Die Probeprägungen Kaiser Karls I.
Eine unvollendete Emission
Am 11. November 1918 verzichtete Kaiser Karl I. in der österreichischen Reichshälfte „auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften“ und machte so den Weg für die Ausrufung der Republik Deutschösterreich frei. Zwei Tage später folgte eine ähnliche Erklärung für das Königreich Ungarn. Auch wenn es nie zu einer formellen Abdankung des Kaisers kam, endete damit die lange Herrschaft der Habsburger.
Als Karl I. 1916 nach dem Tod von Kaiser Franz Joseph I. den Thron bestieg, hatte er ein schweres Erbe angetreten. Der Erste Weltkrieg stand am Höhepunkt, die k. u. k. Armee verlor zunehmend an Kampfkraft, im Hinterland verschlechterte sich die Versorgungslage und auch die innenpolitischen Spannungen im Vielvölkerstaat verschärften sich weiter.
Wie ein außergewöhnliches Objekt des Sammlungsbestandes des Geldmuseums zeigt, glaubte man aber trotz all dieser Umstände bis zu Letzt an den Fortbestand des Kaiserhauses nach dem Krieg. Es handelt sich dabei um zwei aus Silber bzw. Kupfer gefertigte 20 Kronen-Probeprägungen, die als Vorlage für die Goldmünzen Kaiser Karls I. gedient haben.
Diese Münzen sind Teil einer Serie von Probeprägungen für Karl I., von denen nur wenige Stücke die Zeit überdauert haben. Sie zeigen das offizielle Porträt des Kaisers, das für seine noch auszugebenden Münzen vorgesehen war. Betrachtet man die beiden Münzen genauer, fällt auf, dass bei der Herstellung zwei verschiedene Vorderseitenstempel verwendet wurden. Erkennbar ist dies vor allem an zwei kleinen Punkten unterhalb der Lippe des Kaisers und rechts neben dem Ohr, die nur auf der silbernen Probeprägung auftreten. Außerdem unterscheiden sich die Porträts geringfügig im Bereich oberhalb des Nasenbeins. Schließlich fiel die Wahl auf die Porträtvariante der Kupferprobe. Diese ist auch auf der letztlich ausgeprägten 20 Kronen-Münze zu sehen.
Es ist nicht zur Gänze geklärt wie fortgeschritten die Vorbereitungen für die geplante Münzemission waren. Gesichert ist, dass es für mehrere Nominale zwar Probeprägungen gab, aber offensichtlich keine endgültigen Entwürfe mehr angefertigt wurden. Lediglich den kleinen Heller Nominalen sowie den repräsentativen 20 Kronen-Goldmünzen wurde wohl kriegsbedingt Vorrang eingeräumt. Die 20 Kronen-Münzen von Kaiser Karl I. wurden noch in geringer Menge ausgeprägt und erreichten bis Kriegsende eine Auflage von gut 2000 Stück. Die Goldmünzen wurden jedoch mit dem Ende des Kaiserreichs, bis auf ein Originalexemplar das sich heute sich im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums befindet, eingeschmolzen. Die Probeprägungen von Karl I. stellen somit die letzten Gepräge mit einem Habsburgerherrscher dar, welche allerdings nie ausgegeben wurden.
Literatur: R. Denk, Zur „5 Kronen-Probe“ Karls I. (1916-1918), MÖNG Band 39, 1999, 42–50.