Nur milde Rezession zum Jahreswechsel trotz hoher Energiepreise

(, Wien)

Gesamtwirtschaftliche Prognose für Österreich 2022 bis 2025 vom Dezember 2022

Im Jahr 2022 war die Wirtschaftsentwicklung in Österreich zweigeteilt: Das erste Halbjahr war noch stark von coronabedingten Aufholprozessen geprägt, während die zweite Jahreshälfte aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der hohen Inflation deutlich schwächer ausfällt. Für das Gesamtjahr 2022 ergibt sich in Summe noch ein sehr kräftiges Wirtschaftswachstum von 4,9 %.

Aufgrund der zuletzt schwachen Entwicklung der Industrie, sinkender Export- und Produktionserwartungen, einem schwächeren internationalen Umfeld und hoher Energiepreise wird eine technische Rezession, d. h. zwei aufeinanderfolgende Quartale mit negativem Wachstum, für den Jahreswechsel 2022/23 erwartet. Im Wohnbau geht ein langer, ausgeprägter Zyklus mit zuletzt hohen Zuwachsraten zu Ende, und das Wachstum der Wohnbauinvestitionen dreht ins Minus. Im Verlauf des Jahres 2023 erholt sich die internationale Konjunktur nur zögerlich und die Inflation bleibt vergleichsweise hoch. Das Wirtschaftswachstum wird 2023 daher mit 0,6 % nur schwach positiv ausfallen. Für das Jahr 2024 wird eine deutliche Erholung der globalen Konjunktur und ein Nachlassen des Inflationsdrucks erwartet. Vor diesem Hintergrund führt die verzögerte Inflationsabgeltung zu einem kräftigen Anstieg der Reallöhne und einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstums auf 1,7 %. Im Jahr 2025 wird das Wachstum bei 1,6 % zu liegen kommen. Innerhalb des Prognosezeitraums wird nicht von Produktionseinschränkungen aufgrund hoher Energiepreise oder Gasrationierungen ausgegangen, ein gänzlicher Ausfall russischer Gaslieferungen ohne entsprechende Sicherung alternativer Versorgungsquellen stellt jedoch ein Wachstumsrisiko (insbesondere für 2023/24) dar.

Der Arbeitsmarkt ist von einem anhaltenden Arbeitskräftemangel gekennzeichnet. Daher wird trotz der milden Rezession zum Jahreswechsel nur mit einem geringen Anstieg der Arbeitslosenquote (gemäß AMS) von 6,3 % im Jahr 2022 auf 6,6 % im Jahr 2023 gerechnet, gefolgt von einem Rückgang auf 6,5 % im Jahr 2024 und 6,3 % im Jahr 2025.

Die Inflation laut HPVI erreicht im Jahr 2022 – getrieben von den Energiepreisen – mit 8,6 % ihren Höhepunkt. Infolge rückläufiger Rohstoff- und Energiepreise wird sich der Preisauftrieb im Jahr 2023 auf 6,5 % verlangsamen und in den Jahren 2024 und 2025 weiter auf 3,6 % bzw. 2,9 % zurückgehen. Die Inflation bleibt damit aber auch mittelfristig deutlich über ihrem langjährigen Durchschnitt. Bei der Haushaltsenergie wird in den nächsten Monaten noch mit weiteren Preissteigerungen gerechnet, die allerdings durch das mit Dezember 2022 in Kraft getretene Stromkostenzuschussgesetz abgefedert werden. 2022 sollte die Jahresinflation von Energie 41,0 % betragen und in den Jahren 2023 bis 2025 auf 9,5 %, 2,6 % bzw. 1,0 % zurückgehen. Die Energiepreisanstiege der Jahre 2021 und 2022 führten in diesen beiden Jahren zu Einkommensabflüssen ins Ausland von in Summe 13 Mrd EUR.

Der Budgetsaldo verbessert sich 2022 deutlich auf –2,9 % des BIP, wofür die angesichts der konjunkturellen Erholung ungewöhnlich hohen Steuereinnahmen maßgeblich sind. Die weitere Verbesserung des Budgetsaldos 2023 lässt sich auf den weiteren Rückgang der COVID-19-Maßnahmen und die im Vergleich zu 2022 geringeren Nettokosten der Energiepakete zurückführen. In den Folgejahren führen die Abschaffung der kalten Progression und die ökosoziale Steuerreform zu einer Stabilisierung des Budgetdefizits bei –2,2 % des BIP. Der starke Rückgang der Schuldenquote um mehr als zehn Prozentpunkte bis 2025 auf 71,1 % des BIP ist vor allem dem aufgrund der hohen Inflation starken nominellen BIP-Wachstum zuzuschreiben.

OeNB-Prognose vom Dezember 2022 für Österreich  
  2021 2022 2023 2024 2025
 
Wirtschaftliche Aktivität Veränderung zum Vorjahr in % (real)
Bruttoinlandsprodukt  4,7  4,9  0,6  1,7  1,6
Privater Konsum  3,4  4,6  0,1  2,1  1,4
Öffentlicher Konsum  7,9  1,1  -0,5  0,4  0,7
Bruttoanlageinvestitionen  8,8  -2,2  -1,4  1,7  2,0
Exporte insgesamt  10,1  8,6  1,7  3,3  3,7
Importe insgesamt  13,5  2,2  0,5  3,1  3,6
  in % des nominellen BIP
Leistungsbilanzsaldo  0,4  0,5  0,9  1,7  2,6
 
Preise Veränderung zum Vorjahr in %
Harmonisierter Verbraucherpreisindex  2,8  8,6  6,5  3,6  2,9
 
Einkommen und Sparen Veränderung zum Vorjahr in %
Real verfügbares Haushaltseinkommen  2,0  -2,5  -0,3  4,1  2,0
  in % des nominellen verfügbaren Haushaltseinkommens
Sparquote  12,1  5,6  5,2  7,0  7,5
 
Arbeitsmarkt Veränderung zum Vorjahr in %
Unselbstständig Beschäftigte  1,9  2,9  0,5  1,0  1,0
Arbeitsstunden (Arbeitnehmer)  5,3  3,6  -0,5  1,1  1,1
  in % des Arbeitskräfteangebots
Arbeitslosenquote gemäß AMS  8,0  6,3  6,6  6,5  6,3
 
Öffentliche Finanzen in % des nominellen BIP
Budgetsaldo  -5,9  -2,9  -2,0  -2,2  -2,2
Schuldenstand  82,3  77,1  74,4  72,5  71,1