Vermögenskonzentration: Erbschaften sind der Schlüssel
Eine Arbeit von Pirmin Fessler und Martin Schürz, Oesterreichische Nationalbank (OeNB), wurde mit dem renommierten Progressive Economy-Preis des Europäischen Parlaments ausgezeichnet. Das unter anderen mit Jospeph Stiglitz, James K. Galbraith, Lucrezia Reichlin und Jean-Paul Fitoussi hochkarätig besetzte Scientific Board zeichnete die Studie zum Thema „Private Wealth Across European Countries: The Role of Income, Inheritance and the Welfare State“ aus.
Als zentrale Botschaft zeigt die Studie, dass die relative Position der privaten Haushalte in der Vermögensverteilung in allen Ländern des Euroraums besonders durch das Erben bestimmt wird. Zur Veranschaulichung: Eine Erbschaft in Österreich bedeutet im Durchschnitt hinsichtlich der Position in der Vermögensverteilung dasselbe wie ein Einkommenssprung über mehr als die Hälfte aller Haushalte in Österreich. Dies demonstriert eindrucksvoll das unterschiedliche Potenzial von Sparen und Erben auf die Stellung in der Vermögensverteilung in Österreich.
Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie beschreibt die Bedeutung des Wohlfahrtsstaates für die Vermögensverteilung. Ein effektiver und gut ausgebauter Wohlfahrtsstaat geht mit niedrigeren privaten Vermögensbeständen einher. Die gemessene Vermögensungleichheit ist in Ländern mit einem relativ stärker ausgebauten Wohlfahrtsstaat höher. Warum? Der Wohlfahrtsstaat übernimmt Sicherungsfunktionen, wie Altersvorsorge oder Vorsorge für Notfälle. Für vermögensärmere Haushalte ist dies weit wichtiger als für reichere Haushalte, die neben den Leistungen durch einen Wohlfahrtsstaat auch noch private Vermögensreserven haben. Für vermögensärmere Haushalte hingegen schafft allein der Wohlfahrtsstaat Sicherheit und erlaubt ihnen ein wenig mehr an Konsum. Für Vermögensreichere jedoch ist der Wohlfahrtsstaat wichtiger im Hinblick auf den Schutz ihres Privateigentums.
Fessler, P. und Schürz, M. (2015): Private Wealth Across European Countries: The Role of Income, Inheritance and the Welfare State. ECB Working Paper Series.