Zum nächsten Geldausgabeautomaten in durchschnittlich drei Minuten – auch im COVID-19-Jahr 2020

Dezember 2021

OeNB-Studie zeigt erneut guten Zugang zu Bargeld

Hat die COVID-19-Pandemie zu einer Verschlechterung der Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit Bargeld geführt?
Der vorliegende Beitrag beleuchtet die Neuauflage einer OeNB-Studie aus dem Vorjahr, in der erstmals mit hoher geografischer Auflösung Wegstrecken zu dem am nächsten gelegenen Geldausgabeautomaten berechnet wurden. Die Ergebnisse haben sich im Vergleich zur Vorjahresperiode kaum geändert und bestätigen somit die trotz COVID-19-Pandemie unvermindert gute Versorgungslage der österreichischen Bevölkerung mit Bargeld.

Ausgangspunkt: hohe Anzahl an Geldautomaten in Österreich
Der meistgenutzte Bargeldbezugspunkt in Österreich ist der Geldausgabeautomat. Das Geldautomatennetz ist demnach für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld von großer Bedeutung. Die Situation in Österreich unterscheidet sich von jener in anderen Ländern, in denen die Anzahl an Bargeldbezugspunkten in den letzten Jahren rückläufig war (z. B. Niederlande, Irland). Hierzulande hat sich die Anzahl an Geldautomaten in den vergangenen Jahren erhöht – von etwa 7.400 im Jahr 2005 auf über 9.100 im COVID-19-Jahr 2020. Zudem zählt Österreich im europäischen Vergleich weiterhin zu jenen Ländern, die die höchste Anzahl an Geldautomaten in Relation zur Bevölkerung aufweisen.

Geldautomaten: Internationaler Vergleich

Dass Österreich über ein außergewöhnlich dichtes Geldautomatennetz verfügt, deckt sich auch mit der Wahrnehmung der österreichischen Bevölkerung. In einer repräsentativen Umfrage aus dem Zeitraum Juni/Juli 2021 gaben über 80 % der Befragten an, dass es für sie nicht oder eher nicht mühsam sei, Bargeld zu beheben.

Grafik: Wie mühsam empfinden Sie es, Bargeld zu beheben – z. B. einen Geldautomaten oder eine Bankfiliale zu finden?

Doch weder die absolute Anzahl an Geldautomaten noch Umfragewerte über die Zufriedenheit der Bevölkerung bieten ein umfassendes Bild über die tatsächliche Erreichbarkeit von Geldautomaten.

Um ein detailliertes Bild über die Versorgungssituation zu gewinnen, hat die OeNB daher bereits zum zweiten Mal in Folge die geografische Verteilung der Geldausgabeautomaten genauer analysiert. Hierzu wurde die schnellste Route zum nächsten Geldautomaten berechnet, einmal in Kilometer und einmal in Minuten Fahrzeit mit dem Auto. Erstmals wurde die Analyse im Jahr 2020 mit Daten von Ende 2019 durchgeführt. Eine ausführliche Darstellung und Diskussion dieser Ergebnisse einschließlich der angewandten Methode findet sich in der Studie A spatial analysis of access to ATMs in Austria (Stix, 2020). Die vorgestellten Ergebnisse des Updates der Erreichbarkeitsanalyse beziehen sich auf Ende 2020. Somit kann erstmals analysiert werden, in welche Richtung sich die Versorgungslage mit Bargeld im Vergleich zur Vorjahresperiode entwickelt hat.

Anmerkungen zur Methode

Hauptergebnisse

Die Ergebnisse der aktualisierten Studie zeigen erneut, dass die österreichische Bevölkerung im Durchschnitt gut mit Geldausgabeautomaten versorgt ist und daher guten Zugang zu Bargeld hat. Im Vergleich zur Vorjahresperiode haben sich die Ergebnisse kaum verändert.

  • Für den Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung ist der nächstgelegene Geldausgabeautomat in einer Wegstrecke von 1,1 km (2019: 1,2km) erreichbar. Es werden durchschnittlich rund drei Minuten reine Fahrzeit (sowohl 2019 als auch 2020) benötigt.
  • Zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher haben weniger als 1 km Wegstrecke und 97 % der Bevölkerung haben weniger als 5 km (sowohl 2019 als auch 2020).
Landkarte: durchschnittliche Distanz zum nächsten Geldautomaten

Durchschnittliche Wegstrecken zum nächsten Geldautomaten nach 1 x 1 km-Rasterzellen
Die oben dargestellte Landkarte symbolisiert die durchschnittliche Entfernung von der Wohnadresse zum nächstgelegenen Geldautomaten. Je dunkler die Farbe, desto länger ist die Wegstrecke. Unbewohnte Gebiete sind weiß. 

Dunkel eingefärbte Bereiche, d. h. längere durchschnittliche Wegstrecken, können im gesamten Bundesgebiet (außer in Wien) beobachtet werden. Vergleichsweise häufiger sind diese Zellen in Kärnten, Niederösterreich und der Steiermark zu finden. Dabei ist zu beachten, dass viele Gebiete mit längeren Wegstrecken relativ dünn besiedelt sind. Insgesamt haben nur 2,7 % der Bevölkerung eine Wegstrecke von über 5 km zurückzulegen. Werden die Ergebnisse auf Gemeindeebene betrachtet, dann zeigt sich, dass in einem geringen Anteil österreichischer Gemeinden auch weitere Wegstrecken zurückzulegen sind. Zum Beispiel haben in 75 österreichischen Gemeinden die Bewohnerinnen und Bewohner eine Wegstrecke von über 5 km zurückzulegen. Diese Gemeinden haben im Durchschnitt 800 Einwohnerinnen und Einwohner und sind in allen Bundesländern außer Wien zu finden.

Eine detailliertere Darstellung der Ergebnisse ist auf der OeNB-Website zu finden. In einer interaktiven Landkarte wird für jede der 2.096 österreichischen Gemeinden die durchschnittliche Wegstrecke sowie der Anteil der Bevölkerung mit einer Wegstrecke von über 5 km zusammengefasst:

Interaktive Landkarte

Detaillierte Betrachtung der Ergebnisse nach Gemeinde und Bundesland
Die beiden untenstehenden Grafiken verdeutlichen, wie sich die Distanzen zum nächsten Geldautomaten, jeweils nach Gemeindegröße und nach Bundesland, im Zeitraum 2019 bis 2020 verändert haben.

Distanz zum nächsten Geldautomaten

Die Ergebnisse variieren nach Gemeindegröße. Je größer die Gemeinde, desto weniger Weg muss für die Bargeldbehebung zurückgelegt bzw. desto weniger Zeit muss dafür eingeplant werden. In kleinen Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern liegt die durchschnittliche Entfernung bei 2,1 km. In Wien hingegen ist der nächste Geldautomat im Durchschnitt binnen 390 m erreichbar.

Betrachtet man die Ergebnisse nach Bundesland, so zeigt sich, dass sich nur im Burgenland die durchschnittliche Distanz zum nächsten Geldausgabeautomaten erhöht hat. Dies ist auf die Schließung der Commerzialbank Mattersburg zurückzuführen. Zu beachten ist jedoch, dass es sich hierbei um den Stand von Ende 2020 handelt. Mittlerweile wurde in etlichen Orten, in denen der Geldautomat zusammen mit Filialen der Commerzialbank Mattersburg geschlossen wurde, wieder ein neues Gerät aufgestellt.

Auswirkung der Schließung des letzten Geldautomaten in einer Gemeinde
Nachfolgend soll analysiert werden, wie sich die Schließung des letzten Geldautomaten einer Gemeinde auf die durchschnittlichen Wegstrecken auswirkt. In einem ersten Schritt sollen hierzu die Veränderungen der Anzahl der Geldautomaten für die österreichischen Gemeinden im Zeitraum von 2019 bis 2020 dargestellt werden, wobei die Wiener Bezirke als eigene Gemeinden gezählt werden.

320 von insgesamt 2.117 Gemeinden (inklusive der Wiener Bezirke) in Österreich verfügten 2020 über keinen Geldautomaten.

Anzahl Geldautomaten auf Gemeindeebene  
  Anzahl Gemeinden in % der Gemeinden
 
Kein Gerät 320 15,1
1 Gerät 833 39,4
2 Geräte 333 15,7
3 Geräte 164 7,8
4 Geräte oder mehr 467 22,1
 

Wie bereits erwähnt, sind diese Gemeinden mit einer durchschnittlichen Einwohnerzahl von 900 relativ klein. In elf Gemeinden wurde per Ende 2020 der letzte Geldautomat geschlossen. Für diese Gemeinden zeigt sich eine signifikante Erhöhung der Wegstrecke um im Schnitt 3,3 km (siehe untenstehende Tabelle). Demgegenüber haben sieben Gemeinden im Vergleich zu 2019 einen neuen Geldautomaten hinzubekommen. Insgesamt verfügten 309 Gemeinden weder 2019 noch 2020 über einen Geldautomaten. Die Verfügbarkeit eines Geldautomaten innerhalb der eigenen Gemeinde ist jedoch nicht immer das aussagekräftigste Kriterium, wenn es um die Ermittlung der Wegstrecke geht, die bis zum nächsten Geldautomaten zurückzulegen ist. Zum Beispiel könnte der Weg zum nächstgelegenen Bargeldbezugspunkt im Nachbarort recht kurz sein.

Auswirkung der Schließung des (jeweils) letzten Geldautomaten  
  2019 2020 Veränderung in km
 
  Distanz in km
Mittelwert 1,4 4,7 3,3
Median 0,8 4,4 3,6
 

Fazit

Die Ergebnisse zeigen eine gute Versorgung der österreichischen Bevölkerung mit Geldausgabeautomaten. Dies hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert.

  • Für den Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung ist der nächstgelegene Geldausgabeautomat in einer Wegstrecke von lediglich 1,1 km erreichbar. Es werden durchschnittlich rund drei Minuten reine Fahrzeit benötigt.
  • In urbanen Großzentren mit mehr als 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern beträgt die durchschnittliche Wegstrecke rund 0,5 km.
  • In regionalen Zentren beträgt sie 1,3 km.
  • Im ländlichen Raum sind im Durchschnitt 1,8 km zurückzulegen (die Unterscheidung zwischen urban, regional und ländlich folgt der Definition von Statistik Austria (siehe: Stadt-Land (statistik.at)).
  • Über 80 % der Österreicherinnen und Österreicher haben weniger als 2 km Wegstrecke und 97 % der Bevölkerung haben weniger als 5 km.
  • Es gibt allerdings auch einen relativ kleinen Anteil der Bevölkerung, der größere Wegstrecken bis zum nächsten Geldautomaten zurücklegen muss. In 75 österreichischen Gemeinden beträgt die durchschnittliche Distanz zum nächsten Geldausgabeautomaten mehr als 5km. Diese Gemeinden finden sich in allen Bundesländern, mit Ausnahme von Wien. Dabei handelt es sich überwiegend um kleine Gemeinden mit im Durchschnitt 800 Einwohnerinnen und Einwohnern.

Die OeNB beabsichtigt, diese Entwicklung in den nächsten Jahren in regelmäßigen Abständen zu evaluieren und gegebenenfalls die zugrundeliegenden Analysen um weitere Kriterien, wie z. B. die Altersstruktur der Bevölkerung oder die Verfügbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln, zu erweitern.