„In causa criminali“
Die Notenbank versus Geldfälscher im 19. Jahrhundert
Seit es Formen von Geld gibt, gibt es davon Fälschungen. Von Kaurischnecken über römische Münzen bis hin zu Papiergeld gab es nichts, was nicht nachzuahmen versucht wurde. Die kriminelle Absicht der Täuschung und Schädigung wurde im 19. Jahrhundert mit drakonischen Strafen belegt. Doch obwohl Fälscher gejagt und verurteilt wurden, konnten sie nie gänzlich abgeschreckt werden und die Notenbank musste stets die Sicherheitsausstattungen ihres Papiergeldes verbessern.
Banknoten gibt es in Österreich schon länger, als die Nationalbank besteht. 1762 wurden sie unter Maria Theresia vom Wiener Stadt Banco, dem Vorgängerinstitut der Notenbank, gedruckt und ausgegeben. Diese ersten Geldscheine zierten verschiedene Schriftarten, die eine Nachahmung erschweren sollten. 1796 kam das Wasserzeichen dazu. Bei der Ausgestaltung der Notenserie von 1806 steuerte sogar die Frau eines inhaftierten Fälschers ihr „Know-how“ für ein Schutzelement bei, welches auch heute noch in Euro-Banknoten zu finden ist: das Einlagern von farbigen Textilfasern, heute als dunkler Sicherheitsstreifen weiterentwickelt.
Diese Schutzelemente erwiesen sich in der damaligen Form nur als mäßig erfolgreich, denn Falschgeld kursierte in jenen Jahren in großen Mengen. 1803 wurde deshalb zur Abschreckung die Todesstrafe für Münz- und Banknotenfälscher wieder eingeführt. Was bei politisch motivierten Fälschungen allerdings wirkungslos blieb. So ließ beispielsweise ab 1805 Napoleon österreichisches Papiergeld in Massen nachdrucken, um es als weiteres Kriegsmittel einzusetzen und die heimische Wirtschaft zu schädigen.
Auch aus dieser Erfahrung heraus legt die österreichische Notenbank seit ihrer Gründung größten Wert auf die bestmögliche Sicherheitsausstattung der Banknoten. Denn Fälschungen bedeuten nicht nur einen finanziellen Verlust, sondern vor allem einen möglichen Vertrauensverlust in das Papiergeld, worunter der Wert des Geldes leiden kann.
Die ersten von der Nationalbank 1816 ausgegebenen Geldscheine waren mit einem europaweit einzigartigen Schutzelement versehen: das als „Guillochen“ bezeichnete präzise, kunstvoll ineinander verschlungene Linienmuster. Jakob Degen entwickelte dafür eine eigene Maschine, die mittels eines eingespannten Stichels diese Schlaufenornamente auf eine Kupferplatte gravieren konnte. Die Notenbank kaufte Degens Maschine an und stellte ihn und seinen Sohn in ihre Dienste, um deren Wissen exklusiv nutzen zu können. Zusätzlich zu den Guillochen waren die ersten von der Nationalbank ausgegebenen Banknoten einzeln handnummeriert und durch zwei Bankbeamte handparaphiert – dieser Aufwand erscheint enorm, auch wenn die damalige Auflage mit durchschnittlich zehntausenden Stück pro Nominale geringer war als die der heutigen Euro-Banknoten.

Mit wachsender Verbreitung des Papiergeldes stieg auch die Zahl der Fälschungen wieder an. Wasserzeichen wurden z. B. durch Ausschleifen des Papiers nachgeahmt, Prägestempel durch das Eindrücken von Münzen. Ab den 1820er Jahren entwickelte sich das Bemühen um Fälschungssicherheit in mehreren Ländern zu einem ständigen Wettlauf zwischen Notenbanken und Fälschern, weshalb man auf informellem Weg Erfahrungen teilte: Diskrete Anfragen und gegenseitige Hilfestellungen zwischen der privilegirten oesterreichischen National-Bank, der Bank of England, der Polizei in London und der Preußischen Regierung sind belegt.

Für die Notenbank war es eine Gratwanderung, wie viele Informationen über Falschgeld an die Bevölkerung weitergegeben werden sollten. Einerseits sollte die Öffentlichkeit zur Wachsamkeit aufgerufen werden, andererseits wollte man eine Verunsicherung gegenüber Papiergeld vermeiden. Als 1824 in Linz eine große Menge an nachgedruckten 10-Gulden-Scheinen auftauchte, war die Panik in der Bevölkerung so groß, dass die Polizei oft echte Banknoten als scheinbar falsche bei der Nationalbank ablieferte. Die Bank-Direktion ermahnte die Behörden zu größerer Aufmerksamkeit. Um die Menschen im ganzen Habsburgerreich dazu anzuhalten, eingenommene Falsifikate nicht schnellstmöglich weiterzugeben, sondern bei ihr abzuliefern, zahlte die Notenbank künftig Belohnungen aus. Diese Maßnahme zeigte deutlich Wirkung.
Banknotenfälscher gab es quer durch alle gesellschaftlichen Schichten: von Kleinkriminellen, die aus der Not heraus mit einfachsten Mitteln plumpe Fälschungen anfertigten, bis hin zu Personen aus dem gehobenen Stand, die teilweise einen internationalen Verbrecherring organisierten und sich mit den Falsifikaten einen luxuriösen Lebenswandel finanzieren wollten. Doch jede Fälschung, gleich ob im kleinen oder großen Stil, wurde als Hochverrat angesehen.
So erging es dem Fälscher Johann Heinrich Döring. Seine Fälschungen von 25-Gulden-Banknoten waren monatelang in mehreren europäischen Städten aufgetaucht, ehe seine Werkstatt in Kassel ausgehoben wurde. Unter seinen Utensilien befanden sich Metallsticheln und eine Buchdruckerpresse.

Der Flüchtige wurde steckbrieflich gesucht und von einem Nationalbank-Beamten, einem Wiener „Polizeikommissär“ und den lokalen Behörden verfolgt, ehe er am 28. Juni 1830 in Hamburg verhaftet werden konnte. Er gestand, 600 Stück 25-Gulden-Banknoten hergestellt und ausgegeben zu haben, was heute ca. 356.000 Euro entspricht. Zwei Drittel dieser Falsifikate wurden von den Geschädigten bei der österreichischen Notenbank eingereicht, die diese entschädigte. Einen finanziellen Verlust erlitt die Nationalbank dabei nicht, da Döring ein legales Privatvermögen besaß, welches den Schaden abdeckte. Das Gerichtsurteil in Wien lautete auf Todesstrafe, wurde aber durch kaiserlichen Beschluss in 15 Jahre schweren Kerker umgewandelt.
Die in einer Fälscherwerkstatt aufgefundenen Falsifikate und Utensilien wurden stets an die Banknoten-Druckerei übergeben, die für die Gerichte die Sachverständigenberichte zur Qualität der Fälschungen erstellte. Für die Strafbemessung war nämlich ausschlaggebend, inwieweit die sichergestellten Werkzeuge zur Fälschung geeignet waren. Auf bloße Nachzeichnungen mit der Feder stand Kerkerstrafe, teilweise mit öffentlicher Arbeit in Ketten und Essensentzug. Auf nachproduzierte Druckplatten und Lithografien stand die Todesstrafe.
So wurde ein Triester Banknotenfälscher zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, da er lediglich mit geschnittenen Federn und roter Tinte auf „gewöhnlichem, dünnen Papiere“ zeichnete. In Ungarn erhielt ein Fälscher eine vierjährige Haftstrafe, da bei ihm „Papierbriefchen mit Zinnober und ein Stückchen blaues Vitriol sowie ein scharf zugespitztes Fischbein“ gefunden wurden. 1838 wurden hingegen in Wien zwei Fälscher wegen nur sechs Stück gefälschter 5-Gulden-Scheine zum Tod verurteilt, da sie mit Metallstempeln die Banknoten nachzudrucken versuchten. Ihr Urteil wurde vom Kaiser gnadenhalber in eine Kerkerstrafe umgewandelt.
In den 1840er Jahren stiegen die Fälschungszahlen wieder rasant an. Zwischen 1840 und 1842 wurde ein Negativrekord mit über 7.000 Exemplaren erreicht. Allein im Jänner 1841 waren es 1.863 Stück „Blüten“, die bei der Nationalbank registriert wurden. „Die Scheu vor Verfälschungen nimmt ab, die Kunstfertigkeit der Fälscher nimmt zu“, zeigte sich die Bankleitung besorgt. Bei der 1841 ausgegebenen neuen Serie bemühte man sich deshalb um besondere Fälschungssicherheit. Die Entwürfe stammten vom Biedermeiermaler und Kupferstecher Peter Fendi. Die Herstellung fand erstmals in dem aus England übernommenen Stahlstichverfahren statt, mit dem feine, malerisch gestaltete Bildmotive bei gleichbleibender Qualität in hoher Auflagenzahl produziert werden konnten.
In dieser Serie zierten erstmals Frauenportraits die Gulden-Banknoten. Bewusst setzte man hier auf die Attraktivität der abgebildeten Idealfiguren. Zum einen, um die Banknoten gerne in Händen zu halten, zum anderen zur Fälschungssicherheit: Falsifikate würden dem hauptsächlich männlichen Benutzerkreis von Papiergeld leichter auffallen, wenn die Portraits nicht mehr ästhetisch wirkten.

Doch tat sich gleichzeitig mit der aufkommenden Fotografie eine neue Gefahr für die schönen Banknoten auf. Ab den 1840er Jahren konnten auch finanzkräftige Laien einen Fotoapparat erwerben und bedienen lernen. Fälscher fanden schnell heraus, dass mithilfe der Fotografie, Druckbilder sehr leicht kopiert werden konnten. Das machte sich auch der skrupellose Direktor der Pottendorfer Spinnfabrik zunutze:
Der gebürtige Ire William Mordoch Foster war Techniker und Chemiker und entstammte einer Textilfabrikanten-Familie. Nachdem er einige Jahre eine Zwirnfabrik in England geleitet hatte, kam er 1843 nach Österreich, um die Führung der Pottendorfer Flachsspinnfabrik zu übernehmen. Als Geschäftsmann trat er selbstbewusst auf, doch war er im Umgang mit Kunden und Handelsagenten manipulativ und verstrickte sich in riskante Beteiligungsgeschäfte. Auffällig wurde, dass er trotz Schadenersatzforderungen wegen mangelnder Qualität seiner Ware und trotz eines Brandschadens über ausreichend Bargeld verfügte.
Dass sich Foster seine Ausgaben durch Banknotenfälschung finanzierte, flog auf, als der von ihm finanziell abhängige James Hill in England wegen Nachahmung von österreichischen Kassen-Anweisungen im Wert von 150.000 Gulden (heute knapp 3.000.000 Euro) verhaftet wurde. Als Hill zu 14-jähriger Haft in einer Sträflingskolonie in Australien verurteilt wurde, hatte er nichts mehr zu verlieren und gab an, dass ihm Foster den Auftrag zu dieser Arbeit gegeben hätte, während Foster selbst angeblich schon seit langem in seinem Haus in Böhmen 2-Gulden-Banknoten fälschen würde.

Eine Hausdurchsuchung bei Foster bestätigte diese Anschuldigung, wobei unter anderem ein Voigtländer-Fotoapparat, eine Buchdruckpresse, zugeschnittene Papiere und einschlägige Farben sichergestellt wurden. „Ich muß unermeßlich reich werden oder zu Grunde gehen!“, war stets Fosters Wahlspruch gewesen, doch dieser wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Noch während des langwierigen Gerichtsprozesses in Wien und auch nach 14 Monaten Untersuchungshaft bestritt er alle Anschuldigungen. Zeugenaussagen belasteten ihn jedoch schwer und er wurde am 13. Juni 1853 zu 20 Jahren schwerem Kerker und anschließendem Landesverweis verurteilt. Das erlebte er nicht mehr, nur drei Tage nach der Urteilsverkündung verstarb er in seiner Zelle.
Trotz intensiver Anstrengungen seitens der Sicherheitsbehörden und der Nationalbank sollte sich die Verfolgung von Geldfälschern auch weiterhin als eine Sisyphus-Arbeit herausstellen. Es wurde zum ewigen Ringen, wer einen Schritt schneller sein konnte – die Banknoten-Hersteller oder die Fälscher?