Maria Lang-Weissmann
Powerfrau – von der HTL zur Expertin im IT-Development
Maria Lang-Weissmann erlangte ihre technische Expertise nach der Matura im Kolleg für EDV und Organisation an der HTBLVA Spengergasse in Wien. Direkt nach ihrem Abschluss, im Oktober 2002, startete sie als IT-Developerin in der Oesterreichischen Nationalbank. Während der ersten Jahre in der Entwicklungsabteilung absolvierte sie zusätzlich berufsbegleitend ein Studium an der FH Technikum Wien, welches sie 2007 erfolgreich abschloss. Durch ihre reiche Erfahrung im Zuge diverser Projektmitarbeiten und Produktverantwortungen für „Inhouse“-Softwarelösungen wurde sie 2008 als Expertin nach Frankfurt entsendet, um die Entwicklung eines IT-Systems für die EZB zu finalisieren und nachfolgend die Projektleitung für die Weiterentwicklung als OeNB-Supplier zu betreuen. Durch die federführende Mitgestaltung bei der Umsetzung der neuen Treasury-Systemlandschaft erlangte Maria Lang-Weissmann 2018 einen Expert-Titel und ist seitdem als Kundenbetreuerin für den Treasury-Bereich zuständig.
Sie sind Expertin in der Abteilung IT-Development. Erzählen Sie doch ein bisschen über Ihren Werdegang. Was haben Sie vor der OeNB gemacht und wie sah Ihr Karriereweg in der OeNB aus?
Maria Lang-Weissmann: Ich habe absolut keinen klassischen OeNB-Werdegang hinter mir. Bevor ich zur Technik kam, habe ich nämlich zuerst die Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe in Sankt Pölten absolviert. Ich wusste jedoch schon sehr bald, dass ich nicht in der Gastronomie oder Hotellerie Fuß fassen möchte, und habe dann gemeinsam mit meiner Zwillingsschwester ein zweijähriges Kolleg für EDV & Organisation in der HTL Spengergasse in Wien begonnen. Im Zuge sogenannter Firmentage bin ich dann gegen Ende der Ausbildung mit der OeNB in Kontakt gekommen und habe auch bereits meinen jetzigen Abteilungsleiter kennengelernt. Nach einem zweimonatigen Sommerpraktikum habe ich dann schnell meine Diplomarbeit abgeschlossen und bin noch im Oktober desselben Jahres fix in die OeNB eingetreten. Das war 2002, ich bin also schon seit 18 Jahren in der Bank.
Ich war sofort von der Arbeit in der OeNB überzeugt: Der Arbeitsbereich war spannend, die Kolleginnen und Kollegen waren ausgesprochen hilfreich und vor allem mein damaliger Gruppenleiter hat mich von Beginn an gut integriert. Meines Wissens nach gab es vor mir keinen Fall, dass jemand direkt von der Schule weg, in der OeNB angefangen hätte. Das war damals eine neue Initiative der IT-Abteilung, junge Leute von der HTL zu rekrutieren und ich war eine der ersten und insbesondere auch eine der ersten Frauen, die mit dabei war. Nach dem ersten Jahr habe ich mir aber gedacht, dass das nicht alles sein kann, und habe mich entschlossen, berufsbegleitend die FH Technikum zu beginnen. Im Jahr 2007 habe ich dann meinen Diplom-Ingenieurinnen-Titel im Bereich Informationstechnologie erlangt.
Bis zum Expert war es aber dann noch ein weiter Weg, wie ist Ihnen das gelungen?
Maria Lang-Weissmann: Direkt nach dem Studium habe ich jahrelang an Projekten im Bereich IT-Wartungsangelegenheiten mitgearbeitet, mich aber gleichzeitig stetig weitergebildet. Ich glaube, dass auch meine offene Art und Weise und das Gesprächsklima, das ich in Teams und Gruppen hineingebracht habe, mir sehr dabei geholfen haben, mich gegenüber manchen männlichen Kollegen zu behaupten. Insbesondere meine Leistung in den Gruppen hat so sehr überzeugt, dass ich bei immer mehr Projekten bis hin zu EZB-Projekten mit ins Boot geholt wurde. Das führte dazu, dass ich 2008 auch eine Jobrotation in der EZB machen konnte und danach entsprechend mehr Kompetenzen erlangte.
Damals gab es mehrere IT-Systeme, für die ich die technische Produktverantwortung übernehmen durfte. Eins folgte dem anderen und so kamen immer größere Projekte dazu. Als ich 2016 dann bei der Integration eines großen Ablöseprojekts unserer Treasury-Systeme mitgewirkt habe, bekam ich schließlich die Möglichkeit, einen Fachkarrieretitel zu erlangen. Nach zweijähriger Laufzeit und erfolgreichem Abschluss dieses Projekts wurde ich zur technischen Produktverantwortlichen dieses Systems befördert und habe damit gleichzeitig auch meinen Expert-Titel erhalten. Jetzt betreue ich ein Team von sieben Mitarbeitern, das mit der Wartung und Weiterentwicklung dieses Treasury-Systems beauftragt ist.
IT-Development klingt nach einem recht männerdominierten Feld. Wie war das für Sie zu Beginn als junge HTL-Absolventin? Hatten Sie manchmal Schwierigkeiten, sich den männlichen Kollegen gegenüber durchzusetzen?
Maria Lang-Weissmann: Es gibt sehr viele Initiativen in der Bank, um mehr Frauen für die technischen Positionen zu begeistern. Dazu zählen auch Frauenförderungsprogramme, die gewisse Hilfe leisten, sich gegenüber männlichen Kollegen behaupten zu können, wenn es um die Neubesetzung mancher Stellen geht. Leider passiert es in diesem Zusammenhang aber auch manchmal, dass man deshalb gewisse Vorteile als Frau erlangt. Das kommt teilweise nicht so gut an und ist auch absolut verständlich. In meinem Fall hatte ich damit jedoch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Die Männer um mich herum haben stets sehr zuvorkommend und auf Augenhöhe mit mir gearbeitet. Oft konnte ich, wie schon erwähnt, durch meine offene Art auch bewirken, dass sich das allgemeine Gesprächsklima in den Gruppen verbesserte. Viele Techniker sind etwas introvertierter und da habe ich es als junge Frau sehr oft gemeistert, dass diese Kollegen aus ihrer etwas isolierteren Position herauskamen und ins Gespräch mit anderen gingen. Ehrlich gesagt, glaube ich, dass Männer einer Frau, die so etwas macht, einfach weniger ablehnend begegnen, als wenn ein Mann versucht, sie aus der Reserve zu locken. Hier hat man als Frau tatsächlich gewisse Vorteile, die man nutzen kann, die auf der anderen Seite aber auch dem Wohl des gesamten Teams zugutekommen.
Ein Bereich, in dem Männer traditionell leider immer noch einen gewissen Vorteil genießen, ist die Familienplanung. Wie hat sich das in Ihrem Fall gestaltet? Hat die OeNB Sie in Bezug auf Karenz- und flexible Arbeitszeiten gut unterstützt?
Maria Lang-Weissmann: Absolut! Mein Sohn wurde 2013 geboren und hat meine Welt tatsächlich ziemlich auf den Kopf gestellt. Insbesondere was das Zeitmanagement anlangte, hat mich das schnell vor gewisse Herausforderungen gestellt. Das Verständnis von Seiten der OeNB war und ist jedoch noch immer wahnsinnig groß. Zu Beginn war ich ein Jahr in Karenz und konnte anschließend ohne Probleme mit nur 60 Prozent Arbeitszeit wieder einsteigen. Das funktioniert wirklich hervorragend bei uns. Die Personalabteilung unterstützt einen sehr gut dabei, langsam wieder in die Arbeitswelt hineinzuwachsen und auch für das Kind eine optimale Vereinbarung zu treffen. Wie gesagt, zuerst habe ich mit 60 Prozent begonnen, nach drei Monaten dann auf 70 Prozent erhöht und als ich später gemerkt habe, dass sich das gut ausgeht und mit dem Kleinen gut vereinbaren lässt, habe ich weiter erhöht. Mein Sohn ist auch gleich bei uns in die Betriebskrabbelstube gegangen, was zu Beginn wahnsinnig hilfreich war, da er mich hin und wieder einfach spontan gebraucht hat. In diesen Fällen habe ich dann einfach einen Anruf bekommen – manchmal sogar während eines Meetings – und konnte ohne Probleme oder irgendeiner Form von schlechtem Gewissen kurz nach ihm sehen.
Ihr Sohn ist jetzt im Volksschulalter und geht nicht mehr in den Betriebskindergarten. Auch das ist eine herausfordernde Zeit. Erhalten Sie diesbezüglich immer noch Unterstützung von der OeNB?
Maria Lang-Weissmann: Ja, das funktioniert immer noch super! Ich wohne außerhalb von Wien und mein Sohn geht auch hier am Land zur Schule. Mit dem Wechsel vom Kindergarten in die Volksschule habe ich einen Teleworking-Tag pro Woche bekommen, was die Sache sehr viel flexibler macht. Für mich war die Umstellung auf Homeoffice dieses Jahr deshalb auch keine große Herausforderung mehr. Neben dem Equipment, das ich schon zuhause hatte, war auch mein Team schon gewohnt an die Arbeit auf Distanz.
In Ihrer Abteilung hat auch Weiterentwicklung einen sehr hohen Stellenwert. Dazu steht Ihnen ein sogenanntes Innovation-Lab zur Verfügung. Was ist das und wie läuft ein solches Innovationsprojekt genau ab?
Maria Lang-Weissmann: Ja, genau, nicht nur um Innovationen, sondern auch die Motivation unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu steigern, sind wir in der Lage, kleine innovative Vorhaben über mehrere Monate im Jahr zu verfolgen. Ein, zwei Tage die Woche arbeiten wir an neuen Themen, die für die Bank von Relevanz sind. Derzeit geht es zum Beispiel um Blockchain und digitale Währungen. Dabei kollaborieren wir teilweise auch mit Unternehmen aus der Privatwirtschaft. Aktuell sind wir gerade mit Geschäftsbanken dabei, eine private Blockchain für den Austausch digitaler Assets zu entwickeln.
Das Innovation-Lab hilft uns insofern, als es eine Entwicklungsumgebung ohne bürokratische Hürden schafft, in welcher wir auch sicherheitsmäßig weitaus freier agieren können. Das führt dazu, dass diese Projekte teilweise sehr kurze Vorlaufzeiten haben können. Wir können uns also zuallererst mit der Technik dahinter beschäftigen und später dann alles Weitere abklären. Hat sich eine Innovation einmal bewiesen, wird sie in ein offizielles Projekt umgewandelt. Bei der Wahl der Innovationsprojekte gehen wir so vor, dass alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Bank Themenideen einbringen können. Diese werden zuerst gesammelt und dann wird abgestimmt, welche Ideen weiterverfolgt werden. Nach erfolgreicher Abstimmung und Freigabe des Managements haben wir anschließend nahezu alle Freiheiten, um diese Projekte im Innovation-Lab umzusetzen, und bekommen dafür auch entsprechendes Equipment zur Verfügung gestellt. Je nachdem wie viel freie Kapazitäten wir zur Verfügung haben, verfolgen wir teilweise gleich mehrere dieser Innovationsvorhaben gleichzeitig pro Jahr.
Das erfordert jedoch auch, dass Ihre Mitarbeitenden immer über den aktuellen Stand der Technik Bescheid wissen. Wie sind da Ihre Erfahrungen in Bezug auf Weiterbildungsmöglichkeiten und Förderungen?
Maria Lang-Weissmann: Die OeNB fördert aktiv sogenannte Mobilitätsprogramme, bei welchen man sogar bis zu einem Jahr in andere Zentralbanken oder Institutionen wechseln kann. Das hilft wahnsinnig dabei, internationale Kontakte zu knüpfen, und dient dem Erfahrungsaustausch und der Wissenserweiterung. Zusätzlich gibt es auch noch eine gewisse interne Mobilität innerhalb der Abteilungen. Insbesondere mit Abteilungen, mit denen man eng zusammenarbeitet, findet ein reger Austausch statt. Zusätzlich wechseln die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch innerhalb der Abteilung und arbeiten häufig für eine gewisse Zeit an anderen Projekten mit, wenn gerade Bedarf an weiteren Ressourcen besteht. Viele nutzen das sehr gerne, um ein bisschen aus ihrer Routine herauszukommen, neue Dinge zu lernen und Abwechslung in ihre Tätigkeit zu bringen. Ich selbst habe das zu Beginn sehr oft gemacht und pflege noch immer regen Austausch mit zahlreichen Kontakten, die ich in diesen Zeiten knüpfen konnte. Auch was die Umorientierung innerhalb der Abteilung betrifft, war das für mich sehr hilfreich und hat definitiv bis heute dazu beigetragen, meine Motivation über die Jahre hinweg hoch zu halten. Man muss nochmal dazu sagen, dass das aktiv gefördert wird.
Die OeNB ist ja nicht nur darauf bedacht, das Arbeitsumfeld für ihre Mitarbeitenden möglichst angenehmen zu gestalten, sondern bietet auch abseits viele Möglichkeiten, sich auszutauschen und zu betätigen. Wie sind Ihre Erfahrungen in diesem Bereich?
Maria Lang-Weissmann: Da sprechen Sie ein Thema an, das mir persönlich sehr am Herzen liegt. Wir haben einen sogenannten Erholungs- und Sportverein, der extrem viele Möglichkeiten bietet. Dadurch habe ich die Möglichkeit bekommen, mit Kolleginnen und Kollegen aus ganz anderen Abteilungen in einem privaten Umfeld in Kontakt zu treten und neue Sichtweisen auf gewisse bankinterne Themen zu bekommen. Der Verein hat verschiedene Sektionen – von einer Triathlon- bis zu einer Schwimmsektion. Ich selbst bin unter anderem Sektionsleiter-Stellvertreterin des Radsports in der OeNB. Abhängig von der Sektion treffen sich die Kolleginnen und Kollegen zum Teil wöchentlich und gehen gemeinsam ihrer sportlichen Tätigkeit nach. In der Sektion Radsport veranstalten wir hingegen zweimal pro Jahr einwöchige Trainingslager – da das natürlich vom Equipment etwas schwieriger zu organisieren ist – und bestreiten dann aber auch regelmäßig längere Ausfahrten und nehmen gemeinsam an dem einen oder anderen Wettbewerb teil. Auch für Jüngere, die etwas andere Sportinteressen verfolgen, sind bereits Angebote in Planung, die mehr auf Fitness innerhalb der Bank abzielen.
Welchen Ratschlag würden Sie abschließend jungen Frauen geben, die gerne in Ihre Fußstapfen treten würden und sich für eine technische Stelle in der OeNB bewerben wollen?
Maria Lang-Weissmann: Der beste Rat, den ich diesbezüglich geben kann, ist, auf jeden Fall Mut zu beweisen, zu tun, was einem liegt und Spaß macht, und sich nicht abschrecken lassen von der männlichen Konkurrenz. Viele junge Frauen im technischen Bereich sind oft eingeschüchtert und glauben, dass sie fachlich den Männern unterlegen wären. Das ist unserer Erfahrung nach aber absolut nicht der Fall. Wir hatten viele Bewerbungsgespräche in letzter Zeit, wo wir genau das gemerkt haben. Die Männer treten oft viel selbstbewusster auf als die weiblichen Bewerberinnen, was jedoch oft ein falsches Bild vermittelt. Das wichtigste ist es also, zu seinen Fähigkeiten zu stehen und Motivation zu zeigen.