Private sichern sich historisch geringe Kreditzinssätze längerfristig ab
(, Wien)OeNB-Pressekonferenz zu Krediten, Einlagen und Zinssätzen österreichischer Banken
Der niedrige Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank (EZB) sorgte in Österreich für historisch geringe Kundenzinssätze. Auf der Kreditseite reagierten die Kunden darauf, indem sie sich mit längerfristig fixierten Zinssätzen das günstige Niveau absicherten. Insbesondere bei Wohnbaukrediten waren Produkte mit Fixzinssätzen sehr beliebt. Das Einlagenvolumen stieg trotz historisch geringer Zinssätze auch im Jahr 2016 an. In noch größerem Umfang als bisher wurde in täglich fällige Einlagen veranlagt, was nicht zuletzt auf den sinkenden Zinsvorteil von längerfristig gebundenen Einlagen zurückzuführen ist.
Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) veröffentlichte im Rahmen einer Pressekonferenz die aktuelle Entwicklung bei Krediten, Einlagen und Zinssätzen. Johannes Turner, Direktor der Hauptabteilung Statistik, umriss dabei die Lage: „Die EZB-Nullzinspolitik ließ die Geldmarktzinssätze und die Kundenzinssätze auf neue Tiefststände fallen. Die durchschnittlichen Zinssätze neu vergebener Kredite bzw. Einlagen an Unternehmen und private Haushalte lagen im Dezember 2016 bei 1,79 % bzw. 0,33 %.“
Die Zinsdifferenz zwischen Krediten mit längerfristig fixiertem Zinssatz und jenen mit einer anfänglichen einjährigen Zinsbindung hat sich in den letzten Jahren deutlich verringert. Im Dezember 2016 betrug der Zinssatz für neu vergebene Wohnbaukredite mit anfänglicher Zinsbindung über 5 Jahre 2,14 % und lag damit nur um 37 Basispunkte über jenem mit 1-Jahres-Bindung. Die geringen Zinsaufschläge für Produkte mit Fixzinssatz bzw. das attraktive Zinsniveau dürften die Gründe für den starken Trend hin zu Kreditprodukten mit längeren Zinsbindungsfristen sein. Wie Turner feststellte, „stieg der Anteil neu vergebener Wohnbaukredite mit anfänglicher Zinsbindung über 5 Jahre im Vergleich zu den Vorjahren deutlich an und erreichte im Dezember 2016 einen Wert von 35 %. Damit folgt Österreich dem langjährigen europäischen Trend.“
Das Jahreswachstum von Krediten an private Haushalte legte im Jahr 2016 in Österreich an Dynamik zu und wies im Dezember 3,2 % auf. Die dynamische Entwicklung in Österreich war fast ausschließlich auf die Ausweitung bei Wohnbaukrediten zurückzuführen. Diese stiegen im Jahresvergleich um 4,8 % an, während es bei Konsumkrediten weiterhin zu einer rückläufigen Entwicklung (–2,3 %) kam.
Weiterhin positives Kreditwachstum bei Unternehmen
Das Kreditwachstum nichtfinanzieller Unternehmen in Österreich erholte sich im Jahr 2016 wieder und wies im Dezember einen Wert von 1,5 % auf. Insbesondere kurzfristige Unternehmensfinanzierungen (Laufzeit bis 1 Jahr) dämpften das Kreditwachstum in Österreich und gingen um 6,4 % zurück. Langfristige Unternehmenskredite hingegen beeinflussten laut Turner das Kreditwachstum bei Unternehmen weiterhin positiv.
Ein Grund für die rückläufigen kurzfristigen Finanzierungen dürften die hohen Einlagenbestände von österreichischen Unternehmen sein. Diese stiegen im Jahresvergleich um 11,9 % bzw. 6,5 Mrd EUR an und erreichten im Dezember 2016 erstmals die 60-Mrd-EUR-Marke. Zahlreiche österreichische Unternehmen waren somit ausreichend liquide, was die Nachfrage nach Unternehmenskrediten dämpfte.
Steigende Einlagen der Haushalte
Trotz historisch geringer Zinssätze und somit niedriger Erträge stieg das Einlagenvolumen privater Haushalte auch im Jahr 2016 an (+4,4 % bzw. +9,9 Mrd EUR). Für den starken Einlagenzuwachs verantwortlich waren fast ausschließlich täglich fällige Einlagen, die sich um 15,7 Mrd EUR (+14,5 %) ausweiteten. Zusätzlich wurden noch kurzfristige Einlagen mit Bindungsfrist von 1 Jahr im Ausmaß von +1,1 Mrd EUR bzw. +1,8 % aufgebaut. Die zu Jahresende höhere Inflationsrate (VPI per Dezember 2016: 1,4 %) führte zu einem spürbar negativen Realzinssatz. Dieses Phänomen war jedoch auch in der Vergangenheit schon über längere Zeiträume zu beobachten.