OeNB Report 2024/13: International Survey of Adult Financial Literacy 2023: erste Ergebnisse für Österreich – Executive Summary
Valentin Voith und Maximilian Zieser 1
Dieses Dokument fasst die Ergebnisse der dritten Welle des Austrian Survey of Financial Literacy (ASFL) aus dem Jahr 2023 zusammen. Der ASFL erhebt Daten zur Finanzbildung Erwachsener in Österreich und stellt Österreichs Beitrag zum International Survey of Adult Financial Literacy (ISAFL) des Internationalen Netzwerks für Finanzbildung der OECD (OECD/INFE) dar. Laut den aktuellen Ergebnissen liegt Österreich im internationalen Vergleich sowohl in der Finanzbildung als auch beim finanziellen Wohlbefinden im Spitzenfeld. Dennoch besteht bei einigen Themen und im Hinblick auf bestimmte Bevölkerungsgruppen Verbesserungspotenzial. So weisen junge Frauen etwa ein geringeres Finanzwissen auf als junge Männer. Hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Finanzbildung und finanziellem Wohlbefinden zeigt sich bei genauer Betrachtung, dass für Personen mit niedrigerem Einkommen Finanzwissen wenig zum finanziellen Wohlbefinden beiträgt, während dem finanziellen Verhalten im Alltag eine besonders wichtige Rolle zukommt. Die Umfrageergebnisse legen nahe, dass Finanzbildungsmaßnahmen dann wirkungsvoll sind, wenn sie sich nach den konkreten Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe richten.
Österreich hat im Jahr 2021 eine Finanzbildungsstrategie ins Leben gerufen, die die Koordination öffentlicher und privater Finanzbildungsangebote anstrebt. Regelmäßige Erhebungen zum Finanzbildungsniveau können maßgeblich zum Erfolg von Finanzbildungsstrategien beitragen, denn sie ermöglichen es, Entwicklungen im Bereich der Finanzbildung im Zeitverlauf zu verfolgen und Verbesserungspotenzial zu identifizieren. Zu diesen Erhebungen zählen der International Survey of Adult Financial Literacy (ISAFL) des Internationalen Netzwerks für Finanzbildung der OECD (OECD/INFE) und Österreichs Beitrag dazu, der Austrian Survey of Financial Literacy (ASFL), welcher 2023 bereits zum dritten Mal stattfand. Anhand der Ergebnisse lassen sich Finanzbildung und verwandte Konzepte messen und international vergleichen. Diese Executive Summary fasst die zentralen Erkenntnisse des Berichts 2 zur aktuellen Umfragewelle zusammen.
Österreich bei Finanzbildung im Spitzenfeld
Finanzbildung (Financial Literacy) umfasst laut Definition der OECD/INFE Finanzwissen, finanzielles Verhalten und finanzielle Einstellungen. Zum Thema Finanzwissen wird in der Umfrage mittels Quizfragen ermittelt, ob ein grundlegendes Verständnis wichtiger ökonomischer Konzepte wie Inflation, Risikodiversifizierung oder Zinseszins vorliegt. Das Finanzverhalten wird etwa durch Fragen zur Kontrolle von Einnahmen und Ausgaben, zum Sparverhalten sowie zu Preis-/Produkt-Vergleichen abgebildet. Über Fragen zu finanziellen Einstellungen wird die finanzielle Zukunftsorientierung der Befragten erfasst. Unter den 40 teilnehmenden Ländern landet Österreich mit 72 von 100 möglichen Punkten im Gesamtranking auf dem zweiten Platz hinter Deutschland. Im Vergleich zur Umfrage von 2019 hat sich zudem das Finanzwissen der Befragten erheblich verbessert, was sich durch die intensivierte Bildungsarbeit in diesem Bereich erklären lassen könnte. Die größten Schwierigkeiten im Bereich Finanzwissen bestehen bei den Themen Risikodiversifizierung und Zinseszins, die insbesondere für das Investieren wichtig sind. Zudem lässt sich beim Finanzwissen ein Gendergap feststellen: Vor allem junge Frauen schneiden hier schlechter ab als junge Männer. Im Hinblick auf finanzielle Verhaltensweisen und Einstellungen zeigen sich die Befragten im Durchschnitt sorgfältig im täglichen Umgang mit Geld und geben häufig an, aktiv zu sparen. Jedoch setzt sich nur rund die Hälfte der Personen in Österreich finanzielle Ziele und denkt in finanziellen Fragen langfristig.
Finanzielles Wohlbefinden in Österreich im internationalen Vergleich hoch
Finanzielles Wohlbefinden ist für die OECD/INFE oberstes Ziel der Finanzbildung. Es umfasst eine objektive Dimension (finanzielles Auskommen) und eine subjektive Dimension (Zufriedenheit mit der eigenen finanziellen Situation). Unter 38 Ländern belegt Österreich in dieser Kategorie mit 63 von 100 Punkten wiederum den zweiten Platz hinter Deutschland. Jeweils mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, ihre Lebenshaltungskosten nachhaltig decken und eine unerwartete Ausgabe aus Eigenmitteln bewältigen zu können. Im Hinblick auf das subjektive Wohlbefinden sieht jedoch nur etwa die Hälfte der Befragten ausreichend finanziellen Spielraum für die Erfüllung der eigenen Wünsche. Insgesamt zeigt sich ein deutlich positiver Zusammenhang zwischen Finanzbildung und finanziellem Wohlbefinden, der jedoch je nach verfügbarem Haushaltseinkommen variiert: Personen mit geringem Einkommen profitieren eher von einem kompetenten Umgang mit Geld im Alltag und weniger von abstraktem finanziellen Wissen.
Sicherheit und Chancen durch digitale Finanzbildung
Das Konzept der digitalen Finanzbildung soll der zunehmenden Digitalisierung von finanziellen Dienstleistungen und Wirtschaftsleben Rechnung tragen. In einer ersten Initiative der OECD/INFE, digitale Finanzbildung im Rahmen des ISAFL zu messen, behandelten zehn Fragen die Themen Betrugsprävention, Datenschutz und Cybersicherheit. Im internationalen Vergleich liegt Österreich mit 59 von 100 Punkten hier nur im Mittelfeld. Die Befragten scheinen zwar im Umgang mit Passwörtern und persönlichen Daten Vorsicht walten zu lassen, weisen allerdings bei der Einschätzung allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGBs), bei der Beurteilung digitaler Verträge und dem regelmäßigen Ändern von Passwörtern Schwächen auf. Zur Weiterentwicklung des Konzepts der digitalen Finanzbildung bietet es sich an, in künftigen ASFL-Wellen auch die Chancen, die digitale Dienstleistungen bieten, stärker zu berücksichtigen.
Potenzial für bedarfsorientierte, zielgruppengerechte Finanzbildung
Insgesamt erzielt Österreich im internationalen Vergleich hervorragende Ergebnisse in den Bereichen Finanzbildung und finanzielles Wohlbefinden. Eine hartnäckige Herausforderung bleibt jedoch das Schließen des Gendergaps beim Finanzwissen, insbesondere bei der jungen Bevölkerung. Zudem zeigen sich Schwächen bei der Zukunftsorientierung in finanziellen Fragen und beim Setzen finanzieller Ziele. Bei Personen mit geringem Einkommen scheint das Wissen um wirtschaftliche Konzepte nicht zum finanziellen Wohlbefinden beizutragen. Vielmehr scheint ein sorgsamer Umgang mit Geld im Alltag eine entscheidende Rolle zu spielen. Anbietern von Finanzbildungsmaßnahmen kommt daher eine schwierige Aufgabe zu: einerseits grundlegende Kompetenzen zu vermitteln, um das selbstbestimmte finanzielle Handeln insgesamt zu stärken, und andererseits bei der Gestaltung entsprechender Maßnahmen die Lebenssituation der Zielgruppen zu berücksichtigen, um nützliche Inhalte zum richtigen Zeitpunkt vermitteln zu können.
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Oesterreichische Nationalbank, Abteilung für Finanzbildung und Kultur, valentin.voith@oenb.at , maximilian.zieser@oenb.at . Die von den Autoren zum Ausdruck gebrachte Meinung gibt nicht notwendigerweise die Meinung der Oesterreichischen Nationalbank oder des Eurosystems wieder. Wir danken Pirmin Fessler und Stefan Humer (beide OeNB) für ihre wertvollen Überarbeitungsvorschläge. Darüber hinaus danken wir Katharina Felbermayr, Marina Hettrich, Theresa Lorenz, Sandra Mauser, Anna Morgenbesser und Maria Silgoner (alle OeNB) für ihre hilfreichen Kommentare. ↩︎
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Der vollständige Bericht ist auf Englisch verfügbar unter oenb.at/dam/jcr:ce083d11-f899-4dc5-bdb5-43a32a537b84/report-2024-13-financial-literacy.pdf . ↩︎