KIM-V war effektiv und läuft wie gesetzlich vorgesehen aus
Stefan W. Schmitz
Mit der Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungs-Verordnung (KIM-V) wurden 2022 nachhaltige Vergabestandards für Wohnimmobilienkredite eingeführt, um erhöhte Systemrisiken zu adressieren. Unsere Systemrisikoanalyse für die FMSG-Sitzung vom 2. Dezember 2024 zeigt, dass die KIM-V die Kreditvergabestandards für neue Wohnimmobilienfinanzierungen deutlich verbessert hat und damit das aktuelle Systemrisiko für das österreichische Finanzsystem erfolgreich gemindert wurde. Die Verordnung läuft mit 30. Juni 2025 aus.
Nicht-nachhaltige Vergabestandards können allerdings das Systemrisiko wieder erhöhen. Daher ist eine (nicht bindende) Leitlinie für nachhaltige Vergabestandards sowie vernünftige Anreize für Banken zu ihrer Einhaltung notwendig, um das gegenwärtig gute Niveau der Vergabestandards abzusichern.
Wie unser letzter Blogbeitrag und eine rezente Studie im Finanzmarktstabilitätsbericht zeigen, hat die KIM-V die Kreditvergabestandards für neue Wohnimmobilienfinanzierungen deutlich verbessert und damit das aktuelle Systemrisiko für das österreichische Finanzsystem reduziert. Die Vergabestandards in der Neukreditvergabe sind nachhaltig, wodurch die Systemrisiken zurückgegangen sind.
Darüber hinaus ist die Ausgangskapitalisierung der österreichischen Banken seit Einführung der KIM-V Mitte 2022 deutlich gestiegen. Dies stärkt die Resilienz der Banken gegenüber Krisen und ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, wie die im historischen Vergleich gute Gewinnsituation der letzten Jahre, aber auch höhere makroprudenzielle Kapitalpuffer.
Nach zwei Jahren KIM-V stand in der letzten FMSG-Sitzung die gesetzlich vorgesehene Evaluierung der Verordnung an. Wird die KIM-V nicht verlängert, läuft die Maßnahme gemäß Gesetz am 30. Juni 2025 aus (§23h Abs.1 BWG). Der Gesetzgeber signalisiert somit, dass es sich bei der KIM-V um eine temporäre Maßnahme handelt. Für eine Verlängerung um zwei Jahre müsste die Systemrisikoanalyse der OeNB belegen, dass sich die Systemrisiken bereits jetzt und über einen „absehbaren“ Analysezeitraum ohne KIM-V so hoch sind, dass sie erhebliche negative Effekte auf die Realwirtschaft haben können. Durch die Effektivität der KIM-V und die gute Ausgangskapitalisierung der österreichischen Banken kann dies derzeit nicht festgestellt werden. Folglich kann die KIM-V auch nicht verlängert werden.
Die Nicht-Verlängerung der KIM-V ist mit Risiken verbunden
Dennoch ist es wichtig, dass das gegenwärtig gute Niveau der Vergabestandards abgesichert wird. Die Hypothekarkreditvergabe sollte auch in Zukunft nachhaltig und konsistent mit den Vorgaben der KIM-V sein.
Steigen die Wohnimmobilienpreise zum Beispiel schneller als die Einkommen der Wohnimmobilienkäufer:innen, kann beispielsweise die Versuchung groß sein, höhere Kreditsummen und nicht-nachhaltige Laufzeitstreckungen in Kauf zu nehmen, um sich Immobilien „leisten“ zu können. Dies hat wiederum negative Auswirkungen auf die Haushaltsverschuldung, die Immobilienpreise und das strukturelle Systemrisiko. In einem Umfeld ohne KIM-V kann es sein, dass es zu einem „race to the bottom“ kommt, in welchem Banken wieder in immer größerem Ausmaß Kredite mit riskanteren Konditionen vergeben, um Marktanteile zu generieren. Daher ist die Einführung einer nicht bindenden Leitlinie für nachhaltige Vergabestandards sowie zusätzlicher Anreize für die Banken zu ihrer Einhaltung sinnvoll. Die Einhaltung der Leitlinie sollte genau beobachtet und die entsprechenden Beobachtungen regelmäßig veröffentlicht werden.
Internationale Institutionen betrachten Regelungen wie die KIM-V als strukturell und nicht nur temporär sinnvolle Maßnahme
Die meisten EWR-Länder setzen kreditnehmer:innenbezogene Maßnahmen auch im aktuellen Zinsumfeld ein. Sie sehen ihren Einsatz als strukturellen Bestandteil der Immobilienkreditvergabe an. Andernfalls droht die Gefahr einer „Stop-and-Go“ Verordnung mit der damit verbundenen Unsicherheit für Haushalte, Banken und Immobilien sowie Bauwirtschaft. Auch internationale Institutionen halten Maßnahmen wie die KIM-V weiterhin für notwendig, um einen Aufbau von Systemrisiken zu verhindern: Dazu zählen der Europäischer Ausschuss für Systemrisiken, die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds. Dies wäre auch für Österreich sinnvoll, ist jedoch im gegenwärtigen gesetzlichen Rahmen nicht möglich.
Die makroprudenziellen Maßnahmen, inklusive die guten Vergabestandards der KIM-V, sind mit ein Grund warum der österreichische Bankensektor zu den stabilsten der Welt zählt.1 Da diese guten Bewertungen niedrigere Refinanzierungskosten der österreichischen Banken und der Realwirtschaft zur Folge haben, ist es wichtig sie aufrechtzuerhalten. Falls sich in Zukunft herausstellt, dass wieder in einem solchen Ausmaß nicht-nachhaltige Kredite vergeben werden, dass die Risikotragfähigkeit des Bankensystems gefährdet ist, so wird man handeln müssen und eine Wiedereinführung der KIM-V in Erwägung ziehen.
Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten müssen nicht zwingend mit den Ansichten der OeNB bzw. des Eurosystems übereinstimmen und dürfen nicht als jene der OeNB bzw. des Eurosystems interpretiert werden.
1S&P Banking Industry Country Risk Assessment Austria, August 27, 2024. Während sich kein Land in BICRA-Gruppe 1 befindet, zählt laut S&P Österreich mit seinem Rating (BICRA-Gruppe 2) zu den besten Bankensystemen der Welt.