Niedrige Zinssätze als unterstützende Rahmenbedingung für die Bewältigung der Coronakrise
(, Wien)Zinssätze, Kredite und Einlagen in Österreich
Angesichts der vielfältigen Herausforderungen der COVID-19 Krise stellen die in der Vergangenheit von der EZB durchgeführten expansiven geldpolitischen Maßnahmen und die damit einher gegangenen niedrigen Kundenzinssätze im Kreditneugeschäft eine unterstützende Rahmenbedingung für die österreichischen Unternehmen und privaten Haushalte dar. Die skizzierte Entwicklung basiert noch auf Daten vor der COVID-19 Krise und zeigt für das Jahr 2019 ein stabiles Kreditwachstum und historisch niedrige Kreditzinssätze. Erste potenzielle Auswirkungen der Krise und der in diesem Zusammenhang gesetzlich beschlossenen Maßnahmen (z. B. 38 Mrd EUR Hilfspaket, Stundung von Kreditrückzahlungen) auf Kreditvergabe, Kreditwachstum und Zinssätze sollten anhand der statistischen Daten frühestens ab Ende April ersichtlich sein.
Die expansiven geldpolitischen Maßnahmen bzw. die daraus folgenden geringeren Geldmarktzinssätze haben im Jahr 2019 in Österreich zu weiteren Zinssenkungen bei den Kundenzinssätzen für das Kreditneugeschäft geführt. Unternehmen profitierten im Jahr 2019 von günstigeren Finanzierungskonditionen. Die Zinssätze sowohl für Kredite an selbstständig Erwerbstätige als auch für Unternehmenskredite bis 1 Mio EUR erreichten in Österreich im Dezember 2019 mit 1,86 % bzw. 1,63 % historische Tiefststände. In beiden Fällen lagen die Zinskonditionen in Österreich unter den Euroraum-Durchschnitten von 2,09 % bzw. 1,84 %, die sich ebenfalls auf neuen Tiefstständen befanden. Bei Großkrediten über 1 Mio EUR waren in Österreich keine deutlichen Veränderungen zu erkennen. Mit einem kapitalgewichteten Durchschnittszinssatz von 1,36 % lag Österreich in diesem Segment auch geringfügig über dem Euroraum-Durchschnitt von 1,27 %.
Robustes Kreditwachstum bei Österreichs Unternehmen
Das geringe Zinsniveau hat im letzten Jahr die Kreditaufnahme von Unternehmen begünstigt. Diese weiteten ihr aushaftendes Kreditvolumen bei österreichischen Banken um 6,3 % (+9,6 Mrd EUR) auf insgesamt 163,4 Mrd EUR aus. Diese Entwicklung wurde ausschließlich von Krediten mit einer Laufzeit von über einem Jahr positiv beeinflusst (Jahreswachstumsrate von 8,8%), während hingegen kurzfristige Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr mit –5,1% abgebaut wurden.
Gleichzeitig stieg das Einlagenvolumen nichtfinanzieller Unternehmen bei österreichischen Banken im Jahr 2019 um 5,2 % (+3,5 Mrd EUR) auf den neuen Höchststand von 70,9 Mrd EUR an. Neben den niedrigen Kreditzinssätzen dürfte der hohe Bestand an kurzfristig verfügbaren Bankeinlagen eine weitere Unterstützung für Unternehmen bei der Bewältigung des sich abzeichnenden Wirtschaftsabschwungs sein. Im Euroraum insgesamt war der Einlagenanstieg von Unternehmen bei Banken im Jahr 2019 – trotz den sich immer stärker verbreitenden Negativ-Zinssätzen – mit +6,0 % noch stärker ausgeprägt.
Langfristige Wohnbaukredite noch nie so günstig
Private Haushalte profitierten 2019 vor allem bei neuen Wohnbaukrediten von neuerlichen Zinssatzsenkungen. Insbesondere Kreditzinssätze mit sehr langen Zinsbindungen (über 10 Jahre) waren mit einem Wert von 1,61 % um 62 Basispunkte niedriger als im Vorjahr verzinst. Der Zinsaufschlag zwischen variabel verzinsten Krediten (1,20 %) und Krediten mit über 10-jähriger Zinsbindung wies damit in Österreich nur noch einen Wert von 41 Basispunkten auf. Dieser Umstand ließ die Nachfrage nach Krediten mit sehr langen Zinsbindungen (über 10 Jahre) weiter ansteigen, sodass deren Anteil am gesamten Neugeschäft im Dezember 2019 mit 42 % bereits geringfügig über jenem von variabel verzinsten Krediten lag.