Violine, Giovanni Battista Guadagnini, Turin, 1776, „ex Beare – ex Tetzlaff“
Druckzettel: „Joannes Baptista Guadagnini / Cremonensis fecit Taurini. 1776 [Kreuz]“, (1776 handschriftlich)Dieses Instrument ist ein charakteristisches Beispiel für das Schaffen Guadagninis in seiner letzten Periode in Turin. Wie aus Guadagninis Geigenzetteln hervorgeht, war ihm wichtig, einen Bezug zu Cremona herzustellen, obwohl weder seine Herkunft noch seine Ausbildung mit der Stadt in Verbindung zu bringen sind. Dass Stradivari als Vorbild diente, ist allerdings bei der Violine von 1776 nicht zu übersehen. Das Korpusmodell und andere Baudetails, wie die schwarz gefärbten Kanten von Wirbelkasten und Schnecke zeigen den Einfluss Stradivaris deutlich. Die Decke besteht aus sehr regelmäßig gewachsenem Fichtenholz, wobei die Diskanthälfte mittelbreite, die Bassseite breite Jahresringe aufweist. Die beiden Deckenhälften kommen nicht vom selben Stamm. Bei der dendrochronologischen Untersuchung wurde als jüngster Jahresring 1770 festgestellt, es liegen demzufolge nur wenige Jahre zwischen dem Fällen des Baums und der Verarbeitung des Holzes. Auffallend sind die sehr hohen Korrelationen zu anderen Instrumenten Guadagninis aus der Zeit nach 1770. Das Ahornholz des geteilten Bodens im Spiegelschnitt zeigt eine enge und sehr attraktive Flammung, wobei die Flammen nach außen leicht dachförmig abfallen. Auch die Zargen sind eng geflammt. Im Gegensatz dazu weisen der Wirbelkasten und die Schnecke nur schwache Flammen auf. Der Verlauf der Hohlkehle und der mittelhohen Wölbung entsprechen den Instrumenten aus Stradivaris „Goldener Periode“. Eigene Wege ging Guadagnini bei der Gestaltung der F-Löcher. Sie sitzen etwas höher im Korpus als bei Stradivaris Instrumenten, wobei das diskantseitige um einige Millimeter höher sitzt als das bassseitige. Stradivari versah viele seiner nach 1688 entstandenen Instrumente an den Kanten von Wirbelkasten und Schnecke mit einer schwarzen Konturlinie, die die Plastizität erhöhen sollte. Viele Kopisten übernahmen dieses Stilelement, auch Guadgagnini brachte damit die Nähe zu seinem Vorbild zum Ausdruck. Das Instrument besitzt einen intensiv leuchtenden, tiefroten Lack. Es befindet sich in einem hervorragenden Gesamtzustand. Die Provenienz der Violine lässt sich bis 1916 zurückverfolgen. Sie befand sich damals in der Sammlung Beare in London. Danach wurde sie an eine Privatperson in England verkauft. 1994 erwarb sie der deutsche Geiger Christian Tetzlaff.