COVID-19-Pandemie bestimmte Geschäftsentwicklung der OeNB auch 2021 – wirtschaftlicher Aufschwung von Inflation und Krieg in Ukraine überschattet

(, Wien)

Nationalbank präsentiert ihren Jahresabschluss und Geschäftsbericht für 2021

„Die COVID-19-Pandemie hat auch im abgelaufenen Jahr 2021 das gesellschaftliche und wirtschaftliche Geschehen in Österreich bestimmt. Die Verfügbarkeit von Impfstoffen und anhaltend expansive staatliche und geldpolitische Maßnahmen stützten in dieser Situation den wirtschaftlichen Aufschwung. Im Jahr 2021 ist die österreichische Wirtschaft mit 4,5 % kräftig gewachsen und die ursprünglichen Prognosen für 2022 standen unter positiven Vorzeichen. Diese Erwartungshaltung musste allerdings aufgrund der am 24. Februar 2022 erfolgten Invasion in der Ukraine durch die Russische Föderation revidiert werden. Die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist durch diesen Krieg und seine Folgen wesentlich beeinflusst und markiert einen Wendepunkt“, sagte Robert Holzmann, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), heute anlässlich der Präsentation des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts 2021 der OeNB.

„Die OeNB bekundet dem ukrainischen Volk ihre volle Unterstützung“, so Gouverneur Holzmann. Österreich hat seine hohe Hilfsbereitschaft einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Auch die OeNB und ihre Mitarbeitenden haben durch Spenden für heimische Hilfsorganisationen Unterstützung geleistet. Ferner wird die OeNB im Rahmen ihrer Möglichkeiten spezielle wissenschaftliche und kulturelle Unterstützung in Kooperation mit österreichischen Bildungseinrichtungen für ukrainische Studierende und Lehrpersonal anbieten. Darüber hinaus beteiligt sich die OeNB als Teil des Eurosystems an jeglichen Maßnahmen, die vom EZB-Rat ergriffen werden, um komfortable Liquiditätsbedingungen zu gewährleisten, die beschlossenen Sanktionen umzusetzen sowie das Preisstabilitätsmandat zu erfüllen und die Finanzstabilität zu gewährleisten.

Krieg in der Ukraine bremst BIP-Wachstum und führt zu Inflationsanstieg

Die negativen Auswirkungen des Krieges werden, wie das aktuelle Interimsupdate der OeNB-Prognose vom März 2022 zeigt, das österreichische Wirtschaftswachstum dämpfen und gleichzeitig die am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessene Inflation erhöhen. Österreichs reales BIP wird unter der Annahme eines zeitnahen Endes der kriegerischen Auseinandersetzungen im Jahr 2022 um 3,5 % wachsen, und die Inflationsrate wird bei 5,3 % liegen. Dies bedeutet ein um 0,8 Prozentpunkte schwächeres BIP-Wachstum und eine um 2,1 Prozentpunkte höhere Inflation als noch im Dezember 2021 angenommen. Dabei ist die BIP-Abwärtsrevision ungefähr zur Hälfte und die Inflationsaufwärtsrevision zu einem Viertel auf die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine zurückzuführen. Für die Jahre 2023 und 2024 wird ein geringeres BIP-Wachstum von 2,2 % bzw. 2,0 % erwartet, während die Inflationsrate auf 2,9 % bzw. 2,3 % zurückgehen sollte. Bei der Berechnung von Alternativszenarien, die von einer längeren Kriegsdauer sowie einer Intensivierung des Konflikts und der Sanktionen ausgehen und auch den Ausfall von russischen Gaslieferungen inkludieren, wären deutlich stärkere BIP- und Inflationseffekte zu erwarten.     

Österreichischer Bankensektor resilient, jedoch wachsende Herausforderungen

„Die vorausschauenden aufsichtlichen mikro- und makroprudenziellen Maßnahmen seit 2008 sowie die Bemühungen der Banken, ihr Geschäftsmodell nachhaltiger zu gestalten, haben die Finanzmarktstabilität in Österreich gestärkt“, attestiert Vize-Gouverneur Gottfried Haber. Dadurch konnte der Bankensektor während des bisherigen Pandemieverlaufs eine stabile und zentrale Rolle zur Aufrechterhaltung der Liquidität des österreichischen Unternehmenssektors gewährleisten. So hat sich etwa die Kapitalausstattung der Banken seit damals auf knapp 16 Prozent verdoppelt, und auch die Liquiditätsausstattung ist hoch. Die in der CESEE-Region (Zentral-, Süd- und Südosteuropa) engagierten österreichischen Banken sind regional diversifiziert, haben die Abhängigkeit ihrer Töchter abgebaut und vorrangig mittels lokaler Refinanzierung Risiken reduziert.

Die durch die russische Invasion in die Ukraine schlagend gewordenen Risiken stellen aus derzeitiger Sicht keine Gefährdung für die Finanzmarktstabilität dar.

Des Weiteren verweist Vize-Gouverneur Haber auf den von der OeNB erstmals durchgeführten nationalen Klimastresstest für den Bankensektor, mit dem die OeNB eine Vorreiterposition im internationalen Feld einnimmt. Dieser zeige, dass die Transitionsrisiken, insbesondere aus einer CO2-Bepreisung, für Österreichs Banken beherrschbar sind.

Die OeNB hat auf Basis der Empfehlungen internationaler Institutionen erfolgreich an der Umsetzung von rechtlich-bindenden kreditnehmerbezogenen Maßnahmen mitgearbeitet, um Risiken aus der Wohnimmobilienfinanzierung in Österreich zu mitigieren.

Im Jahr 2021 hat die OeNB – als größter österreichischer Anbieter öffentlicher Finanzstatistiken – die Entwicklung einer neuen Datenstrategie eingeleitet, deren Ziel es ist, das reichhaltige und rasch wachsende Angebot an Daten den Userinnen und Usern zur Verfügung zu stellen. Zudem wurde das außenwirtschaftliche Meldewesen der OeNB modernisiert und ein Projekt des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) gestartet, das durch Schaffung effizienterer Meldeprozesse nach österreichischem Vorbild die Geschäftsbanken zukünftig entlasten soll.

Geldpolitik mit neuen strategischen Weichenstellungen

„Das Eurosystem reagierte auf den Anstieg der Inflation im Jahr 2021 mit einem Beschluss über das plangemäße Auslaufen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) mit März 2022. Das erweiterte Programm zum Ankauf von Finanztiteln (Expanded Asset Purchase Programme – APP) wird bis Juni 2022 schrittweise reduziert. „Abgesehen davon stand das Jahr 2021 insbesondere unter dem Zeichen entscheidender strategischer Weichenstellungen. So wurde die erste neue geldpolitische Strategie der EZB seit 18 Jahren mit einem symmetrischen Inflationsziel von mittelfristig 2 % beschlossen“, so OeNB-Gouverneur und EZB-Ratsmitglied Holzmann weiter. In der Arbeitsgruppe zur Produktivität führte die OeNB gemeinsam mit der EZB den Vorsitz. Die neue geldpolitische Strategie der EZB berücksichtigt auch den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Preisstabilität.

Klimawandel stellt globale Herausforderung dar

Der Klimawandel, der dadurch ausgelöste globale Temperaturanstieg und die Zunahme von extremen Wetterereignissen sowie die Umstellung auf nachhaltigeres Wirtschaften beeinflussen die Preisstabilität, da sie Effekte auf makroökonomische Größen wie Preise, Produktion, Zinsen, Finanzstabilität sowie auf die geldpolitische Transmission haben. Das Eurosystem will seine analytischen Kapazitäten im Hinblick auf den Klimawandel ausbauen und klimaspezifische Effekte stärker in makroökonomischen Modellen, bei statistischen Erhebungen und im geldpolitischen Instrumentarium berücksichtigen. „Der Klimawandel stellt eine globale Herausforderung dar und wird von der OeNB im Rahmen der vom Eurosystem initiierten Maßnahmen sehr ernst genommen. Die OeNB veranstaltete im vergangenen Jahr eine international hochrangig besetzte Konferenz zum Thema Klimawandel und konnte mit Lord Nicholas Stern einen der weltweit führenden Experten zu diesem Thema gewinnen“, so Gouverneur Holzmann.

OeNB-Direktor Thomas Steiner ergänzte, „dass im Rahmen des Risikomanagements bereits seit vielen Jahren auch spezifische Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden. Weiters trug die Veranlagungsstrategie der OeNB den Entwicklungen auf den Finanzmärkten im Jahr 2021 Rechnung und war durch eine umfassende Neuausrichtung gekennzeichnet.“

Geschäftliches Ergebnis der OeNB beläuft sich auf 94 Mio EUR

„Die vom EZB-Rat in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 beschlossenen und im Jahr 2021 fortgeführten Maßnahmen im Bereich der Geldpolitik haben sich in der Bilanz und im geschäftlichen Ergebnis der OeNB auch im Geschäftsjahr 2021 deutlich ausgewirkt“, führte Direktor Steiner anhand von Details zur Bilanz und Gewinn- und Verlust-Rechnung aus.

Mit 275 Mrd EUR erreichte die Bilanzsumme erneut einen historischen Höchststand – im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um rund 46 Mrd EUR bzw. 20 %. Auf der Aktivseite haben weiterhin vor allem die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (Targeted longer-term refinancing operations – TLTRO III) sowie die geldpolitischen Wertpapier-Ankaufsprogramme zum Wachstum der Bilanzsumme beigetragen. Die geldpolitischen Operationen machten zum Jahresultimo 2021 mit insgesamt 195 Mrd EUR bereits 71 % der Bilanzsumme aus. Auf der Passivseite kam es zu einer Erhöhung der Einlagen auf Girokonten von mindestreservepflichtigen Kreditinstituten auf 112 Mrd EUR (im Vergleich zu 101 Mrd EUR im Vorjahr).

Mit 90 Mio EUR zeigte das Nettozinsergebnis einen starken Rückgang um 284 Mio EUR (2020: 374 Mio EUR). Aus den gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften – vor allem aus den TLTRO III – resultierten sehr hohe Zinsaufwendungen in Höhe von 798 Mio EUR. Im Vorjahr waren diese mit 370 Mio EUR noch deutlich geringer. Im Gegensatz dazu leisteten einerseits die Einlagen auf Girokonten von mindestreservepflichtigen Kreditinstituten durch die Negativverzinsung des Überschusses der Mindestreserve sowie andererseits die Einlagefazilität mit 500 Mio EUR Zinserträgen einen positiven Beitrag zum Nettozinsergebnis (2020: 217 Mio EUR).

Das Nettoergebnis aus Finanzoperationen, Abschreibungen und Risikovorsorgen belief sich im Geschäftsjahr 2021 auf –47 Mio EUR und verbesserte sich somit im Vergleich zum Vorjahr deutlich (2020: –337 Mio EUR). Durch die Anpassung der Veranlagungsbestände an eine neue Veranlagungsstruktur konnten hohe realisierte Gewinne aus Finanzoperationen erzielt werden. Zudem war der Abschreibungsbedarf auf Fremdwährungen mit 42 Mio EUR deutlich geringer als im Vorjahr (2020: 297 Mio EUR). Zur Stärkung der Risikovorsorgen wurden der Risikorückstellung 220 Mio EUR zugewiesen.

„Aufgrund zusätzlicher positiver Einflussfaktoren, vor allem des hohen Nettoergebnisses aus monetären Einkünften, welches aus der Umverteilung im Eurosystem resultiert“, so Direktor Steiner, „ist das geschäftliche Ergebnis 2021 auf 94 Mio EUR gestiegen. Dies schlägt auch bis zum 90-prozentigen Gewinnanteil des Bundes durch, welcher sich auf 57 Mio EUR beläuft. Zusätzlich werden 24 Mio EUR Körperschaftsteuer an den Bund abgeführt.“

Bargeld ist unverändert beliebtestes Zahlungsmittel

Die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Bargeld erfüllt die OeNB zuverlässig. Auch in der Pandemie war dies zu jedem Zeitpunkt gewährleistet. „Österreich“, so OeNB-Direktor Eduard Schock, „ist und bleibt ein Bargeld-Land. Zwar haben die unbaren Zahlungsvorgänge in den beiden Jahren der Pandemie wie erwartet spürbar zugenommen, aber mit großem Abstand bleibt Bargeld das beliebteste Zahlungsmittel. Und obwohl ein Großteil der Bevölkerung über Bezahlkarten verfügt, wollen über 90 % keinesfalls auf das Bargeld verzichten.“ „Bargeld“, so Direktor Schock weiter, „ist fälschungssicher, steht auch in Krisen und Blackouts zur Verfügung, schützt bei Verwendung die Privatsphäre und ist das einzige vollkommen inklusive Zahlungsmittel. Kurz: die Österreicherinnen und Österreicher haben gute Gründe, warum für sie das Bargeld nach wie vor die Nummer Eins beim Bezahlen ist“.

Die OeNB nimmt neben der Erfüllung ihrer Kernaufgaben auch ihre gesellschaftliche Verantwortung wahr und fördert Forschung, Wirtschaft, Kunst und Kultur. Im Jahr 2021 ist die bisherige Basisfinanzierung für österreichische Wirtschaftsforschungsinstitute durch ein neues transparentes System reformiert worden.

Am Ende der Pressekonferenz dankte Gouverneur Holzmann, auch im Namen des Generalrats und des Direktoriums, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die ausgezeichnete Zusammenarbeit.

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Kurzbericht zum Geschäftsbericht und Jahresabschluss 2021

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Pressekonferenz anlässlich der Präsentation des Geschäftsberichts 2021 der OeNB mit Gouverneur Robert Holzmann, Vize-Gouverneur Gottfried Haber, Direktor Eduard Schock und Direktor Thomas Steiner.