Euro-Bargeld als sicherer Hafen außerhalb des Euroraums

05.06.2024

Elisabeth BeckmannMelanie Koch

In einigen Nachbarländern des Euroraums wird der Euro parallel zur Landeswährung verwendet. Für Reisende ist es praktisch, wenn sie mit Euro-Bargeld zahlen können. Es liegt jedoch nicht unbedingt am Tourismus, dass Euro-Bargeld auch andernorts gerne verwendet wird. Ein Blog-Beitrag über die Verwendung von Euro-Bargeld in jenen zentral-, ost- und südosteuropäischen Ländern, die den Euro nicht als offizielle Währung haben.

Der OeNB Euro Survey, eine repräsentative Befragung von Privatpersonen in Zentral-, Ost- und Südosteuropa, gibt Aufschluss darüber wie viele Menschen in der Region Euro-Bargeld halten, wie viel sie durchschnittlich halten und wofür sie es verwenden.

Mindestens jede:r Zehnte hat Euro-Bargeld

Es gibt jedoch auch große Länderunterschiede: Während 2023 in Ungarn 15 % der Befragten angaben, dass sie Euro-Bargeld zu Hause haben, waren es in Nordmazedonien mit 60 % fast zwei Drittel der Erwachsenen. In den letzten zehn Jahren ist der Anteil derer, die Euro-Bargeld besitzen, in allen Ländern gestiegen – in Nordmazedonien um fast 40 Prozentpunkte. Handelt es sich hierbei nur um Restbeträge, die von Reisen in den Euroraum übriggeblieben sind? Dafür scheinen die Beträge ziemlich hoch – zumindest in manchen Ländern. Bei der Befragung 2023 hielten diejenigen, die angaben, Euro-Bargeld zu besitzen, durchschnittlich zwischen 200 EUR (Bulgarien und Tschechien) und bis zu 850 EUR (Rumänien). Hochgerechnet auf die erwachsene Bevölkerung entspricht das in etwa 70 EUR pro Kopf in Bulgarien und über 400 EUR pro Kopf in Nordmazedonien und Serbien.

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Fragt man die Menschen nach den Gründen, warum sie Euro-Bargeld halten, ergibt sich folgendes Bild: Tschech:innen, Bulgar:innen und Pol:innen nutzen Euro-Bargeld hauptsächlich für Transaktionen auf Reisen im Euroraum. Dazu passt, dass die Euro-Bargeldhaltung in diesen Ländern zwar recht weit verbreitet, aber die gehaltenen Beträge gering sind. In Nordmazedonien und Serbien hingegen gaben die Menschen an, Euro-Bargeld auch häufig für inländische Zahlungen zu verwenden. In diesen beiden Ländern sowie in Rumänien und Bosnien und Herzegowina sehen wir sowohl eine hohe Anzahl an Menschen, die Euro-Bargeld besitzen, als auch hohe gehaltene Beträge. Dementsprechend gaben die Befragten dort auch an, dass Euro-Bargeld als Wertaufbewahrungsmittel dient. Die Vermutung liegt nahe, dass diese Befragten keinen Zugriff auf Bankkonten haben und deshalb ihre Ersparnisse bar halten müssen. Die Ergebnisse des OeNB Euro Survey zeigen jedoch, dass sich diese Vermutung nicht bestätigt.

Auch Bankkund:innen verwenden häufig (Euro-)Bargeld als Sparform

Mit Ausnahme von Tschechien und Polen spart in den betrachteten Ländern jede:r dritte Erwachsene lieber in bar als auf einem Sparbuch. In Rumänien und Serbien ist es sogar jede:r zweite. Dieses Bild ändert sich auch dann nur wenig, wenn man nur diejenigen Befragten betrachtet, die über ein Bankkonto verfügen – die meisten Menschen besitzen ohnehin eines. So gaben 2023 zwischen 81 % (Rumänien) und 96 % (Nordmazedonien) an, ein Bankkonto zu haben. In bar zu sparen, scheint also weniger eine Frage des Müssens als des Wollens.

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Auch laut früheren Studien wird die Nutzung von Euro-Bargeld außerhalb des Euroraums hauptsächlich von der Nachfrage, also von den Privatpersonen selbst, bestimmt: Insbesondere mangelndes Vertrauen in Banken und die Erinnerung an frühere Bankenkrisen beeinflussen die Vorliebe für Bargeld als Sparinstrument. Auch die Erwartungen, wie stabil die eigene Währung im Vergleich zu einer als sicher empfundenen Fremdwährung sein wird, spielen eine Rolle (Stix, 2013). Eine Analyse für 2023 zeigt ähnliche Ergebnisse wie die Analyse von 2013, aber auch, dass heutzutage Netzwerkeffekte ein wichtiger und in vielen Ländern der wichtigste Grund dafür sind, warum viele Menschen weiterhin Euro-Bargeld bevorzugen – sowohl zum Sparen als auch zum Bezahlen. Netzwerkeffekte bedeuten, dass der Wert eines Gutes oder einer Dienstleistung steigt, je mehr Menschen es benutzen. Die Verbreitung von Euro-Bargeld ist also selbst ein Grund dafür, dass weiterhin in Euro-Bargeld gespart wird. Und das, obwohl es andere Möglichkeiten zum Sparen gäbe, insbesondere in Form von Bankkonten.

Das Vertrauen in die Einlagensicherheit und das Erleben von Wirtschaftskrisen beeinflussen die Vorliebe für Bares aber weiterhin. Ebenso spielen Inflationserwartungen eine Rolle. Wie sich diese Faktoren über die letzten zehn Jahre entwickelt haben und viele andere Entwicklungen wie z. B. die Verwendung von Sparkonten in Euro beantwortet ein neues interaktives Dashboard der OeNB.

Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten müssen nicht zwingend mit den Ansichten der OeNB bzw. des Eurosystems übereinstimmen.