Was ist die Zahlungsbilanz?
Die Zahlungsbilanz erfasst alle wirtschaftlichen Transaktionen von Österreich (Gebietsansässige im Sinn der Statistik) mit dem Ausland. Das betrifft sowohl die Realwirtschaft – den Handel mit Gütern und Dienstleistungen, Erwerbs- und Vermögenseinkünfte, Transferzahlungen – als auch die Finanzwirtschaft bzw. den internationalen Kapitalverkehr mit Firmenbeteiligungen, Wertpapierinvestitionen, Krediten, Bankeinlagen und Währungsreserven.
Die Realwirtschaft wird in der Leistungsbilanz und in den Vermögensübertragungen abgebildet, die Finanzwirtschaft in der Kapitalbilanz. Die finanziellen Transaktionen finden darüber hinaus Eingang in der Internationalen Vermögensposition (IVP) und der Direktinvestitionsstatistik, wo sie zusammen mit den Wertveränderungen die jeweiligen Kapitalbestände ergeben.
Der Ausdruck „Bilanz“ signalisiert, die Zahlungsbilanz sei mit einer Unternehmensbilanz vergleichbar. Doch obwohl sie auf dem Prinzip von Buchung und Gegenbuchung beruht, werden keine Positionen zu einem Stichtag verbucht (im Gegensatz zur IVP), sondern Transaktionen in einer Periode. Ebenso ist für eine Volkswirtschaft eine vollständige Erfassung aller Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland nicht möglich, sodass im Gegensatz zu einer Firmenbuchhaltung stets eine Restgröße bleibt, die sich nicht aufklären bzw. zuordnen lässt. Daher entsprechen Leistungsbilanz und Vermögensübertragungen grundsätzlich spiegelbildlich Kapitalbilanz und Statistischer Differenz.
Im Ergebnis zeigt die Zahlungsbilanz, ob sich eine Volkswirtschaft tendenziell im Ausland verschuldet oder veranlagen kann. Sie ist damit ein wichtiger Maßstab für die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität eines Landes. Die wichtigste Kennziffer bzw. das Hauptergebnis der Zahlungsbilanz ist der Leistungsbilanzsaldo als Nettoertrag aller realwirtschaftlichen Transaktionen mit dem Ausland. Mit einem positiven Leistungsbilanzsaldo ist die Volkswirtschaft insgesamt nicht eine auf Finanzierung im Ausland angewiesen ist.
Wer nutzt die Zahlungsbilanz?
Die Zahlungsbilanz ist eine wichtige Informationsgrundlage für die Wirtschafts- und Geldpolitik. Sie ermöglicht, die außenwirtschaftliche Entwicklung Österreichs umfassend einschätzen und allfällige Störungen erkennen zu können. Im Speziellen wird der Leistungsbilanzsaldo als Indikator für die Beurteilung der wirtschaftlichen und finanziellen Stabilität des Landes herangezogen. Ein positiver Leistungsbilanzsaldo bedeutet, dass mehr realwirtschaftliche Einnahmen aus dem Ausland als Ausgaben verbucht werden. Dem zufolge leistet die Außenwirtschaft positive Wachstumsimpulse und trägt dazu bei, dass die österreichische Volkswirtschaft nicht auf internationale Finanzierung angewiesen ist, sondern aktiv Kapital im Ausland investieren und daraus neuerlich Einnahmen lukrieren kann.
Die Zahlungsbilanz bietet auch Interessenvertretungen und Unternehmen in Österreich wichtige Informationen. Das betrifft die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft insgesamt, als auch Entwicklungen in einzelnen Wirtschaftsbereichen und Absatzmärkten. Diese Detailinformationen der Zahlungsbilanz sind auch Grundlage der GATS-Verhandlungen (General Agreement on Tarifs and Trade) der Welthandelsorganisation (WTO).
Darüber hinaus fließen Ergebnisse der Zahlungsbilanz in andere Statistiken ein, insbesondere in die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) zur Berechnung der heimischen Wirtschaftsleistung bzw. des Bruttoinlandsprodukts. Das Außenkonto der VGR entspricht im Wesentlichen der Leistungsbilanz.
Wer erstellt die Zahlungsbilanz?
Die Zahlungsbilanzstatistik liegt in Österreich traditionell in der Verantwortung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB). Rechtsgrundlage ist das Devisengesetz 2004, das die OeNB zur Erstellung der Zahlungsbilanz und anderer Außenwirtschaftsstatistiken sowie zu deren Veröffentlichung verpflichtet. Gleichzeitig wird die OeNB ermächtigt, die dafür notwendigen Auskünfte von den Wirtschaftstreibenden einzuholen. Im Detail wird das Meldewesen durch Verordnung der OeNB geregelt.
Die Erhebung der Zahlungsbilanz durch die OeNB erfolgt in enger Kooperation mit der Bundesanstalt Statistik Österreich. Die Zusammenarbeit folgt dem Grundsatz der optimalen Nutzung der Expertise der beiden Institutionen – die Statistik Österreich in der Realwirtschaft, die OeNB in der Finanzwirtschaft –, um das Meldewesen möglichst kosteneffizient zu gestalten.