Violoncello, Alessandro Gagliano, Neapel, ca. 1710
Druckzettel: „Alexandri Gagliano Alumnus / Stradivarius fecit Neapoli anno 1708“Der Druckzettel im Instrument weist das Violoncello als Werk des Alessandro Gagliano aus, der laut jüngster Forschung seine Lehrzeit bei keinem in Cremona ansässigen Meister absolvierte. Vielmehr weisen seine Instrumente sehr charakteristische und eigenständige Merkmale auf, was sowohl die Umrissform, die Gestaltung der F-Löcher und die Schnecke betrifft. Die Decke besteht aus regelmäßig gewachsenem Nadelholz mittlerer Breite, wobei im Diskant am Rand ein Flügel angesetzt wurde. Das war ein gängiges Verfahren, um auch Klangholz zu verwenden, das im Unterbügel nicht die erforderliche Breite aufwies. Da das Ansetzen von Randstücken zu keinen klanglichen Nachteilen führt, wurde es in der Vergangenheit bei Celli häufig und bei Violinen in seltenen Fällen angewendet. Die dendrochronologische Untersuchung ergab für den jüngsten Jahresring 1698, was gut mit dem heute angenommenen Entstehungsjahr übereinstimmt. Der Boden aus Ahorn ist lebhaft geflammt und besteht aus zwei symmetrischen Hälften, die im Spiegel geschnitten sind. Auch die Zargen zeigen eine lebhafte Flammung.
Gaglianos Eigenständigkeit zeigt sich vor allem im Design des Korpusumrisses. Kurz nach 1700 hatte Stradivari ein Modell entwickelt, das er als „Forma B“ bezeichnete, dieses gilt bis heute wegen seiner ausgewogenen Proportionen und der Balance zwischen guter Spielbarkeit und Sonorität als Vorbild. Im Vergleich dazu besitzt Gaglianos Modell einen wesentlich kürzeren Mittelbügel und einen gestreckten Unterbügel. Darüber hinaus sitzen die F-Löcher etwas tiefer, wodurch die Deckenmensur über das Durchschnittsmaß verlängert wird. Die Form der F-Löcher ist schön geschwungen, wobei auffällt, dass die oberen und unteren Kugeln annähernd gleich groß geschnitten sind. Auch bei der Gestaltung von Wirbelkasten und Schnecke ging Gagliano eigene Wege. Die Schnecke ist sehr schmal dimensioniert und der Wirbelkasten weist an der Rückseite zwei Fenster auf. Dadurch fällt zwar das Einfädeln der Saiten in die Bohrungen der Wirbelschäfte leichter, allerdings wird auch die Stabilität des Wirbelkastens, der die Zugkraft der vier Saiten aufnehmen muss, beeinträchtigt. Alessandro Gagliano verwendete einen weichen, relativ dunklen Öllack , der viel zur Attraktivität seiner Instrumente beiträgt.