Warten auf den Euro

Elisabeth BeckmannMelanie Koch

27 Mitgliedstaaten zählt die EU momentan. Bisher teilen sich 20 davon den Euro als gemeinsame Währung. Die Haltung zum Euro in den verbleibenden Nicht-Euro-aber-EU-Staaten ist durchwachsen; auch die Meinung dazu, wann er eingeführt wird. Viele Menschen teilen nicht die Eu(ro)phorie ihrer Regierungen bezüglich einer baldigen Einführung und umgekehrt. Ein Blog-Beitrag über die unterschiedlichen Erwartungen zur Einführung des Euro in Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE).

Prinzipiell haben sich alle aktuellen EU-Mitgliedstaaten außer Dänemark dazu verpflichtet, den Euro einzuführen. Zuletzt trat Kroatien am 1. Jänner 2023 dem Euroraum bei. Damit verbleiben fünf EU-Mitgliedstaaten in CESEE, die den Euro noch nicht als offizielle Landeswährung eingeführt haben.

Welche Erwartungen haben die Menschen in Bulgarien, Polen, Rumänien, Tschechien und Ungarn, wann wird der Euro ihre bestehenden Nationalwährungen ablösen? Und wie sehen das die derzeitigen Regierungen dieser Länder?

Die Mehrheit der Bevölkerung in CESEE erwartet den Euro nicht mehr vor 2030
Das zeigen Daten des OeNB Euro Survey, einer repräsentativen Befragung von Privatpersonen in der Region. Noch im Jahr 2014 schätzten die Menschen in Bulgarien, Polen, Rumänien und Tschechien im Durchschnitt, dass der Euro in den nächsten sechs bis sieben Jahren eingeführt werden würde – also um 2020. Die genaue Jahreszahl sollte man aber auch nicht überbewerten – Menschen neigen bei Zahlenwerten zum Auf- oder Abrunden.

Aussagekräftiger sind die Unterschiede im Antwortverhalten zwischen den Ländern. So waren die Ungar:innen schon 2014 etwas skeptischer als der Rest: Im Schnitt erwarteten sie, dass der Euro erst um 2025 eingeführt werden würde. Im Endeffekt haben bzw. werden sich alle Durchschnittserwartungen von damals nicht bewahrheiten.

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Nach 2014 sind die Erwartungen der Bevölkerungen dann auch merklich auseinandergedriftet: Im Herbst 2023 – als die letzte Euro-Survey-Befragung stattfand – waren es besonders die Pol:innen, die sich skeptisch zeigten. Im Vergleich zu Rumänien, Tschechien und Ungarn erwartete das Mittel dort den Euroraum-Beitritt eher für 2035 als für 2030. Ganz anders sehen das allerdings die Bulgar:innen: Sie schätzten bereits 2020, dass der Euro eher um 2025 herum eingeführt wird, und taten das 2023 noch immer.

Einige wissen nicht, welches genaue Einführungsjahr sie erwarten sollen
Hier stach zuletzt wieder Polen hervor, wo sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung nicht auf eine Jahreszahl festlegen wollte. Aber selbst in Bulgarien war noch jede vierte Person unentschlossen, was das Einführungsjahr betrifft. Die Gründe, sich nicht auf eine Jahreszahl festlegen zu wollen, können allerdings vielfältig sein: Beispielsweise könnten sich manche Bulgar:innen sehr sicher sein, dass der Euro demnächst eingeführt wird, aber eine spezifische Jahreszahl auswählen wollen sie dennoch nicht.

Interessant ist im Vergleich dazu, wie sich der Anteil derjenigen entwickelt hat, die explizit sagen, dass der Euro niemals eingeführt wird. Während dieser Anteil in Bulgarien sehr wohl über die Jahre abgenommen hat und im letzten Jahr bei unter 10 % lag, ist die Tendenz in den anderen Ländern eher gleichgeblieben oder steigend. In Polen, Tschechien und Ungarn erwartete im Vorjahr gut ein Viertel der Bürger:innen, dass ihr Land niemals dem Euroraum beitreten würde. In Rumänien waren es 14 %, mit zuletzt steigender Tendenz. Alles in allem ist die Euro-Einführung in Bulgarien also wesentlich greifbarer als in den anderen Ländern.

Regierungspläne zum Euroraum-Beitritt prägen die Erwartungen
Wie sehr die Bevölkerung einen frühen oder späten Beitritt erwartet, hat viel mit den tatsächlichen Plänen ihrer Regierungen zu tun und wie oft diese Pläne in der Vergangenheit verworfen wurden (werden mussten). So ist es nicht verwunderlich, dass Bulgar:innen eine frühere Euro-Einführung vermuten als alle anderen. Bulgarien ist das einzige Land, das bereits im offiziellen Einführungsprozess steckt und demnächst dem Euroraum beitreten will. Das genaue Eintrittsdatum wurde bereits einige Mal verschoben.

Bulgarien ist rechtlich gesehen auch das einzige Land, das bis Anfang 2026 überhaupt noch beitreten könnte. Das liegt daran, dass ein Staat vor der Euro-Einführung mindestens zwei Jahre lang erfolgreich Mitglied im sogenannten Wechselkursmechanismus (WKM) II sein muss. Bisher ist keines der anderen vier Länder überhaupt im WKM II oder hat seinen Beitritt für 2024 angekündigt. In der Vergangenheit konnte dies manchmal schnell und ohne große Vorankündigung geschehen. Zuletzt wurden aber neue, zum Teil länderspezifische Verpflichtungen beschlossen, die vor einer WKM-II-Teilnahme erfüllt sein soll(t)en.

Daneben müssen immer noch die drei weiteren sogenannten Maastricht-Konvergenzkriterien erfüllt werden, bevor ein Staat dem Euroraum beitreten kann. Diese haben kürzere Vorlaufzeiten, sind dadurch aber nicht einfacher zu erfüllen. Die Entscheidung steht noch aus, ob Bulgarien alle Kriterien erfüllt hat, um 2025 Mitglied des Euroraums zu werden.

Ein offizielles Zieldatum für den Euro-Beitritt gibt es sonst momentan nur für Rumänien, das sich 2029 dem Euroraum anschließen möchte und daher spätestens ab 2027 am WKM II teilnehmen muss. Das Datum der geplanten Einführung wurde in jüngster Vergangenheit jedoch auch hier mehrere Male nach hinten verschoben. In den übrigen drei Ländern flammt die Diskussion zur Euro-Einführung immer wieder auf, aber offiziell scheint sich keine der Regierungen mehr auf ein Datum festlegen zu wollen.

Auch Vertrauen in die EZB und Erwartungen hängen voneinander ab
Trotz offiziell geplantem Datum schätzt immer noch gut ein Zehntel der Bevölkerung in Bulgarien und Rumänien, dass der Euro niemals eingeführt wird. Umgekehrt gibt es in Polen, Tschechien und Ungarn einige Bürger:innen, die die Einführung des Euro noch weit vor 2030 erwarten, obwohl ihre aktuellen Regierungen kein offizielles Einführungsdatum angepeilt haben.

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Auffällig ist auch, dass Personen, die angeben der EZB zu vertrauen, eine zukünftige Euro-Einführung seltener in Frage stellen als diejenigen, die der EZB nicht vertrauen oder ihr neutral gegenüberstehen. Einerseits kann Vertrauen gering sein, weil die Erwartungen pessimistisch sind. Andererseits können Erwartungen auch durch mangelndes Vertrauen beeinflusst werden.

Gleichzeitig gibt es eine kleine Gruppe von Menschen, deren Optimismus unerschütterlich ist. Der Anteil derjenigen, die 2023 meinten der Euro könnte ihre bisherige Währung schon innerhalb der nächsten drei Jahre ablösen, betrug in allen Ländern zwischen 9 % und 21 %, Bulgarien nicht miteingeschlossen (dort betrug der Anteil 72 %). Wie bereits beschrieben ist das in den vier übrigen Ländern rechtlich nur noch sehr schwer möglich.

Die zum Ausdruck gebrachten Ansichten müssen nicht zwingend mit den Ansichten der OeNB bzw. des Eurosystems übereinstimmen.