Nationalbank erwartet Inflationsrückgang auf 1,4 % für 2020
(, Wien)Schwerpunktanalyse untersucht Herausforderungen für die Inflationsmessung
Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) erwartet in ihrer aktuellen Inflationsprognose für Österreich eine am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Inflationsrate von 1,4 % für das Jahr 2020 und 1,5 % bzw. 1,6 % für 2021 und 2022. Damit liegt die aktuelle Prognose etwas niedriger als in der Vorausschau vom Herbst 2019.
Wie jede Messung einer makroökonomischen Variablen ist auch die Messung der Inflationsrate mit Ungenauigkeiten behaftet. Aktuelle Herausforderungen für die Inflationsmessung liegen etwa in der wachsenden Bedeutung des Online-Handels sowie in der Bewertung und Einbeziehung von selbst genutztem Wohnungseigentum in den Preisindex. Die daraus erwachsende Messungenauigkeit fällt in Summe aber nur sehr gering aus, da sich die aus den genannten Faktoren resultierenden Messfehler weitgehend neutralisieren.
Inflationsrückgang auf 1,2 % im November 2019
Die österreichische HVPI-Inflationsrate ging von 1,7 % in den ersten Monaten 2019 auf 1,2 % (Mai bis November 2019) zurück. Diese Entwicklung ist hauptsächlich auf die abnehmende Teuerung von Energie sowie auf die leicht sinkende Inflationsrate von Nahrungsmitteln zurückzuführen. Die ohne Energie und Nahrungsmittel berechnete Kerninflationsrate lag im November 2019 mit 1,9 % deutlich über der HVPI-Inflationsrate.
Geringer Inflationsabstand zwischen Österreich und Deutschland
Der durchschnittliche Inflationsabstand Österreichs gegenüber Deutschland belief sich in den ersten elf Monaten 2019 auf 0,1 Prozentpunkt. Die österreichische Teuerungsrate von Dienstleistungen lag vor allem aufgrund der Preisentwicklung bei Gastronomiedienstleistungen deutlich höher als in Deutschland. Demgegenüber war die österreichische Inflationsrate von Waren niedriger als jene in Deutschland.
Deutlicher Rückgang der Rohstoffpreise für Energie
Das Importpreiswachstum schwächte sich in den letzten Quartalen merklich ab. Für den Rückgang war vor allem Rohöl ausschlaggebend. Aufgrund der Ausweitung des Angebots von Rohöl sowie der globalen Konjunktureintrübung verringerte sich der Rohölpreis in EUR von April bis Dezember 2019 um 8 %. Damit hat der außenwirtschaftliche Preisdruck in dieser Phase deutlich nachgelassen. Im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen im Irak Anfang Jänner stieg der Rohölpreis innerhalb weniger Tage abrupt an, hat sich aber innerhalb der zweiten Jänner-Woche wieder auf das Niveau vom Jahreswechsel zurückgebildet.
Lohnstückkostenwachstum erhöht binnenwirtschaftlichen Preisdruck
Die gesamtwirtschaftliche Produktionslücke erreichte laut OeNB-Schätzung im vierten Quartal 2018 ihren Höchstwert im gegenwärtigen Konjunkturzyklus. Trotz der Konjunkturabschwächung blieb das Wachstum der nominellen Lohnstückkosten bis zuletzt auf einem überdurchschnittlichen Niveau, während sich die Unternehmensgewinne etwas verringerten. Vor allem in lohnsensitiven Wirtschaftsbranchen ist derzeit noch mit einem Aufwärtsdruck auf die Endverbraucherpreise zu rechnen.
OeNB revidiert Inflationsprognose nach unten – niedriger Ölpreis dämpft Inflation
Laut jüngster OeNB-Inflationsprognose wird die HVPI-Inflationsrate 2020 1,4 % betragen und in den Jahren 2021 sowie 2022 mit 1,5 % sowie 1,6 % moderat ansteigen. Damit liegt die aktuelle Prognose leicht niedriger als in der Vorausschau vom Herbst 2019. Bis Ende 2020 rechnet die OeNB noch mit inflationsdämpfenden Effekten der Energie-Komponente des HVPI. Erst nach dem Auslaufen dieser Effekte steigt die HVPI-Inflation leicht an, wobei gegen Ende des Prognosehorizonts die verbesserte konjunkturelle Entwicklung zum Teuerungsanstieg beiträgt. Aufgrund des bis Ende 2019 überdurchschnittlichen Lohnstückkostenwachstums sollte die ohne Energie und Nahrungsmittel berechnete Kerninflationsrate im Jahr 2020 deutlich über der Gesamtinflationsrate liegen, sich in den beiden Folgejahren aber an die HVPI-Inflationsrate annähern.
Einbeziehung des Online-Handels und der Kosten von selbst genutztem Wohnungseigentum sind aktuelle Herausforderungen der Inflationsmessung
Die Messung der Inflationsrate ist – wie die Messung jeder anderen makroökonomischen Größe – mit Ungenauigkeiten behaftet. Im Rahmen des Schwerpunktthemas der vorliegenden Ausgabe von „Inflation aktuell“ werden spezifische Probleme der Inflationsmessung diskutiert und einander gegenübergestellt. Für eine leichte Überschätzung der Inflationsrate spricht die derzeit noch fehlende Berücksichtigung der preisdämpfenden Effekte des Online-Handels in der Inflationsmessung. Durch die geplante Aufnahme von Online-Preisen in die Inflationsmessung durch Statistik Austria dürfte dieses Problem in wenigen Jahren gelöst sein. Auf der anderen Seite würde die mangelnde Einbeziehung der Kosten von Eigenheimen in den Konsumentenpreisindex in Phasen stark wachsender Immobilienpreise für eine Unterschätzung der Inflation sprechen. Die Integration der Kosten von Eigenheimen in den HVPI ist aber aus methodischen und rechtlichen Gründen derzeit nicht möglich. In Summe dürften sich die Messfehler tendenziell ausgleichen und auch aufgrund der sukzessiven Verbesserung der Inflationsmessung in Zukunft kleiner werden.