoren für Industrie und Dienstleistungen verbesserten sich zuletzt leicht, befinden sich aber weiterhin unter ihrem langfristigen Durchschnitt. In der reinen Modellprognose des OeNB-Konjunkturindikators dämpft die Stimmung das Wachstum vor allem zu Jahresende noch merklich. Dadurch ergibt sich für das vierte Quartal 2025 eine Stagnation und für das erste Quartal 2026 ein Wachstum von etwa ¼ Prozent (jeweils gegenüber dem Vorquartal). Ausgehend von dem zuletzt starken Wachstum im dritten Quartal und den leichten Verbesserungen in den Stimmungsindikatoren erscheint eine Stagnation Ende des Jahres zu pessimistisch. Daher glätten wir für die OeNB-Dezemberprognose die kurzfristige Wachstumseinschätzung via Expert Judgment. Damit erwartet die OeNB eine Stabilisierung der Konjunktur zum Jahreswechsel mit einem Wachstum von 0,1 % im vierten Quartal 2025 und 0,2 % im ersten Quartal 2026.
Den Prognosen liegt ein dynamisches Faktormodell mit gemischten Frequenzen zu Grunde (s. Modellmethodik im Downloadbereich). Dabei wird aus dem realen BIP-Wachstum und einer Reihe an vor- bzw. gleichlaufenden monatlichen Konjunkturindikatoren ein gemeinsamer latenter Faktor modelliert, der die zugrundeliegende Konjunkturdynamik beschreibt. Basierend auf den aktuellen Informationen der monatlichen Konjunkturindikatoren und der Modelldynamik wird dieser Faktor für den Prognosehorizont fortgeschrieben und bildet die Basis der Kurzfristprognose für das Wirtschaftswachstum.
Bei der Wahl der monatlichen Konjunkturindikatoren wurde berücksichtigt, dass alle wichtigen Sektoren abgedeckt sind und dass neben gängigen Stimmungsindikatoren auch rasch verfügbare und kaum Datenrevisionen unterliegende reale Aktivitätsindikatoren verwendet werden. Im Modell enthalten sind die Stimmungsindikatoren der Europäischen Union (ESI) der Sektoren Industrie, Dienstleistungen und Einzelhandel und als Aktivitätsindikatoren sind die LKW-Fahrleistung der ASFINAG und die sofort verfügbaren offenen Stellen laut AMS inkludiert. Die jeweiligen zeitlichen Vorläufe wurden mittels Korrelationsanalysen ermittelt.
Im August 2025 wurde das Modell, dem der OeNB-Konjunkturindikator zu Grunde liegt, aktualisiert. Dafür wurden die Parameter des Modells für den Zeitraum 2005Q1 bis 2025Q2 optimiert. Der Anfangspunkt wurde gegenüber der Vorgängerversion (November 2023) von 1999Q1 auf 2005Q1 verschoben, um das schwächere durchschnittliche Produktivitäts- und BIP-Wachstum seit der zweiten Hälfte der 2000er Jahre zu berücksichtigen. Der Endpunkt wurde von 2019Q4 (Version vom November 2023) auf 2025Q2 (August 2025 Update) ausgeweitet. Um jedoch Verzerrungen bei den geschätzten Parametern durch die COVID-19 Pandemie zu vermeiden, wurden die Daten zwischen 2020Q1 und 2022Q2 bei der Parameterschätzung nicht berücksichtigt. Das durchschnittliche BIP-Wachstum gegenüber dem Vorquartal sinkt durch die Veränderung des Schätzzeitraums von 0,41 % auf 0,27 %.
Die Prognosen werden am Anfang des dritten Monats des Quartals erstellt. Damit ist bereits eine hinreichende Informationsdichte für das laufende Quartal verfügbar. Gleichzeitig besteht aber zu dem Zeitpunkt noch ein ausreichender Informationsvorsprung bis zur Veröffentlichung der VGR-Schnellschätzung.
Die Prognose des BIP-Wachstums wird in die Beiträge aller enthaltenen Variablen[1] zerlegt. Da die Modellprognose auf mittelwertbereinigten Daten beruht, wird diese noch um den Mittelwert des BIP-Wachstums des Modellzeitraums ergänzt. Abschließend kann die Modellprognose noch um ein „Expert Judgment“ erweitert werden, um gegebenenfalls im Modell nicht berücksichtigte Informationen abzubilden.
[1] Die Komponente „Rest“ enthält den Beitrag des vergangenen BIP-Wachstum zum gemeinsamen Faktor und den Einfluss der autokorrelierten Fehlerkomponente im Prognosezeitraum.