Realer Vermögensverlust durch hohe Inflation
(, Wien)Nationalbank präsentiert aktuelle Entwicklungen des Finanzvermögens österreichischer Haushalte
Das Geldvermögen privater Haushalte[1] hat infolge der hohen Inflation real deutlich an Wert verloren. Gleichzeitig schränkte der gestiegene Konsum das Potenzial für finanzielle Investitionen ein, und es wurde 2022 um rund ein Fünftel weniger veranlagt als im Jahr zuvor. Gekauft wurden vor allem Wertpapiere, während Einlagen in geringerem Maß aufgebaut wurden als zuletzt. Täglich fällige wurden in gebundene Einlagen umgeschichtet.
„Erfolgreiches Sparen und Veranlagen war für private Haushalte selten so herausfordernd wie im aktuellen, von finanziellen Belastungen und geopolitischen Unsicherheiten geprägten Wirtschaftsumfeld“, eröffnete Vize-Gouverneur Gottfried Haber eine Pressekonferenz in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Negative reale Renditen, hohe Energie- und Lebensmittelpreise sowie das noch aus der Pandemie nachwirkende Konsumbedürfnis schmälerten die Möglichkeiten für finanzielle Veranlagungen erheblich. Die pandemiebedingt zuletzt sehr hohe Sparquote hat sich im Jahr 2022 mit 9,2 % dem Vor-Krisen-Niveau wieder angenähert.
„Hohe Inflation und eingeschränktes Renditepotenzial von Sparprodukten sorgten jüngst für einen realen Vermögensverlust privater Haushalte“, erklärte Johannes Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik in der OeNB. Nachdem das nominelle Finanzvermögen im Jahr 2022 auf 822 Mrd EUR gesunken war (2021: 844 Mrd EUR), stieg es im ersten Halbjahr 2023 auf 838 Mrd EUR wieder etwas an. Bei realer Betrachtung – also unter Berücksichtigung der Inflation – ergab sich 2022 jedoch ein Minus von 10 %. Im ersten Halbjahr 2023 erreichte der reale Wertverlust 7 %.
Mit 17,5 Mrd EUR veranlagten österreichische Haushalte deutlich weniger in Finanzinvestitionen als noch 2021 (22,3 Mrd EUR) oder 2020 (27,4 Mrd EUR). Der seit rund zwei Jahren bemerkbare Trend zu verstärkten Wertpapierkäufen setzte sich 2022 bzw. im ersten Halbjahr 2023 mit Investitionen von 9,8 Mrd EUR (+12 % gegenüber 2021) bzw. 7,2 Mrd EUR fort. Gefragt waren vor allem verzinsliche Wertpapiere, die in den vergangenen vier Quartalen (bis einschließlich Q2/23) um insgesamt 6,25 Mrd EUR gekauft wurden, wobei inländische Titel – und hier vor allen Bankenanleihen – dominierten. Ende Juni 2023 besaßen private Haushalte Wertpapiere im Ausmaß von 157 Mrd EUR. Damit erreichte der Anteil am Gesamtvermögen bereits 19 %.
Im Gegensatz dazu hat sich der Einlagenaufbau im Jahr 2022 mit 5,7 Mrd EUR etwa halbiert (2021: 12,1 Mrd EUR). „Private Haushalte reagierten auf die Zinswende mit einer deutlichen Umschichtung von täglich fälligen Einlagen in Richtung gebundener Veranlagungsformen“, erläuterte Vize-Gouverneur Haber. Letztere wurden im ersten Halbjahr 2023 im Ausmaß von 10,4 Mrd EUR aufgebaut, während täglich fällige Einlagen um 9,7 Mrd EUR reduziert wurden. Im Bestand machen Einlagen mit 37% (Q2/23: 309 Mrd EUR) zwar nach wie vor den größten Anteil aus, verloren aber in der Geldvermögensbildung in den letzten Jahren an Bedeutung.
Leicht rückläufig zeigen sich derzeit die Verpflichtungen der österreichischen Haushalte, die sich im Juni 2023 auf rund 220 Mrd EUR beliefen (Ende 2022: 222 Mrd EUR). Unattraktivere Finanzierungskonditionen ließen vor allem das Interesse an Immobilienkrediten zuletzt spürbar nachlassen.
[1] Damit sind private Haushalte sowie private Organisationen ohne Erwerbszweck (wie Gewerkschaften, Vereine, Hilfseinrichtungen) gemeint. Die gesamte Presseaussendung bezieht sich auf den Haushaltssektor.