OeNB-Report 2024/1: Bank Lending Survey – Österreich-Ergebnisse vom Jänner 2024
Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft vom Jänner 2024 1
Gerald Hubmann 2
Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten fällt seit dem vierten Quartal 2022 und soll im ersten Quartal 2024 erwartungsgemäß abermals zurückgehen. Hintergrund der Entwicklung ist die Rezession, in der sich die österreichische Wirtschaft seit dem zweiten Halbjahr 2022 befindet (im Speziellen die rückläufige Investitionstätigkeit der Unternehmen), sowie die gestiegenen Zinsen bzw. Finanzierungskosten.
Die Banken haben ihre Angebotspolitik für Unternehmenskredite seit dem zweiten Quartal 2022 aufgrund der zunehmend angespannten Risikosituation betreffend Wirtschaftslage, Kreditwürdigkeit der Unternehmen und zuletzt auch Werthaltigkeit von Sicherheiten umfassend verschärft, und sie planen weitere Verschärfungen im ersten Quartal 2024.
Gemäß den Angaben der befragten Banken ist die Immobilienwirtschaft – im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren – überdurchschnittlich stark von den angesprochenen restriktiven Entwicklungen bei Angebot und Nachfrage im Unternehmenskreditgeschäft betroffen.
Die Nachfrage nach privaten Wohnbaukrediten sank im dritten und vierten Quartal 2023 weiter, nachdem sie in der zweiten Jahreshälfte 2022 – ausgehend von einem Rekordhoch – eingebrochen war. Für das erste Quartal 2024 erwarten die befragten Banken eine unveränderte Nachfrage auf tiefem Niveau. Als Hauptgrund für den Mitte 2022 einsetzenden und anhaltenden Rückgang der Nachfrage wurden die gestiegenen Zinsen genannt. Kredite sind weniger leistbar geworden.
Die Entwicklungen im Kreditgeschäft sind immer auch vor dem allgemeinen konjunkturellen Hintergrund zu beurteilen und vollziehen sich aktuell weiterhin im Umfeld bzw. Nachgang globaler wirtschaftlicher und politischer Verwerfungen. Preisschocks aufgrund der COVID-19- Pandemie und des Kriegs in der Ukraine, eine schwache Weltkonjunktur sowie die zur Inflationsbekämpfung notwendige Straffung der Geldpolitik (vor allem die Erhöhung der Leitzinsen) belasten die österreichische Wirtschaftsentwicklung und haben zu einer Rezession geführt. Für 2024 ist aber ein moderater Konjunkturaufschwung zu erwarten. Die Realeinkommen der privaten Haushalte in Österreich werden 2024 aufgrund der verzögerten Anpassung der Löhne an die Inflation kräftig wachsen und den privaten Konsum beleben. Die Investitionstätigkeit wird 2024 noch gedämpft bleiben. Risiken für die weitere Wirtschaftsentwicklung in Österreich bestehen insbesondere in der potenziellen Ausweitung geopolitischer Konflikte und in der Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen infolge der hohen inländischen Inflation.
Im Jahr 2022 wuchs das österreichische BIP real um 4,8 %, vor allem aufgrund des starken Wachstums im ersten Halbjahr, das noch von coronabedingten Aufholprozessen geprägt war. Im zweiten Halbjahr 2022 trübte sich die Konjunktur jedoch ein. Die österreichische Wirtschaft befindet sich seither in einer Rezession. Für 2023 erwartet die OeNB in ihrer gesamtwirtschaftlichen Prognose vom 15. Dezember 2023 einen realen BIP-Rückgang von 0,7 %, und für 2024 ein moderates Wachstum von 0,6 %. Die realen Bruttoanlageinvestitionen sollen nach einer Stagnation 2022 (+0,1 %) in weiterer Folge sinken: 2023 um 2,7 % und 2024 leicht um 0,2 %. Nachdem die HVPI-Inflation 2023 bei 7,7 % gelegen ist, wird für 2024 ein Rückgang auf 4,0 % prognostiziert. Damit bleibt die heimische Inflation deutlich höher als im Euroraum-Durchschnitt. Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und das Institut für Höhere Studien (IHS) erwarten in ihren Prognosen vom 21. Dezember 2023 ähnliche Entwicklungen wie die OeNB.
Die anhaltende Investitionsschwäche zeigt sich auch in den Umfrageergebnissen zum Kreditgeschäft mit Unternehmen (Kapitel 1). Die hohe Inflation und die damit zusammenhängende geldpolitische Straffung sind wesentliche Gründe der aktuellen Entwicklungen im Kreditgeschäft allgemein.
Kapitel 1 behandelt das Kreditgeschäft der Banken mit Unternehmen, Kapitel 2 das Kreditgeschäft mit privaten Haushalten. Kapitel 3 hat die Refinanzierungssituation der Banken zum Thema. In den Kapiteln 4, 5 und 6 geht es um die Auswirkungen regulatorischer Anforderungen, notleidender Kredite und der Überschussliquidität der Banken.
Detaillierte Umfrageergebnisse sind den Tabellen 1 bis 3 zu entnehmen. Die Grafiken 1 und 2 stellen die Entwicklung der Nachfrage nach Unternehmenskrediten und privaten Wohnbaukrediten sowie ihre jeweiligen Einflussfaktoren dar. Grafik 3 zeigt die Entwicklung der Neuvergabe von Wohnbaukrediten gemäß Monetärstatistik und des Zinsniveaus. Kasten 1 am Ende dieses Berichts enthält u. a. Erläuterungen zu ausgewählten Fachbegriffen.
Nachfrage nach Unternehmenskrediten sinkt seit über einem Jahr
Die Richtlinien für Unternehmenskredite werden seit dem zweiten Quartal 2022 kontinuierlich verschärft (Tabelle 1). Im vierten Quartal 2023 blieben sie aber weitgehend unverändert, nachdem sie im dritten Quartal 2023 etwas strenger geworden waren. Für das erste Quartal 2024 gehen die an der Umfrage teilnehmenden Banken allerdings von weiteren Richtlinienverschärfungen aus.
Als Hauptgrund für die angesprochenen bisherigen Verschärfungen nannten die befragten Banken eine ungünstigere Risikoeinschätzung (hinsichtlich der allgemeinen Wirtschaftslage, der Geschäftslage und der Kreditwürdigkeit der Unternehmen sowie in geringem Ausmaß – aber zuletzt mit zunehmender Bedeutung – der Werthaltigkeit von Sicherheiten). Auch eine etwas verminderte Risikotoleranz wurde von den Banken immer wieder als Grund für Richtlinienverschärfungen genannt – allerdings mit deutlich geringerem Einfluss als die Risikoeinschätzung.
Die Margen für durchschnittliche Unternehmenskredite wurden im vierten Quartal 2023 etwas erhöht bzw. verschärft, nachdem sie schon im zweiten Quartal 2023 leicht erhöht worden waren. Jene für risikoreichere Kredite stiegen in den letzten drei Quartalen wiederholt an. Im ersten Quartal 2023 blieben die Margen insgesamt weitgehend unverändert. 2022 waren die Margen von den befragten Banken mehrheitlich und wiederholt erhöht worden – sowohl jene für durchschnittliche Kredite als auch jene für risikoreichere Kredite.
Weiters sind seit dem zweiten Quartal 2022 auch andere Kreditbedingungen verschärft worden (z. B. betreffend Höhe des Kredits oder Kreditrahmens, Zusatz- oder Nebenvereinbarungen zu Kreditverträgen, Erfordernisse für Sicherheiten – Letzteres insbesondere auch im vierten Quartal 2023). Hauptgründe für die Verschärfungen von Margen und anderen Kreditbedingungen waren die bereits genannte ungünstige Risikoeinschätzung durch die Banken und ihre Refinanzierungsbedingungen. Als weitere Gründe nannten die Banken ihre Risikotoleranz, ihr Eigenkapital bzw. damit verbundene Kosten und – mit geringem Einfluss – ihre Liquiditätssituation.
Allgemein zeigt sich in den Umfrageergebnissen seit 2022 sehr deutlich eine zunehmend angespannte Risikosituation. Die Risikoeinschätzung der Banken hinsichtlich der allgemeinen Wirtschaftslage, der speziellen Situation einzelner Firmen und Branchen bzw. der Kreditwürdigkeit der Unternehmen hat sich nach und nach verschlechtert und dementsprechend restriktiv auf die Kreditangebotspolitik ausgewirkt. In den Ergebnissen fällt auch auf, dass zuletzt die Werthaltigkeit der Sicherheiten etwas mehr in den Fokus gerückt ist (was mit den erhöhten Erfordernissen für Sicherheiten korrespondiert).
Die Kreditnachfrage von Unternehmen sank im vierten Quartal 2023 in allen erhobenen Kategorien 3 erneut. Seit fünf Quartalen ist sie in fast allen erhobenen Kategorien durchgehend rückläufig, wobei das dritte Quartal 2023 besonders hervorsticht. 4 Auch im Ausblick auf das erste Quartal 2024 rechnen die befragten Banken mit einem weiteren Rückgang in allen Kategorien. Am ausgeprägtesten zeigt sich die persistente Nachfrageabschwächung bei den langfristigen Krediten (in diese Kategorie fallen schwerpunktmäßig Kredite zur Investitionsfinanzierung). Aktuell ist im vierten Quartal 2023 die Kreditnachfrage von großen Unternehmen stärker gesunken als jene von kleinen und mittleren Unternehmen.
Die Nachfrageentwicklung seit Ende 2021 wird hauptsächlich von drei Faktoren beeinflusst (Grafik 1): Erstens hat sich ein zunehmender kurzfristiger Finanzierungsbedarf für Lagerhaltung und Betriebsmittel vom vierten Quartal 2021 bis zum vierten Quartal 2022 expansiv auf die Nachfrage ausgewirkt. Zweitens bremst ein rückläufiger langfristiger Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen seit dem dritten Quartal 2022 die Gesamtnachfrage nach Unternehmenskrediten. Drittens dämpfen steigende Zinsen seit dem vierten Quartal 2022 die Nachfrage. Weitere weniger bedeutende bzw. punktuell wirkende Faktoren der Nachfrageentwicklung sind Grafik 1 zu entnehmen. Für das vierte Quartal 2023 ist eine – gegen den allgemeinen Nachfragetrend gerichtete – leicht erhöhte Nachfrage nach Refinanzierungen bzw. Neuverhandlungen bestehender Kredite seitens großer Unternehmen zu erwähnen.
Aus einer konjunkturellen Perspektive ergibt sich als wesentliche Aussage: Seit dem dritten Quartal 2022 ist die Nachfrage nach Investitionsfinanzierungen rückläufig. Diese Entwicklung spiegelt sich in den entsprechenden Ergebnissen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wider und untermauert die aktuellen Wirtschaftsprognosen (anhaltende Wachstumsschwäche bzw. Rückgang bei den Investitionen, siehe auch die Einleitung dieses Berichts).
Im vierten Quartal 2023 stieg der Anteil abgelehnter Kreditanträge 5 von Unternehmen insgesamt an, nachdem er schon im dritten Quartal 2023 etwas höher ausgefallen war als im Quartal davor. Im längeren Rückblick waren vom zweiten bis zum vierten Quartal 2022 zunehmend Kreditanträge von kleinen und mittleren Unternehmen abgelehnt worden. Im ersten und zweiten Quartal 2023 stieg die Ablehnungsrate kaum noch und blieb weitgehend konstant auf einem erhöhten Niveau. Die Ablehnungsrate im Kreditgeschäft mit großen Unternehmen ist seit 2022 im Vergleich zu jener im Geschäft mit kleinen und mittleren Unternehmen geringer gestiegen. 6 Das zeigt sich auch in den aktuellen Umfrageergebnissen für das vierte Quartal 2023.
Die Entwicklungen im Kreditgeschäft sind seit Anfang 2022 stark von den globalen wirtschaftlichen Verwerfungen und dem Krieg in der Ukraine beeinflusst. Der Krieg hat die bereits vorher bestehenden Lieferkettenprobleme sowie den Preisauftrieb insbesondere bei Energie und Rohstoffen erheblich verschärft. Die gestiegene Nachfrage nach kurzfristigen Krediten zur Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln ist eine unmittelbare Folge davon. Aufgrund der Lieferkettenprobleme bauten Unternehmen vorsorglich ihre Lagerbestände auf, um produktions- und lieferfähig zu bleiben – ein Strategiewechsel von „Just-in-Time“ zu „Just-in-Case“. Mittlerweile haben sich die Lieferketten aber weitgehend normalisiert, und die Unternehmen haben ihre Lagerbestände konjunkturdämpfend angepasst. 7 Umfassende Preissteigerungen haben generell den Liquiditätsbedarf der Unternehmen erhöht. Unsicherheit, Preisauftrieb, steigende Zinsen bzw. Finanzierungskosten, die Abkühlung der globalen Konjunktur und der Mitte 2022 einsetzende Wirtschaftsabschwung in Österreich wirken hingegen dämpfend auf die Nachfrage nach langfristigen Krediten, weil Investitionen zurückgenommen oder verschoben werden. Angebotsseitig haben der Krieg und seine Folgen die Banken zu verschärften, an die Situation angepassten Risikoanalysen und zu strengeren Kreditvergabeentscheidungen veranlasst. Wie sehr Unternehmen von Energie bzw. Energiepreisen abhängig sind, spielt nunmehr eine wichtige Rolle.
Befragt nach den Entwicklungen von Kreditangebot und Kreditnachfrage, gegliedert nach Wirtschaftssektoren 8 , berichteten die Banken, dass sie ihre Angebotspolitik (Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen) seit dem zweiten Halbjahr 2022 für alle Sektoren wiederholt verschärft hätten. Dies taten sie nur geringfügig für den Dienstleistungssektor und das verarbeitende Gewerbe (allerdings darunter stärkere Verschärfungen für das energieintensive verarbeitende Gewerbe), jedoch überdurchschnittlich für den Immobiliensektor (sowohl für den Gewerbe- als auch für den Wohnimmobiliensektor, im zweiten Halbjahr 2023 besonders für den Gewerbeimmobiliensektor). Für das erste Halbjahr 2024 wird eine weiter verschärfte Angebotspolitik mit ähnlichen sektoralen Unterschieden wie bisher erwartet. Die Kreditnachfrage ist im zweiten Halbjahr 2023 in allen Sektoren gesunken und soll – gemäß den Einschätzungen der befragten Banken – im ersten Halbjahr 2024 in allen Sektoren weiter, aber moderater sinken. Die Kreditnachfrage aus dem Immobiliensektor (sowohl Gewerbe- als auch Wohnimmobiliensektor) geht bereits seit dem zweiten Halbjahr 2022 zurück, jene des Baugewerbes seit dem ersten Halbjahr 2023. Die Kreditnachfrage aus den anderen Sektoren blieb im zweiten Halbjahr 2022 und im ersten Halbjahr 2023 hingegen noch weitgehend unverändert.
Nachfrage nach privaten Wohnbaukrediten im zweiten Halbjahr 2023 weiter gesunken
Die Kreditrichtlinien für private Wohnbaukredite sind schon seit fünf Quartalen (viertes Quartal 2022 bis viertes Quartal 2023) weitgehend unverändert (Tabelle 2). Auch für das erste Quartal 2024 erwarten die befragten Banken kaum Änderungen. Zuvor wurden die Richtlinien im dritten Quartal 2022 jedoch deutlich verschärft. Begründet wurde dies mit (1) einer ungünstigeren Risikoeinschätzung (insbesondere bezüglich der Aussichten und voraussichtlichen Preisentwicklung am Wohnimmobilienmarkt, was sich in diesem Fall auf die Werthaltigkeit der Sicherheiten bezieht), (2) der Risikotoleranz der Banken und (3) mit der im August 2022 in Kraft getretenen „Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung“ (KIM-V oder KIM-VO) 9 , die eine neue Rechtslage für die Vergabe von Wohnbaukrediten hergestellt hat. 10
Analog zu den Kreditrichtlinien blieben auch die Kreditbedingungen für Wohnbaukredite in den letzten fünf Quartalen weitgehend unverändert 11 – nach Verschärfungen im dritten Quartal 2022, die sich in höheren Erfordernissen für Sicherheiten und geringeren Beleihungsquoten ausgedrückt haben und im Zusammenhang mit der KIM-V zu sehen sind. Die Margen für Wohnbaukredite wurden jedoch im dritten Quartal 2023 erstmals nach Ende 2020 nennenswert geändert: Die Margen für durchschnittliche Wohnbaukredite wurden aufgrund der Wettbewerbssituation leicht gelockert, (geringere Margen), jene für risikoreichere Wohnbaukredite blieben hingegen unverändert. In einem schwachen Marktumfeld, das durch einen Einbruch der Nachfrage gekennzeichnet ist (siehe unten), lässt sich in den Umfrageergebnissen also ein verstärktes Bemühen der Banken um Kreditkunden mit besserer Bonität erkennen.
Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten sank – ausgehend von einem bereits niedrigen Niveau – im dritten und im vierten Quartal 2023 weiter. Die Wohnbaukreditnachfrage ging in der zweiten Jahreshälfte 2022 deutlich zurück, im ersten Quartal 2023 fiel sie weiter und stagnierte im zweiten Quartal 2023 weitgehend. Für das erste Quartal 2024 erwarten die befragten Banken eine unveränderte Nachfrage auf tiefem Niveau. Der Rückgang in der zweiten Jahreshälfte 2022 war die deutlichste diesbezügliche Änderung seit Bestehen der Umfrage über das Kreditgeschäft 12 und beendete eine langjährige, expansive Entwicklung (seit ca. 2012 in den Umfrageergebnissen erkennbar).
Als Hauptgrund für den Mitte 2022 einsetzenden Rückgang der Nachfrage wurde das allgemeine Zinsniveau genannt (Grafik 2). Im Juli 2022 hat die EZB – nach Ankündigung im Juni 2022 – mit der schrittweisen Erhöhung ihrer Leitzinsen begonnen, wodurch das allgemeine Zinsniveau und somit auch die Zinsen für neue Wohnbaukredite bzw. die Finanzierungskosten im Wohnbau spürbar gestiegen sind. 13
Als weitere wichtige Gründe für den Nachfrageeinbruch wurden die Aussichten und die voraussichtliche Preisentwicklung am Wohnimmobilienmarkt sowie das Konsument:innenvertrauten, das in Folge des Kriegs in der Ukraine und der (erwarteten) Konjunktureintrübung gesunken war, genannt. Auch die Nachfragerückgänge im dritten und vierten Quartal 2023 wurden hauptsächlich mit dem allgemeinen Zinsniveau begründet – sowie mit den Aussichten und der voraussichtlichen Preisentwicklung am Wohnimmobilienmarkt. Das Konsument:innenvertrauen wurde 2023 nicht mehr als Grund genannt. 14
Im dritten und im vierten Quartal 2023 ist der Anteil abgelehnter Kreditanträge 15 für private Wohnbaufinanzierungen im Vergleich zum jeweiligen Vorquartal gestiegen und liegt im längerfristigen Vergleich auf hohem Niveau, nachdem er im ersten Quartal 2023 und davor bereits deutlich im dritten Quartal 2022 gestiegen war. Vom ersten Quartal 2015 (erstmalige Fragestellung zum Thema) bis zum zweiten Quartal 2022 wurden nur vereinzelt Änderungen beim Anteil der abgelehnten Kreditanträge zur Wohnbaufinanzierung gemeldet. Für die Entwicklung des Anteils der abgelehnten Kreditanträge werden standardmäßig in der Umfrage keine Gründe erhoben. Die erhöhte Ablehnungsrate lässt sich jedoch gut vor dem Hintergrund der verschärften Angebotspolitik der Banken und des herausfordernden Umfelds (Leistbarkeit, Zinswende, Inflation, Unsicherheit) erklären.
Neben den Umfrageergebnissen zeigt auch ein Blick auf die Monetärstatistik starke Änderungen im Geschäft mit Wohnbaukrediten in Österreich. Die Vergabe neuer Wohnbaukredite 16 ist von Juli 2022 auf August 2022 um mehr als die Hälfte eingebrochen (von 2,7 Mrd EUR auf 1,3 Mrd EUR), in den Folgemonaten weiter gesunken und zeigt sich seither wesentlich schwächer (0,8 Mrd EUR im November 2023). 17 Dieser große Rückgang ist auf die oben beschriebenen Gründe zurückzuführen, wobei er hauptsächlich nachfrageseitig bestimmt sein dürfte. Die von den Banken gemeldeten Rückgänge bei der Kreditnachfrage waren deutlich ausgeprägter als die gemeldeten angebotsseitigen Verschärfungen. Für den Einbruch von Juli 2022 auf August 2022 dürften auch Vorzieheffekte in Zusammenhang mit der im August 2022 in Kraft getretenen KIM‑V verantwortlich gewesen sein (vorgezogene Nachfrage, um den verschärften Regeln zu entgehen) – und Vorzieheffekte aufgrund der erwarteten Zinsanstiege.
Bei der Einschätzung der Entwicklungen ab Mitte 2022 ist zu berücksichtigen, dass die Vergabe von Wohnbaukrediten in den Jahren davor sehr expansiv war. Die über Jahre hinweg sehr niedrigen (Kredit-)Zinsen 18 bzw. günstigen Finanzierungsbedingungen waren wesentlich dafür. 19 Nun hat sich diese Entwicklung abrupt umgekehrt (siehe Grafik 3 für eine Veranschaulichung der langfristigen Entwicklung der Neuvergabe von Wohnbaukrediten und des Zinsniveaus).
Angebot an und Nachfrage nach Konsum- und sonstigen Krediten veränderten sich 2023 nur vereinzelt (Tabelle 2). 20 Auch für das erste Quartal 2024 wird eine weitgehend unveränderte Situation hinsichtlich Richtlinien und Nachfrage erwartet. Der Anteil abgelehnter Kreditanträge stieg im dritten Quartal 2023 leicht an.
Refinanzierungsbedingungen für Banken im vierten Quartal 2023 nur wenig verändert
Im vierten Quartal 2023 veränderten sich die Refinanzierungsbedingungen für die Banken nur wenig (Tabelle 3 21 ). Die langfristigen Einlagen des nichtfinanziellen Privatsektors (Unternehmen und private Haushalte) stiegen etwas an. Dagegen haben sich die Bedingungen bei der Refinanzierung über mittel- bis langfristige Anleihen etwas verschlechtert, und für das erste Quartal 2024 erwarten die befragten Banken weitere diesbezügliche Verschlechterungen.
Im längeren Rückblick sind die Bedingungen für die Refinanzierung über mittel- bis langfristige Anleihen bereits seit dem ersten Quartal 2022 nahezu durchgehend ungünstiger geworden – besonders ausgeprägt in den ersten drei Quartalen 2022. Im Lauf des Jahres 2022 (vor allem bis Oktober) stiegen allgemein die Zinsen auf den Anleihemärkten deutlich an.
Kaum Auswirkungen neuer regulatorischer Anforderungen auf die Banken und ihre Kreditangebotspolitik im Jahr 2023
Seit 2011 werden in der Umfrage Auswirkungen regulatorischer Anforderungen thematisiert (zuerst halbjährlich, seit 2020 jährlich). 22
Im Jahr 2023 wurden Aktiva, Eigenkapital und Finanzierungsbedingungen der Banken kaum von neuen regulatorischen Anforderungen beeinflusst. Für das Jahr 2024 erwarten die befragten Banken in diesem Zusammenhang ebenfalls eine weitgehend unveränderte Situation.
Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der Kreditangebotspolitik der Banken. Im Rückblick auf 2023 und im Ausblick auf 2024 zeigen die Umfrageergebnisse nur vereinzelt Auswirkungen neuer regulatorischer Anforderungen. 23 Im Gegensatz dazu war die Angebotspolitik der Banken im Jahr 2022 noch stark von neuen regulatorischen Anforderungen beeinflusst. Insbesondere die Richtlinien für Wohnbaukredite an private Haushalte wurden diesbezüglich verschärft, von einigen Banken sogar deutlich verschärft. Das ist in Zusammenhang mit der KIM-V zu sehen (siehe Kapitel 2).
Weiterhin geringe Relevanz notleidender Kredite für die Kreditvergabepolitik der Banken
Beginnend mit der Umfrage vom Juli 2018 werden die teilnehmenden Banken halbjährlich zu den Auswirkungen von notleidenden Krediten (bzw. der Kreditqualität allgemein) auf ihre Kreditvergabepolitik und zu den entsprechenden Wirkungsweisen befragt. 24 Im Rahmen der ersten diesbezüglichen Erhebung wurde neben dem ersten Halbjahr 2018 auch der Zeitraum von 2014 bis 2017 erfasst. Die befragten Banken meldeten für diesen Zeitraum nur vereinzelt Verschärfungen der Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen aufgrund notleidender Kredite. Die vereinzelten Verschärfungen fanden vor allem im Zusammenhang mit regulatorischen Anforderungen statt.
Auch ab 2018 hatten notleidende Kredite nur geringe Auswirkungen auf die Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen der österreichischen Banken. Im zweiten Halbjahr 2023 wurden die Bedingungen für Unternehmenskredite aufgrund notleidender Kredite nur geringfügig verschärft. In den drei Halbjahren davor (erstes Halbjahr 2022 bis erstes Halbjahr 2023) vermerkten die Banken keine Auswirkungen notleidender Kredite auf ihre Kreditvergabepolitik.
Insgesamt zeigte sich die Kreditvergabepolitik der österreichischen Banken in den letzten Jahren also weitgehend unbeeinflusst von notleidenden Krediten (bzw. der Kreditqualität allgemein). Gemäß den Umfrageergebnissen soll dies auch im ersten Halbjahr 2024 im Wesentlichen so bleiben.
Der Anteil notleidender Kredite lag in Österreich im dritten Quartal 2023 bei ca. 2 % (leicht unterschiedliche Werte je nach Quelle und Definition) und etwas niedriger als im Euroraum bzw. in der EU insgesamt (vgl. Supervisory Banking Statistics der EZB und EBA Risk Dashboard ). Bis ins Jahr 2022 ist der Anteil – wie in den meisten EU-Ländern – tendenziell gesunken und liegt im langjährigen Vergleich auf einem sehr niedrigen Niveau. 25
Auswirkungen der Überschussliquidität der Banken auf das Kreditgeschäft
Ab der aktuellen Umfragerunde werden halbjährlich die Auswirkungen der beim Eurosystem gehaltenen Überschussliquidität der Banken auf ihre Kreditvergabe thematisiert. 26 Mit Überschussliquidität sind die Guthaben der Geschäftsbanken auf Girokonten beim Eurosystem oder in der Einlagefazilität gemeint, die über die Mindestreserven (Pflichteinlagen der Geschäftsbanken beim Eurosystem) hinausgehen. 27 Die Mindestreserven (2023 durchschnittlich ca. 5 Mrd EUR 28 ) machen nur einen kleinen Teil der von den österreichischen Banken beim Eurosystem gehaltenen Guthaben aus (ca. 105 Mrd EUR im November 2023, ca. 107 Mrd EUR im Durchschnitt der ersten elf Monate 2023 29 ).
Im zweiten Halbjahr 2023 trug die Situation bei der Überschussliquidität – gemäß den Umfrageergebnissen – ein wenig zur Verschärfung der Kreditbedingungen und ein wenig zum Rückgang des Kreditvolumens bei. Die befragten Banken erwarten, dass sich diese leicht restriktiven Entwicklungen im ersten Halbjahr 2024 fortsetzen. Weitere Informationen zu Zusammenhängen und Hintergründen wurden in der Umfrage nicht erhoben.
Kasten 1
Die Zentralbanken des Euroraums – in Österreich die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) – führen gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Anfang 2003 viermal jährlich eine Umfrage über das Kreditgeschäft im Euroraum durch, um ihren Informationsstand über das Kreditvergabeverhalten der Banken und das Kreditnachfrageverhalten von Unternehmen und privaten Haushalten zu verbessern. Dabei werden rund 160 führende Banken aus allen Ländern des Euroraums befragt, darunter acht Institute aus Österreich. Seit der Umfrage für das erste Quartal 2015 wird ein revidierter und erweiterter Fragebogen verwendet. Mit der Umfrage für das erste Quartal 2022 wurden einige der bestehenden Standardfragen erweitert.
Kreditrichtlinien sind die internen Kriterien (sowohl die schriftlich festgelegten als auch die ungeschriebenen), die bestimmen, unter welchen Voraussetzungen eine Bank Kredite vergeben möchte.
Kreditbedingungen sind die speziellen Verpflichtungen, auf die sich Kreditgeber und Kreditnehmer geeinigt haben (z. B. Margen, Nebenkosten, Sicherheitenerfordernisse usw.).
Kreditmargen sind Aufschläge auf relevante Referenzzinssätze bzw. die Differenzen zwischen Kreditzinssätzen und Refinanzierungszinssätzen. Im Rahmen der Umfrage über das Kreditgeschäft im Euroraum wird bei einer Verringerung der Margen von einer Lockerung und bei einer Erhöhung der Margen von einer Verschärfung gesprochen. Eine Lockerung der Margen ist für Kreditnehmer positiv, schränkt aber unmittelbar die Ertragsmöglichkeiten der Banken als Kreditgeber ein.
Der Saldo aus positiven und negativen Antworten errechnet sich aus der Anzahl der Banken, die auf eine Frage in positiver Richtung antworten (z. B. Lockerung der Margen, Steigerung der Nachfrage) abzüglich der Anzahl der Banken, die auf eine Frage in negativer Richtung antworten (z. B. Verschärfung der Margen, Rückgang der Nachfrage). Die Bezeichnungen „positiv“ und „negativ“ dienen hier als Richtungsangabe und sind in diesem Zusammenhang als wertfrei zu verstehen.
Der Nettoprozentsatz ist der Saldo aus positiven und negativen Antworten im Verhältnis zur Anzahl der Antworten insgesamt. Wenn beispielsweise von acht antwortenden Banken zwei angeben, dass die Nachfrage nach Wohnbaukrediten gestiegen ist, eine angibt, dass die Nachfrage gesunken ist und die übrigen fünf angeben, dass die Nachfrage unverändert geblieben ist, dann ergibt sich ein Saldo von +1 bzw. ein Nettoprozentsatz von +12,5 (⅛). In diesem Beispiel gibt ein Überhang von nur einer Bank eine Nachfragesteigerung an – zu wenig, um daraus eine allgemeine Aussage abzuleiten. In einem solchen Fall muss von einer weitgehend unveränderten Situation ausgegangen werden.
Veröffentlichungshinweise: Die Berichte zur Umfrage über das Kreditgeschäft erscheinen ab Juli 2023 in der Publikationsreihe „OeNB Reports“. Davor erschienen sie in der OeNB-Publikation „Statistiken – Daten & Analysen“. Links, weitere Informationen und Daten zu den Österreich-Ergebnissen sind auf der OeNB-Website zu finden. Euroraum-Ergebnisse veröffentlicht die EZB.
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Das Eurosystem, bestehend aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken der Länder des Euroraums (in Österreich die OeNB), führt jedes Quartal eine Umfrage durch, um Informationen über Angebot und Nachfrage im Kreditgeschäft der Banken mit Unternehmen und privaten Haushalten zu erheben. Befragt werden dabei leitende Kreditmanager:innen großer Banken. Methodisch ist die Umfrage eine qualitative Erhebung. Die Antworten werden auf einer Ordinalskala erfasst. Die Fragen beziehen sich auf Veränderungen zur Vorperiode und die Gründe dafür. Die diesem Bericht zugrunde liegende Umfrage wurde im Dezember 2023 durchgeführt. Redaktionsschluss für sonstige Daten: 17. Jänner 2024. ↩︎
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Oesterreichische Nationalbank, Referat Konjunktur, gerald.hubmann@oenb.at . ↩︎
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Kredite an Unternehmen gesamt, Kredite an kleine und mittlere Unternehmen, Kredite an große Unternehmen, kurzfristige Kredite (Laufzeit bis zu einem Jahr), langfristige Kredite (Laufzeit über ein Jahr). ↩︎
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Der Nachfragerückgang im dritten Quartal 2023 sticht im langfristigen Vergleich seit Bestehen der Umfrage besonders hervor. (Die erste Umfrage wurde für das vierte Quartal 2002 durchgeführt.) Ähnlich deutliche punktuelle Nachfragerückgänge wurden bisher nur für das vierte Quartal 2008 bzw. das erste Quartal 2009 (im Zuge der globalen Finanzkrise) und für das dritte Quartal 2012 (im Zuge der Staatsschuldenkrise) berichtet. ↩︎
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In der Umfrage wird nach vollständig abgelehnten Kreditanträgen gefragt. In Tabelle 1 sind diesbezügliche Ergebnisse als genehmigte Kreditanträge, und daher mit umgekehrtem Vorzeichen, enthalten, um expansive Entwicklungen einheitlich mit positiven Werten bzw. restriktive Entwicklungen einheitlich mit negativen Werten darzustellen. ↩︎
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Bis zur Umfrage für das vierte Quartal 2021 wurde nur nach dem Anteil der abgelehnten Anträge für Unternehmenskredite insgesamt gefragt. Seit der Umfrage für das erste Quartal 2022 werden Unternehmen bezüglich dieser Frage zusätzlich in kleine und mittlere einerseits sowie große Unternehmen andererseits untergliedert. ↩︎
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Letzteres auch um Lagerkosten und Finanzierungskosten für Lager einzusparen (gestiegene Zinsen als Hintergrund). Durch Lagerabbau kann Liquidität für andere Zwecke frei werden und den Bedarf an Kreditfinanzierung bzw. die Nachfrage nach Krediten senken. ↩︎
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Seit der Umfragerunde für das zweite Quartal 2020 werden die teilnehmenden Banken halbjährlich zu Entwicklungen im Kreditgeschäft mit Unternehmen, gegliedert nach Wirtschaftssektoren, befragt. Die Entwicklungen werden für folgende Wirtschaftssektoren erhoben: verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren (hiervon ab der Umfragerunde für das vierte Quartal 2022 auch für energieintensives verarbeitendes Gewerbe), Baugewerbe/Bau (ohne Immobilien), Dienstleistungen (ohne Finanzdienstleistungen und Immobilien), Handel sowie Immobilien (noch zusätzlich untergliedert in Gewerbeimmobilien- und Wohnimmobilienwirtschaft). ↩︎
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Ziel der Verordnung ist die Begrenzung von zunehmenden systemischen Risiken bei der Wohnimmobilienfinanzierung in einem herausfordernden Umfeld (Eintrübung der Wirtschaftslage, Zinswende, gestiegene Immobilienpreise und bisherige Kreditvergabepraxis). Der Fokus wird dabei auf die finanzielle Belastung bzw. Rückzahlungsfähigkeit der Kreditnehmer:innen gelegt. Durch die KIM-V wurde für Wohnbaukredite eine maximale Beleihungsquote von 90 %, eine maximale Schuldendienstquote von 40 % und eine maximale Laufzeit von 35 Jahren festgelegt, wobei Ausnahmen von diesen Vorgaben in beschränktem Umfang möglich sind. Siehe die Presseaussendung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 20. Juni 2022 . ↩︎
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Aus Zusatzangaben einzelner Banken in der aktuellen und der vorherigen Umfrage kann geschlossen werden, dass regulatorische und gesetzliche Vorgaben sowie Nachhaltigkeitsaspekte eine zunehmende Bedeutung für die Angebotspolitik der Banken haben und zu entsprechenden Differenzierungen führen. Das bezieht sich allgemein auf das Kreditgeschäft mit Unternehmen und privaten Haushalten. Eine Bank erwähnt beispielsweise auch, dass die Margen für nachhaltige Finanzierungen aufgrund des Wettbewerbs sinken würden. ↩︎
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Abweichend von den Angaben der meisten Banken über eine weitgehend unveränderte Angebotspolitik im vierten Quartal 2023, meldeten einzelne Banken deutliche Verschärfungen. Einerseits wurde über deutlich verschärfte Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen für Wohnbaukredite betreffend die Erfordernisse für Sicherheiten und die Beleihungsquote im Zusammenhang mit der Umsetzung der KIM-V berichtet (Verzicht auf die Nutzung von Ausnahmekontingenten, die im Rahmen der KIM-V möglich wären; Bestreben zur Einhaltung der KIM-V bei sinkenden Ausnahmekontingenten aufgrund sinkender Neukreditvergabe). Andererseits wurde über deutlich erhöhte Margen für Wohnbaukredite berichtet und mit Refinanzierungskosten und bilanziellen Restriktionen begründet. ↩︎
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Die erste Umfrage über das Kreditgeschäft wurde für das vierte Quartal 2002 durchgeführt. Für das dritte Quartal 2022 meldeten fünf von sieben zu Wohnbaukrediten befragte Banken eine verminderte Nachfrage (Nettoprozentsatz von –71), für das vierte Quartal sechs von sieben Banken (Nettoprozentsatz von –86), wobei auch überwiegend von deutlichen Rückgängen berichtet wurde (und in geringerer Häufigkeit von leichten Rückgängen). Ähnlich auffällig entwickelte sich die Nachfrage nach Wohnbaukrediten vom dritten Quartal 2008 bis zum ersten Quartal 2009 im Zuge der globalen Finanzkrise (Nettoprozentsatz Q3 08: –60, Q4 08: –60 und Q1 09: –80 bei damals fünf befragten Banken). ↩︎
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Geldmarktzinsen (z. B. der EURIBOR), an die Zinsen für Wohnbaukredite häufig gebunden sind, haben schon Anfang 2022 zu steigen begonnen. Die Zinsschritte der EZB bzw. ihre Ankündigung im Juni 2022 haben die Anstiege intensiviert. ↩︎
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Im Zuge der aktuellen Umfragerunde merkte eine Bank an, dass auch die KIM-V zur restriktiven Nachfrageentwicklung beigetragen habe. ↩︎
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In der Umfrage wird nach vollständig abgelehnten Kreditanträgen gefragt. In Tabelle 2 sind diesbezügliche Ergebnisse als genehmigte Kreditanträge, und daher mit umgekehrtem Vorzeichen, enthalten, um expansive Entwicklungen einheitlich mit positiven Werten bzw. restriktive Entwicklungen einheitlich mit negativen Werten darzustellen. ↩︎
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Echte Neukreditvergabe ohne neuverhandelte Kredite österreichischer Banken an inländische private Haushalte; Quelle: OeNB. ↩︎
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Im Zuge dieser Umfragerunde verwies eine Bank explizit auf Folgeeffekte der reduzierten Wohnbaufinanzierung: schwächere Auftragslage für Wohnbauwirtschaft, verarbeitendes Gewerbe (z. B. Handwerker) usw. (vgl. die Ausführungen zu den Entwicklungen von Kreditangebot und Kreditnachfrage gegliedert nach Wirtschaftssektoren im letzten Absatz von Kapitel 1). ↩︎
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Der Dreimonats-EURIBOR war vom 28. April 2015 bis zum 13. Juli 2023 negativ und fiel dabei bis auf –0,605 % am 14. Dezember 2021. Im Zusammenhang mit der (erwarteten) Zinswende bzw. den Zinserhöhungen der EZB stieg er von Anfang 2022 bis September 2023 an (deutlich ab Mitte 2022). Seither liegt er ca. bei bzw. knapp unter 4 %. ↩︎
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Im Rahmen der Umfrage über das Kreditgeschäft wurde das allgemeine Zinsniveau vom ersten Quartal 2015 bis zum zweiten Quartal 2022 als mit Abstand häufigster Grund für die gestiegene Nachfrage nach privaten Wohnbaukrediten genannt (davor wurde das allgemeine Zinsniveau nicht standardisiert als Faktor der Nachfrage erhoben). ↩︎
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Für das vierte Quartal 2023 meldete lediglich eine Bank eine etwas gestiegene Nachfrage nach Konsumkrediten und begründete dies mit dem allgemeinen Zinsniveau bzw. mit der erhöhten Zinslast für Wohnbaukredite, infolgedessen Haushalte mit laufendem Wohnbaukredit vermehrt nach Konsumfinanzierungen fragten, um ihren Lebensstandard aufrechtzuerhalten. ↩︎
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Einige Refinanzierungsmöglichkeiten, nach denen standardmäßig gefragt wird (Verbriefung von Krediten, außerbilanzielle Übertragung von Kreditrisiken), haben zuletzt für die an der Umfrage teilnehmenden Banken nur eine untergeordnete Rolle gespielt und sind nicht in der Tabelle enthalten. ↩︎
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Gefragt wurde nach den Auswirkungen neuer regulatorischer oder aufsichtlicher Anforderungen im Zusammenhang mit Eigenkapital, Verschuldungsobergrenzen, Liquidität oder Risikovorsorge. ↩︎
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Hinter den unauffälligen aggregierten Ergebnissen verbirgt sich ein besonders auffälliges Einzelergebnis: Eine Bank meldete für das Jahr 2023 eine deutliche Verschärfung ihrer Richtlinien für private Wohnbaukredite aufgrund neuer regulatorischer Anforderungen. ↩︎
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Konkret wird gefragt, welche Auswirkungen die NPL-Quote und andere Indikatoren der Kreditqualität auf die Kreditvergabepolitik der Banken haben. (Mit der aktuellen Umfragerunde wurde der Fokus der Frage erweitert. Zuvor wurde enger nach den Auswirkungen der NPL-Quote allein gefragt.) Die NPL-Quote ist definiert als der prozentuale Anteil des NPL-Bestands (brutto) in der Bankbilanz am Bruttobuchwert der Kredite. NPL steht für „nonperforming loan“ und bedeutet „notleidender Kredit“. Zu den anderen Indikatoren der Kreditqualität zählen z. B. Stufe-2-Kredite (nicht notleidende Kredite mit signifikantem Ausfallrisiko) und Kredite mit jungen Zahlungsrückständen (Kredite, deren Zahlung mehr als 30 und weniger als 90 Tage überfällig ist). ↩︎
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Für nähere Informationen zu notleidenden Krediten und anderen für die Finanzmarktstabilität relevanten Entwicklungen siehe die halbjährlichen Finanzmarktstabilitätsberichte der OeNB . ↩︎
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Konkret wird danach gefragt, wie sich Veränderungen der von den Banken beim Eurosystem gehaltenen Überschussliquidität auf die Kreditvergabepolitik (Kreditrichtlinien, Kreditbedingungen) und auf das Kreditvolumen auswirken. ↩︎
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Die Überschussliquidität kann sich also einerseits aufgrund von Veränderungen der Guthaben verändern – und andererseits aufgrund von Veränderungen der (von der EZB vorgegebenen Höhe der) Mindestreserven. ↩︎
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Quelle: OeNB. ↩︎
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Quelle: EZB. ↩︎