OeNB: Reformdruck auf Österreichs Banken steigt
(, Wien)
Präsentation des 30. Financial Stability Report der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB)
Österreichs Banken stehen weiterhin vor erheblichen Herausforderungen. Neben dem schwachen Wirtschaftswachstum und einem anhaltend niedrigen Niveau der Kreditqualität belastet zunehmend das niedrige Zinsumfeld die Banken. „Der Strukturwandel im Bankensektor ist notwendig und auch bereits im Gang. Er wird dazu beitragen, den Bankensektor widerstandsfähiger und die Geldpolitik effektiver zu machen“, sagte Gouverneur Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny anlässlich der Präsentation der 30. Ausgabe des Financial Stability Reports der Oesterreichischen Nationalbank. „Die OeNB empfiehlt, die notwendigen Strukturreformen zügig umzusetzen. Sie wird dabei allerdings darauf achten, dass dadurch keine neuen Risiken für die Finanzmarktstabilität entstehen“, hielt Vize-Gouverneur Mag. Andreas Ittner ergänzend fest. Die OeNB empfiehlt im Zusammenhang mit der Immobilienfinanzierung außerdem die Schaffung von rechtlichen Grundlagen für makroprudenzielle Aufsichtsinstrumente, um künftig etwaige kreditgetriebene Immobilienpreisblasen verhindern zu können.
Die Krise Griechenlands, die schwächeren Wachstumsperspektiven Chinas sowie die sich abzeichnende geldpolitische Straffung in den USA führten im Jahr 2015 zu erhöhter Unsicherheit an den Finanzmärkten. Die Aufwertung des Schweizer Frankens und der stärker werdende US-Dollar hatten positive Auswirkungen auf die Exportwirtschaft in Österreich und den Ländern Zentral-, Ost- und Südosteuropas. Zugleich bedeutet aber der starke Franken Belastungen bei Fremdwährungskreditnehmern. Diese Probleme können auch für die kreditgebenden Banken ein stärker werdendes Risiko bergen.
Die unkonventionellen Maßnahmen der Geldpolitik des Eurosystems haben dazu beigetragen, dass sich die Leitzinssenkungen der EZB im gesamten Euroraum in rückläufigen Kreditzinsen niedergeschlagen haben und damit auch in der Realwirtschaft ankommen. Die Wachstumsdynamik der Unternehmenskredite in Österreich gestaltete sich nach wie vor verhalten. Die Kreditvergabekonditionen der Banken haben sich in den letzten Jahren verschärft, wovon vor allem bonitätsschwächere Unternehmen betroffen waren. Gleichzeitig war die allgemeine Kreditnachfrage der Unternehmen rückläufig. Insgesamt stellte die restriktivere Kreditpolitik in der aktuellen Situation keine Beschränkung für die Unternehmensfinanzierung in Österreich dar.
Das Kreditwachstum in Österreich wird weiterhin von den Wohnbaufinanzierungen getragen. Aufgrund des niedrigen Zinsniveaus ging der Anteil variabel verzinster Wohnbaukredite – ausgehend von einem im internationalen Vergleich sehr hohen Niveau – im Jahr 2015 zurück. Das Zinsänderungsrisiko der privaten Haushalte ist aber nach wie vor hoch.
Die österreichischen Banken haben in den vergangenen Jahren ihre Widerstandsfähigkeit erhöht. Ihre Profitabilität hat sich zwar im ersten Halbjahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr wieder erholt, allerdings war diese Entwicklung zu einem wesentlichen Teil auf geringere Kreditrisikovorsorgen zurückzuführen und muss daher erst ihre Nachhaltigkeit beweisen. Das niedrige Zinsniveau führt zwar kurzfristig zu einer höheren Schuldentragfähigkeit der Kreditnehmer, belastet aber in der Regel die Banken, weil die Zinsmargen sinken. Vor diesem Hintergrund gilt es, die Geschäftsmodelle der Banken weiterzuentwickeln, um die operative Effizienz zu erhöhen. Die Banken sind sich dessen bewusst und haben begonnen an mehreren Stellschrauben zu drehen, um ihre Geschäftsmodelle an die „neue Normalität“ mit geringerem Wachstum und niedrigen Zinsen anzupassen. Dies ist wichtig, da die Profitabilität auch maßgeblich zur Stärkung der Kapitalisierung beiträgt.
Die Kapitalisierung der österreichischen Banken hat sich in den vergangenen Jahren durch eine Kombination aus zusätzlichem Kapital und reduzierten risikogewichteten Aktiva verbessert. Dessen ungeachtet sind die Kapitalquoten der österreichischen Banken - verglichen mit ähnlichen europäischen Instituten - weiterhin nur unterdurchschnittlich. Vor diesem Hintergrund begrüßt die OeNB die vom Finanzmarktstabilitätsgremium empfohlene Aktivierung eines Systemrisikopuffers für ausgewählte österreichische Banken. Der Puffer soll über die nächsten Jahre aufgebaut werden und zu einer weiteren Stärkung der Finanzmarktstabilität in Österreich beitragen.
Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial Stability Report der OeNB berichtet über finanzmarktstabilitätsrelevante Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld. Daneben werden Spezialthemen im Zusammenhang mit der Stabilität der Finanzmärkte analysiert.