KIM-V: Was hat sie bewirkt?
25.11.2024Marcel Barmeier
Wir führen unsere Blog-Reihe zur Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-V) fort. Nachdem Stefan W. Schmitz sich in den letzten Blog-Einträgen mit der Bedeutung von Wohnimmobilienkrediten sowie möglichen Umgehungsstrategien über deutsche Banken und den nicht ausgenutzten Ausnahmekontingenten der KIM-V befasste, geht es in diesem Blog-Eintrag um die Wirkung der KIM-V.
Was ist die KIM-V noch mal?
Zur Erinnerung: Die KIM-V setzt Obergrenzen für Kriterien in der Vergabe von privaten Wohnimmobilienfinanzierungen. Hierbei darf die Beleihungsquote maximal 90 % betragen, das heißt, ca. 90 % der Immobilie, die als Sicherheit dient, können über einen Kredit finanziert werden. Zusätzlich darf die Schuldendienstquote, also der Anteil der Kreditbelastung am monatlichen Nettoeinkommen, maximal 40 % betragen. Zu guter Letzt sollte die Kreditlaufzeit nicht länger als 35 Jahre sein.
Die KIM-V wurde eingeführt, um dem Aufbau von systemischen Risiken vorzubeugen. Die Frage, ob dieses Ziel erreicht wurde, habe ich zusammen mit meiner Kollegin Selin Scheuerer in der Studie „From part of the problem to part of the solution: evaluating the effectiveness of borrower-based measures in Austria“ im Financial Stability Report 48 versucht zu beantworten.
Seit Einführung der KIM-V haben sich die Kreditvergabestandards deutlich verbessert
Zunächst lohnt sich ein Blick auf die Kreditvergabestandards, also auf die Kriterien Beleihungsquote, Schuldendienstquote und Laufzeit. Hierbei werden Kredite, die die oben genannten Obergrenzen der KIM-V einhalten, als „nachhaltig“ und alle anderen Kredite als „nicht nachhaltig“ klassifiziert. Seit Einführung der KIM-V mit August 2022 haben sich die Kreditvergabestandards deutlich verbessert. So hat sich der Anteil der nachhaltigen Kreditvergabe von 12 % im ersten Halbjahr 2022 auf 84 % im ersten Halbjahr 2024 deutlich erhöht. Dies ist insbesondere auf die starke Verbesserung bei der Beleihungsquote zurückzuführen. Auch im internationalen Vergleich haben sich die Vergabestandards verbessert. Während die durchschnittliche Schuldendienstquote in Österreich trotz des Zinsanstiegs seit Mitte 2022 konstant geblieben ist, ist die durchschnittliche Schuldendienstquote in Deutschland gestiegen.
KIM-V trägt zu niedrigeren NPL-Quoten bei
Zusätzlich ist von Bedeutung, inwieweit die verbesserten Kreditvergabestandards auch das Risiko im Kreditbestand reduziert haben. Hier ist zu beachten, dass die KIM-V nur mit Zeitverzug auf den Kreditbestand wirkt, da Wohnimmobilienkredite eine lange Laufzeit haben und demnach viele Kredite, die vor Einführung der KIM-V vergeben wurden, nach wie vor im Bestand sind.
Nichtsdestotrotz ist erkennbar, dass sich der Anteil der ausgefallenen Wohnimmobilienkredite (Nonperforming-Loans-(NPL)-Quote) seit Einführung der KIM-V in Österreich im Vergleich zu Deutschland reduziert hat. Während die NPL-Quote in Österreich konstant blieb, stieg die NPL-Quote in Deutschland an. Unsere statistischen Schätzungen, die auch Unterschiede zwischen den Banken in Deutschland und Österreich sowie allgemeine makroökonomische Entwicklungen (z. B. Veränderungen des Zinssatzes) berücksichtigen, beziffern die Reduktion der NPL-Quote durch Einführung der KIM-V in Österreich auf 0,1 bis 0,5 Prozentpunkte. Die Größenordnung mag in diesem Zusammenhang klein erscheinen. Da die KIM-V allerdings nur auf die seit August 2022 neuvergebenen Kredite wirkt, würde dies eine deutlich geringere NPL-Quote für die Kredite bedeuten, die seit Einführung der KIM-V vergeben wurden.
Die Wirksamkeit der KIM-V zusammengefasst
Die KIM-V wirkt. Sie hat sowohl die Kreditvergabestandards als auch die Kreditqualität im Bestand deutlich verbessert. Gleichzeitig bieten großzügige Ausnahmen Spielraum für Einzelfälle, in denen die Obergrenzen der KIM-V nicht eingehalten werden müssen. Diese Ausnahmekontingente wurden bei Weitem nicht ausgeschöpft. Im ersten Halbjahr 2024 standen den Banken über 40% der Kontingente für Ausnahmen noch zur Verfügung. Demnach ist davon auszugehen, dass der Rückgang der Kreditvergabe bei privaten Wohnimmobilienfinanzierungen auf andere Faktoren (z. B. die hohen Zinssätze) zurückzuführen ist.
Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten müssen nicht zwingend mit den Ansichten der OeNB bzw. des Eurosystems übereinstimmen.