Zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise hat sich die Lage der österreichischen Banken normalisiert
(, Wien)Präsentation des 35. Financial Stability Report der OeNB
Zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise ist das österreichische Bankensystem zur Normalität zurückgekehrt. Nach den großen Restrukturierungen der letzten Jahre haben die Bankengewinne wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht. Dennoch bleibt es wichtig, effizienzsteigernde Maßnahmen voranzutreiben, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und über die Einbehaltung von Gewinnen die Risikotragfähigkeit der Banken weiter zu stärken. Um die Finanzmarktstabilität dauerhaft zu sichern, sollen die Banken auch auf eine nachhaltige Kreditvergabe, insbesondere bei Immobilienfinanzierungen, achten.
„Die jüngsten Marktturbulenzen führten zu gestiegenen Risikoprämien bei Staatsanleihen und zu Kursverlusten auf den europäischen Aktienmärkten. Das unterstreicht die Notwendigkeit, auf dem Weg zu einem stabilen Rahmenwerk für den europäischen Banken- und Finanzmarkt möglichst schnell voranzuschreiten“, sagte Gouverneur Ewald Nowotny anlässlich der Präsentation der 35. Ausgabe des Financial Stability Report der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Die österreichische Wirtschaft verzeichnete im Jahr 2017 erneut ein dynamisches Wachstum. Dabei profitierten sowohl Unternehmen als auch private Kreditnehmer von historisch niedrigen Zinsen. Auch Zentral-, Ost- und Südosteuropa (CESEE) erlebt weiterhin eine starke wirtschaftliche Expansion, was sich auch in den Gewinnen der österreichischen Tochterbanken widerspiegelt.
Das kräftige Wirtschaftswachstum des Vorjahres unterstützte die Ertragskraft österreichischer Unternehmen und hat sowohl deren Schuldendienst erleichtert als auch ihr internes Finanzierungspotenzial gestärkt. Die anhaltende Erholung der Investitionen erhöhte den Finanzierungsbedarf österreichischer Unternehmen. Trotz der zunehmenden Aufnahme von Eigenkapital entfiel auch im Jahr 2017 ein Großteil der externen Finanzierung von nichtfinanziellen Unternehmen auf Kreditinstrumente. Zum ersten Mal seit fünf Jahren stellte dabei der heimische Finanzsektor die wichtigste Fremdfinanzierungsquelle für den österreichischen Unternehmenssektor dar und stellte knapp die Hälfte der Finanzierungsmittel bereit, nachdem in den beiden Jahren zuvor der größte Anteil aus ausländischen Finanzierungsquellen stammte.
Bei den privaten Haushalten führte die geringere Sparquote im Jahr 2017 zu einem Rückgang der Geldvermögensbildung. Im Niedrigzinsumfeld zeigten die privaten Haushalte weiterhin eine starke Präferenz für hochliquide Bankeinlagen, während Nettoveranlagungen in Lebensversicherungen und Pensionsvorsorge im Jahr 2017 negativ waren. Das Wachstum der Bankkredite an private Haushalte hielt an und wurde weiterhin zu einem großen Teil von Immobilienfinanzierungen getragen. Aber auch Konsumkredite, die seit Ausbruch der Krise rückläufig waren, verzeichneten wieder positive Wachstumsraten. Die Anteile der Fremdwährungskredite und der variabel verzinsten Kredite an den Krediten an private Haushalte gingen weiter zurück, wenngleich beide im europäischen Vergleich immer noch hoch sind.
Zehn Jahre nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 hat sich die Lage der österreichischen Banken normalisiert. „Im Jahr 2017 verzeichnete der österreichische Bankensektor die höchste konsolidierte Profitabilität seit Ausbruch der Krise. Damit kehrt er wieder zur Normalität zurück, wenngleich es sich um eine neue Form der Normalität handelt“, führte Vize-Gouverneur Andreas Ittner aus. Umstrukturierungen und Konsolidierungen haben die Struktur des österreichischen Bankensystems verändert, während zusätzliches Kernkapital aufgebaut und Kreditrisiken reduziert wurden, was zu einer Verbesserung der Finanzmarktstabilität beigetragen hat.
Die österreichischen Banken konnten ihre Gewinne im Jahr 2017 sowohl im Inland als auch im Ausland erneut steigern. Diese Profitabilität beruht aber sehr stark auf historisch niedrigen Risikokosten. Aus diesem Grund ist es weiterhin wichtig, die operative Profitabilität nachhaltig zu stärken, d.h. die Kostenstruktur weiter zu optimieren. Die systemischen Risiken aus der Immobilienfinanzierung in Österreich sind derzeit begrenzt, allerdings muss dies auch in Zukunft durch nachhaltige Kreditvergabestandards sichergestellt werden. Als nachhaltig erachtet die OeNB dabei ein angemessenes Mindestmaß an Eigenmittel der Kreditnehmenden, eine sinnvolle Begrenzung ihres Schuldendienstes im Verhältnis zum Nettoeinkommen sowie Laufzeiten, die nicht unverhältnismäßig lang ausfallen und die Einkommensentwicklung über den Lebenszyklus berücksichtigen.
Die OeNB empfiehlt den Banken im Lichte der genannten Entwicklungen und im Hinblick auf die Stärkung der Finanzmarktstabilität,
- die Sicherung einer nachhaltigen Profitabilität durch weitere Effizienzsteigerungen, um eine weitere Erhöhung der Kapitalisierung sowie Investitionen in Informationstechnologie zu ermöglichen,
- eine nachhaltige Kreditvergabe, insbesondere bei der Immobilienfinanzierung,
- eine weitere Reduktion der notleidenden Kredite sowie die
- weitere Einhaltung der aufsichtlichen Mindeststandards zu Fremdwährungs- und Tilgungsträgerkrediten sowie des Nachhaltigkeitspakets.
Der halbjährlich in englischer Sprache erscheinende Financial Stability Report der OeNB analysiert finanzmarktstabilitätsrelevante Entwicklungen in Österreich und im internationalen Umfeld sowie Spezialthemen im Zusammenhang mit der Finanzmarktstabilität.