Der Euro – gekommen, um zu bleiben
Gouverneur Robert Holzmann, 24.01.2022Rückblick auf eine international einmalige Erfolgsgeschichte
Fast genau 30 Jahre nach der Unterzeichnung des Vertrages von Maastricht am 07. Februar 1992, die den Euro auf den Weg brachte, kann mit Recht gesagt werden: der Euro stellt trotz aller Widrigkeiten eine einmalige Erfolgsgeschichte dar. Beschlossen in einer Zeit, in der es alles andere als selbstverständlich war, dass insbesondere Deutschland aber auch Österreich sich von ihren Währungen trennen würden, hat der Euro in den vergangenen 20 Jahren, in denen er nunmehr als Bargeld im Umlauf ist, seinen Siegeszug als internationale Leitwährung angetreten.
Der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl erklärte Jahre später, er sei sich damals durchaus bewusst gewesen, dass die Mehrheit in Deutschland lieber die D-Mark beibehalten hätte, dennoch sei er überzeugt gewesen, dass der Euro „ein Synonym für Europa“ sei, das er für eine einzigartige Chance für das friedliche Zusammenwachsen Europas betrachte. Dieser Gedanke eines der Architekten des modernen Europas ist heute ebenso gültig wie damals.
Erinnern wir uns kurz zurück an die Zeit vor der Einführung des Euro, Ende der 80er Jahre, also zumindest für manche von uns nicht allzu lange zurückliegend. Der österreichische Musiker Falco erklomm damals mit dem Song „Rock me Amadeus“ als erster sowie bislang einziger deutschsprachiger Interpret die Spitze der US-Charts und das musikalische Wunderkind Mozart war – wieder einmal – in aller Munde. Abgesehen von diesem erfreulichen Umstand, bestand jedoch die Notwendigkeit bei jeder innereuropäischen Reise entweder vorab oder in dem betreffenden Land Bargeld in die jeweils nationale Landeswährung zu wechseln, teilweise mit erheblichen Kosten. So reiste seinerzeit ein Tester des europäischen Verbraucherschutzverbandes mit 50.000 belgischen Franc durch die damals 12 Länder der Europäischen Gemeinschaft. An jeder Grenze tauschte er Geld um. Ohne sonstige Ausgaben kehrte er mit ganzen 25.241 Franc zurück.
Wer heute mit 5.000 Euro durch die 19 Länder des Euroraumes reist, kehrt ohne sonstige Ausgaben auch wieder mit 5.000 Euro zurück. Sein Vermögen wird nicht durch Wechselgebühren halbiert. Die große Finanzkrise im Jahr 2008 ist von vielen Ländern deutlich besser verkraftet worden als ohne Mitgliedschaft im Eurosystem, gleiches gilt für die unmittelbaren ökonomischen Folgen der aktuellen weltweiten Pandemie.
Ich persönlich erinnere mich noch sehr gut, wie ich am 1. Jänner 2002 bei einem Bankomaten in Hirschegg, einem kleinen Ort in der Steiermark, das erste Mal Euro abhob und dieses neue Geld in den Händen hielt. Ich denke, ich bin nicht der einzige, wenn ich hier bekenne, dass ich noch lange nach dieser Umstellung Euro-Preise in Schilling-Preise umgerechnet habe. Die ersten abgehobenen Euro wechselten übrigens rasch den Besitzer und wurden in „weststeirische Spagatkrapfen mit Schlagobers und Preiselbeeren“ investiert. Eine lokale Spezialität, die ich an dieser Stelle jeder und jedem ans Herz legen möchte.
Abgesehen von dieser Neujahrsinvestition blieb mir im Zuge meiner zahlreichen Rückreisen aus den USA mein „persönlicher Euro-Moment“, nämlich der erste Umtausch von Dollar in Euro in Erinnerung. Erstmals stand hier der bisher unangefochtenen internationalen Leitwährung ein Pendant gegenüber. Sicher noch nicht in derselben Durchdringung, aber nach Jahrzehnten unterschiedlichster einzelner nationaler europäischer Währungen erstmals ein international relevanter Player, der keinen Vergleich mit anderen weltweiten Leitwährungen zu scheuen brauchte.
Die Europäische Union gilt – zu Recht – als das international erfolgreichste Friedensprojekt der Nachkriegsgeschichte, benötigt jedoch ebenso – und vor allem – ein ökonomisch solides Fundament, um diesem Anspruch auch in Zukunft gerecht zu werden. Dieses Fundament ist nicht statisch. Wir dürfen uns nicht ausruhen. Ganz im Gegenteil. Wir müssen uns weiterhin nach besten Kräften anstrengen. Das dem Euro zugrundeliegende Eurosystem muss sein ökonomisches Fundament weiterhin fortlaufend stärken. Dann jedoch wird auch über den Euro in Zukunft mit Fug und Recht gesagt werden können, er ist „gekommen, um zu bleiben“.