Sanierungsplanung

Die Erfahrungen aus der letzten Finanzkrise haben gezeigt, dass viele Banken nur unzureichend auf schlechter werdende Marktbedingungen vorbereitet waren. Gerät eine Bank in Schieflage, bleibt nur wenig Zeit um Gegenmaßnahmen zur Abwendung einer drohenden Insolvenz oder Abwicklung zu ergreifen. Darum ist es notwendig, dass schon vor einem potenziellen Krisenfall geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Überlebensfähigkeit einer Bank vorbereitet und in einem Sanierungsplan festgeschrieben werden.

Mit dem Inkrafttreten des BIRG (Bankeninterventions- und -restrukturierungsgesetz) im Jahr 2014, bzw. dessen Nachfolgegesetz BaSAG (Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken) sind alle Banken in Österreich verpflichtet Sanierungspläne zu erstellen. Basierend auf dem in der BRRD sowie dem BaSAG vorgesehenen und in der Bankensanierungsplanverordnung (BaSaPV) der FMA konkretisierten Proportionalitätsprinzip  können Bankengruppen einen Plan für die gesamte Gruppe und Banken, die sich in einem institutsbezogenen Sicherungssystem (IPS) befinden, einen Gesamtplan für das gesamte System verfassen. Darüber hinaus sind auch die Anforderungen an den Detaillierungsgrad der Pläne nach dem Prinzip der Proportionalität abgestuft. Kleinere Banken können in ausgewählten Bereichen weniger umfassende Sanierungspläne vorlegen. Für Banken, die über Auslandstöchter verfügen oder selbst Tochter eines Mutterinstitutes im Ausland sind, werden sogenannte „Sanierungscolleges“ abgehalten. Diese dienen der Analyse des Gruppenplans und die Analystinnen und Analysten der jeweils national betroffenen Bankenaufsichten nehmen daran teil. Die zentralen Bestandteile eines Sanierungsplanes sind:

  • Sanierungsindikatoren und Sanierungsszenarien: Welche Kennzahlen werden laufend beobachtet, was sind typische Gefährdungsszenarien und bei welchen Schwellenwerten ist zu entscheiden, ob und gegebenenfalls welche Sanierungsmaßnahmen umzusetzen sind?
  • Sanierungsmaßnahmen: Welche Maßnahmen kann die Bank in welchem Szenario umsetzen, welche Effekte haben sie (insb. auf Kapital und Liquidität) und wie lange dauert ihre Umsetzung?

Um die Banken in der Erstellung der Sanierungspläne zu unterstützen, wurden von OeNB und FMA Guidelines verfasst, Templates zur Verfügung gestellt und Informationsworkshops angeboten. So wurde die Erwartungshaltung der Aufsicht klar an die Banken kommuniziert und die Vergleichbarkeit und Aussagekraft der Sanierungspläne erheblich erhöht.

Wie erfolgt die Analyse von Sanierungsplänen?

Der Analyseprozess für einen Sanierungsplan unterscheidet sich je nachdem, ob es sich um ein bedeutendes (significant institution, SI) oder weniger bedeutendes Kreditinstitut (less significant institution, LSI) handelt. Während die Pläne für SI in Zusammenarbeit mit der EZB analysiert werden, obliegt die Analyse der Pläne für LSI allein der OeNB. Aufgrund der bereits ab dem Jahr 2012 bestehenden Verpflichtung für die größten österreichischen Banken, Sanierungspläne zu erstellen, konnte die OeNB bereits frühzeitig Erfahrung in der Analyse aufbauen. Der österreichische Ansatz konnte in vielen Teilen in den SSM eingebracht werden.

Im Zusammenhang mit der Analyse der Sanierungspläne von SI gibt es einen europaweit harmonisierten Prozess, der es erlaubt, eine SSM-weite Vergleichbarkeit der Qualität der Pläne sicherzustellen. Die Analyse wird von den jeweiligen für die einzelnen Banken zuständigen JST in enger Kooperation mit EZB-internen Querschnittsabteilungen, welche für das europaweite Krisenmanagement verantwortlich sind, durchgeführt. Festgestellte Mängel werden gegenüber den Banken schriftlich vorgebracht; in weiterer Folge werden durch die EZB Verbesserungsaufträge erteilt, welche innerhalb eines – von den JST festgelegten – Zeitrahmens von den Banken zu erfüllen sind. Bei allen europäischen bedeutenden Banken kooperiert die laufende Bankenaufsicht eng mit den nationalen Stellen, welche für den Fall, dass eine Sanierung einer Bank nicht mehr möglich ist, mit Abwicklungsfragen betraut sind. In Österreich ist die Abwicklungsbehörde in der FMA angesiedelt; auf europäischer Ebene besteht das einheitliche Abwicklungsgremium (Single Resolution Board, SRB). Die Erkenntnisse aus der Analyse der Sanierungspläne fließen in die Erstellung der behördlichen Abwicklungspläne ein (Abwicklungspläne werden von den zuständigen Abwicklungsbehörden erstellt).

Die Analyse der Sanierungspläne von LSI erfolgt durch die OeNB. Die FMA erteilt auf Basis dieser Analyse Verbesserungsauflagen. Weitere Verbesserungen oder Verfeinerungen der Pläne sind im Rahmen ihrer kontinuierlichen Anpassung und Überarbeitung, abhängig von der Größe der Bank jährlich oder nur alle zwei Jahre, vorzunehmen.

Die Analyse der Sanierungspläne für SI und LSI findet sowohl auf der Mikro- als auch auf der Makroebene statt. Das bedeutet, dass jede Bank einzeln für sich betrachtet wird, aber auch der Bankensektor als Ganzes. Das ist wichtig, da die Banken nicht unabhängig voneinander am Markt agieren und dadurch Schwierigkeiten einer Bank Wechselwirkungen mit anderen Banken zur Folge haben können.

Auf der Mikroebene werden beispielsweise die folgenden Fragestellungen adressiert:

  • Sind die Angaben der Bank, wie z. B. Kennzahlen aus Bilanzen und Jahresabschlüssen, plausibel?
  • Sind die Sanierungsmaßnahmen geeignet die Überlebensfähigkeit sowie die Finanzlage des Instituts (bzw. der Gruppe) aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen und ist die angenommene Dauer zur Umsetzung realistisch?
  • Erfüllt die Bank die Voraussetzungen, um bestimmte Sanierungsmaßnahmen durchzuführen (z. B. Marktzugang)?
  • Sind die dargestellten Szenarien für die Bank von Relevanz und berücksichtigen sie das Geschäfts- und Refinanzierungsmodell des Instituts?

Auf der Makroebene werden folgende Aspekte beleuchtet:

  • Wie sehen die Maßnahmen vergleichbarer Banken aus?
  • Ist es sinnvoll, die genannten Maßnahmen in einem bestimmten Szenario zu aktivieren? So wäre beispielsweise ein Forderungsverkauf in einer systemischen Bankenkrise nicht sinnvoll, da er vermutlich mit massiven Wertabschlägen verbunden wäre.

Gibt es nennenswerte negative Auswirkungen auf das Finanzsystem in Szenarien, in welchen auch andere Institute Sanierungspläne aktivieren?

Was sind typische Themen in der Analyse von Sanierungsplänen?

Ein wesentlicher Aspekt der Beurteilung von Sanierungsplänen ist die Kapitalisierung der Bank und welche Maßnahmen zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung einer angemessenen Kapitalisierung gesetzt werden können. Dabei spielt auch der zeitliche Aspekt eine bedeutende Rolle.

Die Grafik zeigt exemplarisch, welche Sanierungsmaßnahmen Banken typischerweise in Betracht ziehen und welche Auswirkungen diese aus Sicht der Banken auf das verfügbare Kapital haben, sollten sie einzelne oder alle zur Verfügung stehenden Sanierungsoptionen umsetzen. In der Analyse ist zu beurteilen, ob diese Optionen im jeweiligen Szenario im angegebenen Ausmaß sowie in zeitlicher Hinsicht als durchführbar erscheinen und ob sie den gewünschten Effekt haben, um die Kapitalausstattung wieder auf ein akzeptables Niveau zu heben.

grafik sanierungsplanung