Staatliche Kreditgarantien und geldpolitische Maßnahmen des Eurosystems unterstützen Kreditvergabe der Banken an Unternehmen
(, Wien)Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft vom Oktober 2020 (Bank Lending Survey)
Die Geldpolitik des Eurosystems und staatliche Kreditgarantien sichern die Liquidität und günstige Finanzierungsbedingungen während der COVID-19-Pandemie. Trotzdem passen die Banken ihre Kreditangebotspolitik an die geänderte Risikosituation und die unsicheren Aussichten an. Unternehmen fragen Kredite vor allem zur Aufrechterhaltung ihrer Zahlungsfähigkeit und ihres Betriebs in der aktuellen Krise nach. Der Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen ist hingegen eingebrochen. Während die Nachfrage nach Wohnbaukrediten wieder leicht steigt, ist jene nach Konsumkrediten zurückgegangen. Das zeigen die Ergebnisse der vierteljährlichen Umfrage über das Kreditgeschäft, in der führende Banken im Euroraum und damit auch in Österreich nach ihren Einschätzungen gefragt werden. Die Umfrage wurde in der zweiten Septemberhälfte 2020 durchgeführt.
Geldpolitische Maßnahmen des Eurosystems unterstützen Kreditvergabe und sichern günstige Finanzierungsbedingungen
In der aktuellen Umfragerunde über das Kreditgeschäft wurden die Banken auch zu den Auswirkungen der geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems befragt. Die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte werden von den Banken hauptsächlich aufgrund der attraktiven Bedingungen sehr gut angenommen und wirken sich positiv auf ihre finanzielle Situation aus – vor allem über eine Stärkung ihrer Liquidität und ihrer Profitabilität. Auch ihre Refinanzierungsbedingungen am Markt und ihre Fähigkeit, Anforderungen der Bankenaufsicht und -regulierung zu erfüllen, haben sich durch die gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte verbessert. Die durch die Geschäfte verfügbaren Mittel werden auch für die Kreditvergabe verwendet, was den Zielsetzungen dieses Maßnahmenpakets entspricht.
Den Umfrageergebnissen zufolge haben die Wertpapier-Ankaufprogramme des Eurosystems positive Auswirkungen auf Liquidität und Finanzierungsbedingungen der österreichischen Banken, aber nachteilige Effekte auf ihre Ertragslage. Auch der negative Zinssatz der EZB-Einlagefazilität bringt eine Belastung der Ertragslage der Banken mit sich. Das im Herbst 2019 eingeführte zweistufige System für die Verzinsung von Überschussliquidität verringert diese Belastung jedoch. Über gesunkene Kreditzinsen wirkt der negative Zinssatz der EZB-Einlagefazilität vorteilhaft auf die Finanzierungsbedingungen von Unternehmen und privaten Haushalten.
Staatliche Kreditgarantien federn Folgen der Krise wesentlich ab
Die Umfrage zeigt, dass staatliche Garantien für Unternehmenskredite in der COVID-19-Krisenzeit eine wichtige Rolle spielten und spielen. Die Garantien haben es den Banken ermöglicht, bei der Kreditvergabe weniger restriktiv zu sein, als sie es ohne staatliche Garantien aus wirtschaftlichen und regulatorischen Gründen hätten sein müssen. Das nachgefragte Garantievolumen ist über den Sommer allerdings deutlich zurückgegangen. Weiters betonen die Banken, dass auch bei einer Vergabe mit Garantie die Rückzahlbarkeit des Kredits durch das kreditnehmende Unternehmen gegeben sein muss.
Demzufolge haben die Banken bereits seit dem ersten Quartal 2020 die Kreditbedingungen für neu vergebene Unternehmenskredite verschärft. Kreditbedingungen sind die speziellen Konditionen des Kreditvertrags (Margen, Nebenkosten, Erfordernisse für Sicherheiten usw.). Die Margen wurden in den ersten drei Quartalen 2020 laufend erhöht, besonders bei risikoreicheren Krediten. Neben den Margen wurden die Banken zuletzt auch bei anderen Kreditbedingungen, wie den Erfordernissen für Sicherheiten, strenger. Im dritten Quartal 2020 wurden zudem die Kreditrichtlinien für Unternehmenskredite verschärft. Kreditrichtlinien sind interne Kriterien der Banken für ihre Kreditvergabe. Die Verschärfungen ihrer Kreditangebotspolitik begründeten die Banken vor allem mit einer geänderten Risikoeinschätzung sowie mit ihrer Risikotoleranz.
Die Nachfrage nach Unternehmenskrediten ist im dritten Quartal 2020 nur mehr leicht gestiegen. In den ersten beiden Quartalen 2020 gab es noch außergewöhnlich große Nachfragesteigerungen. Diese Anstiege sind auf den Bedarf der Unternehmen zur Aufrechterhaltung ihrer Zahlungsfähigkeit und ihres Betriebs in der aktuellen Krise zurückzuführen. Der Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen ist hingegen eingebrochen.
Nachfrage nach Wohnbaukrediten leicht gestiegen
Anders als im Unternehmenskundengeschäft fallen die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie – gemäß den Umfrageergebnissen – im Kreditgeschäft mit privaten Haushalten moderater aus. Die Banken haben aufgrund der geänderten Risikosituation ihre Angebotspolitik hier hauptsächlich im zweiten Quartal 2020 gestrafft.
Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten ist im dritten Quartal 2020 wieder etwas gestiegen (im Vergleich zum zweiten Quartal 2020). Damit setzte sich ein seit 2019 bestehender, mit dem niedrigen Zinsniveau begründeter Trend fort. Die Nachfrage nach Konsum- und sonstigen Krediten blieb im dritten Quartal 2020 weitgehend unverändert, nachdem sie im zweiten Quartal 2020 deutlich zurückgegangen war. Dieser Einschnitt wurde mit gesunkenem Konsumentenvertrauen und geringeren Ausgaben für langlebige Wirtschaftsgüter begründet. Davor hatte sich die Nachfrage nach Konsum- und sonstigen Krediten von Mitte 2017 bis zum ersten Quartal 2020 kaum verändert.
Die Zentralbanken des Euroraums – in Österreich die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) – führen gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Anfang 2003 viermal jährlich eine Umfrage über das Kreditgeschäft im Euroraum durch, um ihren Informationsstand über das Kreditvergabeverhalten der Banken, die Kreditnachfrage von Unternehmen und privaten Haushalten, sowie sonstige die Geldpolitik betreffende Themen zu verbessern. Dabei wurden zuletzt 143 führende Banken aus allen Ländern des Euroraums befragt, darunter acht Institute aus Österreich.
Eine ausführliche Darstellung der österreichischen Ergebnisse wird in Statistiken – Daten & Analysen Q4/2020 und vorab auf der OeNB-Website veröffentlicht. Dort finden sich auch weitere Informationen und Daten zu den Österreich-Ergebnissen der Umfrage.
Die Resultate für den Euroraum werden von der EZB auf ihrer Website publiziert.