Geldpolitische Strategien dürfen keine leeren Worte bleiben und das Instrumentarium muss wirklich funktionieren
(, Wien)50. Volkswirtschaftliche Tagung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und 60. SUERF-Jubiläumskonferenz
OeNB-Gouverneur Robert Holzmann wirft in seiner Rede zur Eröffnung der diesjährigen Volkswirtschaftlichen Tagung am 22. Mai 2023 ein Schlaglicht auf die Robustheit und Resilienz der Geldpolitik in unsicheren Zeiten.
Nachdem es in diesem Frühjahr an den Finanzmärkten zu enormen Verwerfungen kam, könnte das Konferenzthema „Monetary policy in uncertain times: Towards robustness and resilience“ nicht aktueller sein, wie der Gouverneur der OeNB, Robert Holzmann, zu Beginn der Volkswirtschaftlichen Tagung in seiner Eröffnungsrede feststellte. Es müsse Klarheit darüber herrschen, wofür die Begriffe Resilienz und Robustheit im Kontext der Geldpolitik stehen. „Präzise Definitionen und treffsichere Formulierungen sind für die Kommunikation unserer geldpolitischen Strategie und Maßnahmen von essenzieller Bedeutung,“ betonte Gouverneur Holzmann.
„Robust ist eine Politik meiner Auffassung nach dann, wenn sie sowohl in einem sich ändernden Umfeld als auch unter Einflüssen von Schocks gut funktioniert. Eine resiliente Politik wiederum hilft mit, den Gleichgewichtszustand nach einem Schock wiederherzustellen.“ Gemessen an diesen Maßstäben erfüllte die konventionelle Geldpolitik in den letzten zehn Jahren den Anspruch hinreichender Robustheit und Resilienz nicht. Die effektive Untergrenze der nominalen Zinssätze beschränkte die Möglichkeit, das Ziel der Preisstabilität mit den Mitteln der konventionellen Geldpolitik zu erreichen, und erschwerte im Euroraum nach dem Schock die Rückkehr zum alten Gleichgewicht.
In seinen Ausführungen erörterte Gouverneur Holzmann die Nachteile eines möglichen Trends hin zur Überbewertung des Resilienzaspekts, denn dies könnte zulasten der Robustheit gehen. Der OeNB-Gouverneur betonte insbesondere, dass „die erfolgreiche Rückkehr zu einem früheren Gleichgewichtspunkt selbst noch kein Garant dafür ist, dass die vor dem Schock existierenden Probleme – die die Ursachen für Instabilität bzw. Risiken waren – ausreichend behoben wurden.“ Auch wenn die unkonventionelle Geldpolitik die Resilienz des Euroraums teilweise gestärkt haben mag, „haben diese Maßnahmen die eigentlichen Schwachstellen nicht beseitigt, an denen es lag, dass das konventionelle Instrumentarium alleine nicht mehr wirkte,” erklärte Gouverneur Holzmann. Aus diesem Grund lud der Gouverneur die Teilnehmer:innen ein, „neue Lösungsvorschläge offen zu diskutieren, wie etwa asymmetrische Reaktionsfunktionen, eine Geldpolitik, die vergangene Zielverfehlungen berücksichtigt (sogenannte Makeup-Strategien), strukturelle Maßnahmen zur Erhöhung des realen Gleichgewichtszinses r* sowie relevante Maßnahmen zur Bildung einer echten Kapitalmarktunion.“
Angesichts der jüngsten Verwerfungen an den Finanzmärkten sprach Gouverneur Holzmann auch die Gefahren einer Überbewertung von Resilienz im Zusammenhang mit der Finanzstabilitätspolitik an. „Gut gemeinte politische Reaktionen auf Finanzmarktturbulenzen können künftige Finanzstabilitätsrisiken auslösen,“ so der Gouverneur, insbesondere, wenn die zugrunde liegende Anfälligkeit gegenüber Schocks nicht behoben wird. Im Krisenfall müssen Strategie und Maßnahmen sowohl resilient als auch robust sein. Die politischen Entscheidungsträger:innen müssen daher in der Lage sein, ihren kompletten Handlungsspielraum auszunutzen – von Regulierung über Stresstests bis hin zu einer geordneten Abwicklung. Und sie müssen auch dazu bereit sein. Gouverneur Holzmann schloss seine Eröffnungsrede mit den Worten: „Ansonsten ist Moralischer Hazard vorprogrammiert.“