EZB-Zinssatzstatistik

Wofür wird die EZB-Zinssatzstatistik erhoben?

Banken-Zinssätze stellen in Prozent ausgedrückt die Zinsen dar, die Banken an ihre Kundinnen und Kunden (private Haushalte und Unternehmen) für Einlagen zahlen bzw. für Kredite verlangen. Um Aussagen über die Höhe der Banken-Zinssätze treffen zu können, ist es erforderlich, entsprechende Daten von Banken zu sammeln und eine Statistik – die „Zinssatzstatistik“ – über Einlagen- und Kreditzinssätze in Österreich bzw. im Euroraum zu erstellen.

Für das Eurosystem (die EZB und die nationalen Zentralbanken der Euroländer) ist die Zinssatzstatistik im Rahmen von geldpolitischen Maßnahmen deshalb höchst bedeutend, da sich dadurch die Auswirkungen von Leitzinsänderungen der EZB auf die von Banken festgesetzten Zinssätze für Einlagen und Kredite untersuchen lassen (Transmissionsmechanismus). Es wird beobachtet, in welchem Ausmaß und mit welcher Geschwindigkeit Leitzinsänderungen von den Banken an ihre Kundschaft weitergegeben werden. Aber auch unter dem Gesichtspunkt der Finanzmarktstabilität sind die Daten höchst relevant, wobei hier die Ertragssituation der Banken bzw. die Beobachtung von Margen und Zinsspannen im Mittelpunkt des Interesses stehen. Weiters lassen sich aus den Zahlen auch Aussagen über das Ausmaß der Finanzmarktintegration im Euroraum ableiten. Schließlich bietet die Zinssatzstatistik für die interessierte Öffentlichkeit einen sehr guten Überblick über das jeweils aktuelle Niveau der von österreichischen Banken vergebenen Zinssätze.

Seit Anfang 2003 werden im gesamten Euroraum Zinssätze, die von Banken im Kundengeschäft mit privaten Haushalten und nichtfinanziellen Unternehmen vergeben werden, erhoben. In Österreich wird diese Erhebung von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) durchgeführt. Die Ergebnisse für Österreich werden monatlich publiziert und an die EZB übermittelt, die die entsprechenden Durchschnittswerte für den Euroraum erstellt und veröffentlicht.

Auf welcher Rechtsgrundlage wird die EZB-Zinssatzstatistik erhoben?

Eine wichtige Rolle bei der Erhebung von statistischen Daten spielen EZB-Verordnungen. Diese haben die Eigenschaft, dass sie unmittelbar in Österreich gelten. Für die Zinssatzstatistik hat die EZB ebenfalls eine Statistik-Verordnung über die von Monetären Finanzinstituten (MFI) angewandten Zinssätze erlassen. Weitere Informationen bzw. die genaue EZB-Verordnung und andere für die EZB-Zinssatzstatistik relevante Richtlinien finden Sie auf der  Website der EZB.

Wer meldet die EZB-Zinssatzstatistik in Österreich?

Für die Auswahl des Melderkreises in den einzelnen Ländern der Währungsunion ist die jeweilige Zentralbank verantwortlich. Die EZB-Verordnung sieht neben einer Vollerhebung auch die Möglichkeit einer Stichprobenerhebung vor.

Potenzieller Kreis der Berichtspflichtigen – alle MFI

Die OeNB hat sich für die Auswahl einer Stichprobe entschieden. Ein Hauptgrund dafür ist die österreichische Bankenlandschaft, die durch eine große Anzahl kleinerer MFIs geprägt ist. Ein weiterer Grund ist, dass sich bei einer Zinssatzstatistik hinreichend stabile Gesamtergebnisse bereits aus den Meldungen einer Teilmenge ermitteln lassen. Weiters lässt sich durch eine Stichprobe eine erhebliche Reduktion der Berichtslast des Bankensektors erreichen.

Vor der Stichprobenauswahl wurden die potenziellen Melder in vier homogene Schichten geteilt: zwei davon entsprechen weitgehend den zwei dezentralen Bankensektoren – Sparkassen und Raiffeisenkassen (jeweils mit Ausnahme der Spitzeninstitute und einiger Großbanken in den Bundesländern) – die anderen beiden sind die Aktien- und Sonderbanken (inkl. der aus den anderen Schichten entfernten Großbanken bzw. den Volksbanken) sowie die Bausparkassen. Die Anzahl der gemäß diesem Konzept meldepflichtigen Banken beläuft sich seit einigen Jahren auf etwas mehr als 100 Institute. Der auf Basis dieser Stichprobe erreichte Repräsentationsgrad beläuft sich auf rund vier Fünftel, gemessen am relevanten Einlagen- bzw. Kreditvolumen.

Wie wird die EZB-Zinssatzstatistik in Österreich erhoben?

Die Meldepflichten für die EZB-Zinssatzstatistik werden in Österreich anhand von sogenannten Smart-Cubes im Rahmen des Gemeinsamen Meldewesen-Datenmodells abgedeckt. Die Daten zu den Zinssätzen werden dabei von den Banken auf Basis des gemeinsam mit den Banken entwickelten Datenmodells („Basic Cube“) auf Einzelgeschäftsbasis – angereichert um eine Vielzahl von beschreibenden Attributen – in multidimensionaler Form in ihrer Datenbank gespeichert. Aus diesem „Datenwürfel“ werden anhand von definierten Algorithmen die bereits erwähnten Smart-Cubes erstellt und an die OeNB gesendet. Die für die Zinssatzstatistik relevanten Smart-Cubes umfassen Daten zu Krediten und Daten zu Einlagen, welche monatlich gemeldet werden.

Was ist in der EZB-Zinssatzstatistik enthalten?

Im Rahmen der Zinssatzstatistik haben meldepflichtige Banken monatlich die im Kundengeschäft mit privaten Haushalten und nichtfinanziellen Unternehmen vergebenen Zinssätze für Einlagen und Kredite bekannt zu geben. Dabei werden in einer Vielzahl von Kategorien Zinssätze über den Gesamtbestand (definiert als sämtliche zum Meldestichtag ausstehende Einlagen und Kredite) und neben den Zinssätzen auch die entsprechenden Volumina über das während des Berichtsmonats abgeschlossene Neugeschäft erhoben. Die Definition von Neugeschäft umfasst nicht nur alle neuen Verträge, die erstmals den Zinssatz einer Einlage/eines Kredites festlegen, sondern auch alle neu verhandelten Vereinbarungen in Bezug auf bestehende Einlagen und Kredite (z.B. Prolongationen, sofern sie nicht automatisch erfolgen).

Einzubeziehen ist von den Banken das gesamte Geschäft mit im Euroraum gebietsansässigen privaten Haushalten und nichtfinanziellen Unternehmen. Der von den Banken zu meldende Zinssatz ist für jede Kategorie der kapitalgewichtete Durchschnittszinssatz über alle Neugeschäfte bzw. den Gesamtbestand. Mit Hilfe der jeweiligen Geschäftsvolumina berechnet die OeNB für jede Kategorie einen kapitalgewichteten Durchschnittszinssatz für Österreich. Diese Werte werden an die EZB gesendet, die aus den Daten pro Kategorie das Gesamtergebnis für den Euroraum berechnet.

Unterteilt werden die Zinssätze nach

  • Produktkategorien (Einlagen, Kredite)
  • Wirtschaftssektoren (private Haushalte, freie Berufe und selbständig Erwerbstätige, private Organisationen ohne Erwerbszweck und nichtfinanzielle Unternehmen)
  • Ursprungslaufzeiten (täglich fällige Einlagen, Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist, Einlagen nach vereinbarter Laufzeit, bei Krediten erfolgt für das Neugeschäft auch eine Gliederung nach dem Zeitraum der anfänglichen Zinsbindung)
  • Betragshöhe (bei Krediten an nichtfinanzielle Unternehmen (bis 0,25 Mio EUR, 0,25 bis 1 Mio EUR bzw. über 1 Mio EUR))
  • Verwendungszweck (Überziehungskredite, Konsum-, Wohnbau-, sonstige Kredite)
  • Sicherheiten und/oder Garantien bei Krediten (nichtfinanzielle Unternehmen und private Haushalte)

Grundsätzlich wird in allen Kategorien – für das Neugeschäft und den Gesamtbestand – der annualisierte vereinbarte Jahreszinssatz erhoben. Das ist der auf Jahresbasis umgerechnete mit der Kundschaft individuell vereinbarte Zinssatz, in dem Zinseszinseffekte durch unterjährige Zinskapitalisierungen miteinbezogen werden. Somit enthält dieser Zinssatz nur Zinskomponenten, aber keine sonstigen Kosten wie Gebühren oder Provisionen.

Neben dem annualisierten Jahreszinssatz wird für Konsum- und Wohnbaukredite für das Neugeschäft auch der effektive Jahreszinssatz erhoben. Dieser spiegelt die Gesamtkosten aus Sicht einer kreditnehmenden Person wider und enthält somit auch alle Nebenkosten wie Provisionen oder Gebühren. Die Berechnung erfolgt durch eine Gegenüberstellung aller Zahlungsströme, die die kreditnehmende Person erhält, mit jenen, die sie an die Bank zurückzahlt.