OeNB-Wage-Tracker

Deutlicher Rückgang des Tariflohnwachstums steht bevor – häufigeres Vorkommen von Zweijahresabschlüssen

Aktuelle Trends des Tariflohnwachstums vom Dezember 2024

17.12.2024

Aktuelle Kollektivvertragsabschlüsse bringen deutlich geringere Lohnsteigerungen als noch vor einem Jahr
Der Sommer und der frühe Herbst sind eine Zeit, in der es in Österreich nur zu wenigen Kollektivvertragsabschlüssen kommt. In den Wochen ab November kommt es dann aber zu einer deutlichen Häufung von Abschlüssen. Den Auftakt einer Lohnrunde bilden traditionell die KV-Abschlüsse in den Sektoren der Metallindustrie. Dabei gibt es in der gegenwärtigen Lohnrunde 2024/25 die Besonderheit, dass die Lohnerhöhungen bereits im Rahmen eines Zweijahresabschlusses im November 2023 quasi fixiert wurden. Die resultierende Erhöhung der Löhne und Gehälter beträgt 4,8 % (Istlöhne; Mindestlöhne: +3,8 %) ab Anfang November 2024. Auch in den – wegen der großen Zahl der betroffenen Arbeitnehmer:innen – bedeutenden Sektoren Öffentlicher Dienst und bei den Handelsangestellten wurde bereits eine Einigung erzielt. Dort steigen die Gehälter mit Anfang Jänner 2025 um 3,5 bzw. 3,3 %.

Weitere wichtige Abschlüsse aus den letzten Wochen liegen für das Allgemeine Gewerbe (+3,9 %), die Sozialwirtschaft (+4,0 %), das Metallgewerbe (+4,0 %), für die Angestellten im Güterbeförderungsgewerbe (+4,0 %), für den IT-Sektor (+4,85 % Istlöhne; Mindestlöhne: +3,2 %; Zweijahresabschluss vom Anfang 2024) und für die Caritas bzw. die Diakonie (jeweils +4,0 %) vor. All diese Erhöhungen treten mit Anfang Jänner 2025 in Kraft. Die nominellen Steigerungen der Mindestlöhne sind damit deutlich niedriger als der Mittelwert aller erfassten KV-Steigerungen, die mit Jänner 2024 in Kraft getreten sind. Dieser betrug 8,7 %.

All dies führt zu einem deutlichen Rückgang des OeNB-Wage-Trackers ab Jänner 2025 und einem weiteren Sinken im Verlauf des Jahres (siehe Abbildung). Der Rückgang des Tariflohnwachstums folgt damit (verzögert) der für KV-Verhandlungen maßgeblichen rollierenden Inflation.

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Tendenz hin zu Zweijahresabschlüssen
An sich sind in Österreich Kollektivverträge mit einer Dauer von 12 Monaten üblich. Österreich zählt damit im Euroraum zu den Ländern mit der kürzesten Dauer von Tarifverträgen. Seit der Lohnrunde 2023/24 kommt es jedoch gehäuft zu Zweijahresabschlüssen. Der Grund dafür liegt wohl in der Reduktion von Unsicherheit in Zeiten hoher Inflation. Außerdem ermöglichen es solche Zweijahresabschlüsse, temporär von der üblichen „Abgeltung“ der rollierenden Inflation abzuweichen.

So lag die vereinbarte Lohnsteigerung mit November 2023 im Rahmen des erwähnten Zweijahresabschlusses in der Metallindustrie unterhalb der rollierenden Inflation. (Außerdem wurde eine Öffnungsklausel vereinbart, die es Unternehmen unter bestimmten Bedingungen erlaubte, um bis zu drei Prozentpunkte geringere Lohnsteigerungen umzusetzen.) Für das zweite Jahr (ab November 2024) wurde spezifiziert, dass die Steigerung für die Mindestlöhne dem üblichen Inflationsmaß entsprechen soll; für die Istlöhne wurde darüber hinaus ein Zuschlag von einem Prozentpunkt vereinbart. (Allerdings gibt es auch hier wieder eine Öffnungsklausel.) Zweijahresabschlüsse wurden zuletzt, wie erwähnt, auch im öffentlichen Dienst und für die Handelsangestellten vereinbart. In beiden Sektoren sind die Gehaltssteigerungen ab 2025 mit einem Plus von 3,5 % bzw. 3,3 % geringer, als es der rollierenden Inflation entspräche. Dafür wurde vereinbart, dass die Lohnzuwächse ab Anfang 2026 im gleichen Ausmaß über der rollierenden Inflation liegen werden.

In der vorangegangenen Lohnrunde 2023/24 gab es neben der Metallindustrie und dem IT-Sektor unter anderem auch in der Textilindustrie, für die Privatkrankenanstalten, für Speditionen und Lagereibetriebe sowie im Hotel- und Gastgewerbe Zweijahresabschlüsse. Möglicherweise geht mit dem prognostizierten weiteren Sinken der Inflation die Häufigkeit von Zweijahresabschlüssen wieder zurück. Als Instrument, um zumindest temporär Lohnabschlüsse unter der rollierenden Inflation zu erlauben, könnten sie aber zukünftig in einer schwierigen konjunkturellen Situation bzw. in Wirtschaftskrisen häufiger zum Einsatz kommen.