II/2/a Privilegirte oesterreichische National-Bank, Provisorium
Ein Brief des damaligen k.k. Finanzministers Graf Stadion vom 17. Juni 1816 an Bankgouverneur Graf Nemes steht am Anfang dieses Aktenbestandes. Darin gibt dieser bekannt, dass er die Hofräte v. Kübeck und Freiherr von Pillersdorf zu den landesfürstlichen Kommissären bei der privilegirten Bankdirektion bestimmt hat (Akt Nr. 1/S.I. ex 1816). Der Bestand reicht in der Folge bis in die zweite Monatshälfte September 1818 (!), also lange nach Beendigung des sogenannten Provisoriums (denn die aufgrund der Bestimmungen des Patents vom 15. Juni 1817 definitiv konstituierte Bankdirektion übernahm mit 19. Januar 1818 die Leitung über sämtliche Geschäfte sowie alle Kassen und Ämter der Nationalbank).
Mangels konkreter und verbindlicher Instruktionen zeigte sich der „Veraktungs-Vorgang“ in den ersten Wochen des Bestehens des Bankinstitutes als noch recht unsicher. Dies drückt sich v.a. dadurch aus, dass Protokoll- bzw. Exhibitennummern oftmals mit Schwarzstift durchgestrichen und durch andere Nummern ersetzt wurden (die in rot gehaltenen Ergänzungen, Änderungen etc. dürften späteren Datums sein). Ebenso treten vereinzelt Fälle auf, deren Zuordnung nur vage oder überhaupt nicht möglich sind. Zwei solcher Beispiele finden sich gleich zu Beginn des Bestandes, lediglich bezeichnet mit „1“ und „2“ aus 1816, die von der Datierung und dem Inhalt her jedoch keinerlei Übereinstimmung mit den ebenfalls vorhandenen Aktenstücken „1/S.I. ex 1816“ und „2/S.I. ex 1816“ aufweisen.
Die Nummerierung der Aktenstücke erfolgte übrigens im Unterschied zur später geübten Praxis über den gesamten Bestand von 1816 bis 1818 durchgehend.
In den meisten Fällen wird ein Akt mit einem sog. Expeditionsbogen eingeleitet. Darin findet sich eine Zusammenfassung des jeweiligen Betreffs nebst Bezeichnungen hinsichtlich des Aktenumlaufs (Einreichung, Mundierung, Expedit, Registrierung etc.). Aus diesem Grund erfolgte die Beschriftung halbseitig. In der rechten Spalte befindet sich die Kurzbeschreibung, während linksseitig die entsprechenden Anmerkungen und Bezeichnungen, angeführt von der Exhibiten- bzw. Protokollnummer (heute aus archivwissenschaftlicher Sicht als „Akt(en)nummer“ zu bezeichnen), festgehalten sind.
Ursprünglich umfasste die auf der Vorderseite links oben befindliche Aktnummer lediglich eine Zahl. Später erfuhr diese Nummerierung einige Erweiterungen: Unterhalb der von Akt zu Akt fortlaufenden Nummer, durch einen Querstrich voneinander getrennt, wird die durch die Geschäftsordnung der provisorischen Bankdirektion bestimmte Zugehörigkeit zu einer von insgesamt vier Sektionen des Konzeptdienstes angegeben, ausgedrückt durch ein großes in Latein geschriebenes „S“, gefolgt von einer römischen Ziffer zwischen I und IV.
Diese Sektionen waren folgendermaßen aufgeteilt:
Sektion I: Reservekasse, Banknotenfabrikation, Drucklegungen sowie Vertilgung des Papiergeldes;
Sektion II: Ausfertigung der Bankaktien, Angelegenheiten des Tilgungsfonds und der Aktien-Einlagskasse;
Sektion III: Kanzleiangelegenheiten, Verwechslungskasse;
Sektion IV: Buchhaltungsangelegenheiten, Einlagskasse (Papier-Einlösungskasse) und betr. Anfertigung der Rechnungsabschlüsse.
Diese Aktenzuweisung nach bankorganisatorischer Zugehörigkeit ergab zwar zu einem gewissen Maß auch eine inhaltliche Zuordnung des jeweiligen Bankaktes. Von einem Vorläufer der späteren Materieneinteilung kann man dabei allerdings dennoch nicht sprechen.
Unterhalb der Nummerierung stehen Angaben darüber, an welche Referenten bzw. Stellen der Bank das jeweilige Geschäftsstück zu richten war. Danach folgen Eintragungen in Kurzform betreffend Vidierung, Approbierung, Mundierung sowie des Expedits und schließlich der Registratur mit den Unterschriften der entsprechenden Referenten.
Abgeschlossen wird diese Spalte links unten mit der nochmaligen Angabe der Aktnummer und der gegenständlichen Sektion mit Anführung des Datums und Praesentatums („praes.“) des Konzeptdienstes.
Zum besseren Verständnis über Art und Weise der damaligen „Veraktung“ sei auf die Bestimmungen der „Instruction über die Behandlung der Geschäfte bey der provis. Direction der oester. Nazionalbank“ vom 26. Juni 1816 verwiesen (zu finden in Akt Nr. 22/S.III. ex 1816). Die folgende Aufzählung konzentriert sich darauf, darzustellen, in welcher Weise sich die dabei festgestellten Übernahme- und Protokollierungs-Vorgänge auf Stil und Aussehen der Aktenstücke ausgewirkt haben.
Die Art der Geschäftsführung und die dabei nötige Manipulation zerfiel in vier Abteilungen:
- Die Übernahme und Zuteilung der eintreffenden Amtsstücke (Einreichungs-Protokoll)
An Gremien / Amtspersonen der Bank adressierte Amtsstücke trafen zunächst in dieser Stelle ein. Hier wurde jedes einzelne Stück mit dem Datum des Eintreffens, mit der Nummer der Sektion sowie dem Namen des Referenten, den der Gegenstand betraf, versehen. Anschließend erhielt das Stück eine fortlaufende Exhibitennummer. Diese Aufzeichnungen wurden in Kurzform in einem Elench (ein Behelf zur Auffindung einzelner Akten) aufgelistet. Danach schickte man das Exhibiti dem referierenden Sekretär, dem die betreffende Sektion zugeteilt war, zu. Einlangende Stücke, welche für den Bankgouverneur bestimmt waren oder vom k.k. Finanzministerium stammten, wurden lediglich vom Gouverneur persönlich geöffnet. - Die Bearbeitung der eingetroffenen Stücke in dem Referate
Sobald die betreffenden Stücke aus dem Einreichungs-Protokoll in das „Bureau“ (Konzeptdienst) einlangten, hatte ein „Concipist“ die Aufgabe, mit Anführung des Datums und Praesentatums, der Nummer sowie der betreffenden Sektion, den wesentlichen Inhalt eines jeden Geschäftsstückes in ein Geschäftsprotokoll einzutragen. Auf einer Nebenspalte musste dieser nach erfolgter Approbation des „Concepts-Entwurfs“ den wesentlichen Inhalt der Erledigung und das Datum derselben eintragen, mit der Anmerkung, ob das jeweilige Stück in der allgemeinen Sitzung oder in der einzelnen Sektion in Vortrag gekommen war.
Sodann wurden im „Bureau“ die Expeditionen verfasst und die Entwürfe derselben dem Gouverneur der Bank vorgelegt; anschließend wurden sie dem aufgestellten k.k. Kommissär zur Einsicht und allfälligen Approbation zugesendet. Art und Geschwindigkeit dieses Vorganges waren dabei von der Bedeutung und Dringlichkeit des jeweiligen Gegenstandes abhängig. - Die Mundierung und Collationierung der approbierten Aufsätze
Sobald die Expeditionsentwürfe vom Gouverneur approbiert und dann vom k.k. Kommissär beglaubigt worden sind, wurden sie zur „Mundierung“ (Reinschreibung) in das Expedit überführt. Daran folgte dort die Überprüfung des Gleichlautes der reingeschriebenen Expeditionstexte mit jenen der Expeditionsentwürfe, die so genannte „Collationierung“. In der „Manipulations-Vorschrift“ der Instruktion vom 26. Juni 1816 wurde für die weitere Vorgehensweise folgendes bestimmt:
„Die ins reine geschriebenen gehörig collationierten Ausfertigungen werden dem Gouverneur der Bank zur Unterschrift vorgelegt; die blossen Bescheide oder Decretationen aber müssen, wie es bey allen Stellen üblich ist, von dem referierenden Sekretären unterfertiget werden, worin sie wochenweise unter ihnen abzuwechseln haben.
Das Expedit hat alle von der Approbation und Vidierung dahin gelangenden Expeditionsentwürfe entweder nach oder vor der Ausfertigung, je nachdem die Expedition dringend ist oder nicht, in das betrefende Bureau zu senden, damit die Erledigung in das Geschäfts-Protokoll eingetragen werden kann.“ - Die Registrierung der Akten
Hatten Expeditionen und Akten beim Expedit die vorgeschriebene Manipulation durchlaufen, so wurden diese an die Registratur zur Hinterlegung abgegeben. Die Hinterlegung erfolgte dabei in Faszikeln mit Führung eines Index. Um unnötige Mehrarbeiten zu ersparen, hatte die Registratur dabei den bei dem Einreichungs-Protokoll geführten Elench zu benützen, d. h. die sich daraus ergebende Protokollnummer ist identisch mit der Exhibitennummer.