Widerstandsfähigkeit des Bankensektors weiterhin hoch, aber Risiken aus Gewerbeimmobilienkrediten steigen

(, Wien)

Präsentation des 48. Financial Stability Report der OeNB

Die österreichische Wirtschaft verzeichnet 2024 das zweite Rezessionsjahr in Folge und auch für das kommende Jahr wird kein starker Aufschwung erwartet. In diesem herausfordernden Umfeld hat der österreichische Bankensektor dennoch sehr hohe Gewinne erwirtschaftet und seine Widerstandsfähigkeit bewiesen. Risikomindernd wirken auch die aufsichtlichen Maßnahmen für die Wohnimmobilienkreditvergabe. Bei Gewerbeimmobilienkrediten steigen die Risiken jedoch weiter, weshalb diese ab Mitte 2025 mit einem zusätzlichen Kapitalpuffer begrenzt werden sollen.

Österreichische Wirtschaft verharrt in Rezession

Die österreichische Wirtschaft befindet sich 2024 das zweite Jahr in einer ausgeprägten Schwächephase. Für diese Entwicklung gibt es zwei wesentliche Ursachen: die Industrierezession und eine ausgeprägte Konsumzurückhaltung. Deshalb hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) zuletzt ihre Wachstumsprognose nach unten revidiert. Für das laufende Jahr wird eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung prognostiziert, und auch für 2025 wird nur ein verhaltenes Wachstum erwartet.[1] In diesem schwierigen Umfeld bleibt die Kreditnachfrage der Unternehmen, insbesondere für längerfristige Investitionen, gedämpft. Aus der Wohnimmobilienkreditvergabe kommen jedoch wieder moderate Wachstumsimpulse, da sich aufgrund steigender Einkommen und leicht fallender Finanzierungskosten die Leistbarkeit verbesserte. Zudem sank der Anteil der Kredite mit variabler Verzinsung, die aufgrund des Zinsrisikos für Kreditnehmende besonders im Fokus der Aufsicht stehen, bei der Neuvergabe auf nur noch ein Fünftel.

Die anhaltend hohe Profitabilität hat die Kapitalisierung des österreichischen Bankensektors weiter gestärkt, allerdings steigen die Risiken aus Krediten an Unternehmen

Getragen von einem weiterhin hohen Zinsergebnis betrug der Gewinn des österreichischen Bankensektors in der ersten Hälfte des Jahres 2024 7 Mrd EUR, was nur knapp unter dem Rekordergebnis der Vorjahresperiode lag. Dazu trug auch das Geschäft im Ausland, das mehr als 40 % der Bilanzsumme ausmacht, kräftig bei. Die Gewinne der österreichischen Tochterbanken in Zentral-, Ost- und Südosteuropa erreichten ein neues Hoch knapp über 3 Mrd EUR. Durch die Einbehaltung von Gewinnen konnten die Banken ihre Widerstandsfähigkeit erhöhen. Die harte Kernkapitalquote des Sektors erreichte 17,7 %, wobei die österreichischen Großbanken über dem Durchschnitt europäischer Großbanken lagen.

In der ersten Jahreshälfte 2024 verschlechterte sich jedoch die Kreditqualität. Aufgrund der ausgeprägten Schwächephase der heimischen Wirtschaft stieg der Anteil notleidender Kredite auf 2,7 %, wobei vor allem Gewerbeimmobilien- und KMU-Kredite besonders starke Anstiege verzeichneten. Die Bildung von Risikovorsorgen hielt mit dieser Entwicklung allerdings nicht Schritt. Dessen ungeachtet: Im jüngst von der OeNB durchgeführten Stresstest, der im adversen Szenario fallende Zinssätze (und -margen) sowie eine verschlechterte Qualität der Gewerbeimmobilienkredite simuliert, weist das österreichischen Bankensystem eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen potenzielle Schocks auf.

Die aufsichtlichen Maßnahmen für die Wohnimmobilienkreditvergabe in Österreich (KIM-V) sind effektiv und haben die Finanzstabilität gestärkt. Im ersten Halbjahr 2024 lag der Anteil nachhaltiger Neukredite in diesem Marktsegment über 80 %[2] und der Anteil notleidender Kredite blieb gering. Gleichzeitig haben fast zwei Drittel der Banken das ihnen zur Verfügung stehende Ausnahmenkontigent nicht mal zur Hälfte ausgenutzt. Im Bereich der Gewerbeimmobilienkredite, der seit Jahren im aufsichtlichen Fokus ist, steigen die Risiken jedoch, da vergangene Zinsanstiege die Schwachstellen in der Finanzierung dieses Sektors offenlegten. Dabei stieg die Anzahl an Unternehmensinsolvenzen ebenso wie das Volumen notleidender Kredite in den Bankbilanzen. Das führte dazu, dass sich der Anteil notleidender Gewerbeimmobilienkredite in Österreich von seinem Tiefststand 2020 bis Mitte 2024 auf 5,5% mehr als verdoppelt hat. Die Preise von Gewerbeimmobilien – ein wichtiger Sicherheitspolster, um Banken bei Kreditausfällen zu schützen – bleiben ebenfalls unter Druck. In diesem Kontext hat das österreichische Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) festgestellt, dass potenzielle Verluste aus Gewerbeimmobilienkrediten im Fall einer weiteren Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds ein erhöhtes Finanzstabilitätsrisiko darstellen können. Deshalb hat das FMSG der Finanzmarktaufsicht empfohlen, einen sektoralen Systemrisikopuffer von zunächst 1 % per Mitte 2025 einzuführen.[3]

Empfehlungen der OeNB zur Stärkung der österreichischen Finanzstabilität

Um für zukünftige Herausforderungen gewappnet zu sein und die Finanzstabilität weiter zu stärken, empfiehlt die OeNB den Banken daher:

  • Die Absicherung bzw., wo notwendig, weitere Stärkung der Kapitalbasis durch Zurückhaltung bei Gewinnausschüttungen,
  • die Sicherstellung nachhaltiger Vergabestandards bei Immobilienkrediten sowie die Vorbereitung auf strengere aufsichtliche Anforderungen für Gewerbe¬immobilien-kredite,
  • die adäquate Risikosteuerung, einschließlich höherer Wertberichtigungen und einer konservativen Sicherheitenbewertung, sowie
  • die Sicherung einer nachhaltigen Profitabilität durch Kostendisziplin und Investitionen sowohl in Informationstechnologien als auch zum Schutz vor Cyberrisiken und den Auswirkungen des Klimawandels.

Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial Stability Report der OeNB analysiert finanzstabilitätsrelevante Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld sowie Spezialthemen im Zusammenhang mit der Finanzstabilität.
 

[1]Siehe Österreichische Wirtschaft verharrt in Rezession, Inflationsschock kommt zu einem Ende - Oesterreichische Nationalbank (OeNB)
[2]Nachhaltige Kredite haben eine maximale Beleihungsquote in Höhe von 90%, eine Schuldendienstquote von höchstens 40% und eine Laufzeit von längstens 35 Jahren.
[3]Für weitergehende Informationen: FMSG - Presseaussendung zur 42. Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums

 

Video

Aufzeichnung der Pressekonferenz vom 12.11.2024