OeNB Presidential Innovation Fellowship – ein Gespräch
Georg Grüner vom VERBUND über seine Zeit in der OeNBIm August 2021 initiierte Harald Mahrer, Präsident des OeNB-Generalrats, das OeNB Presidential Innovation Fellowship mit dem Ziel, den Wissenstransfer von österreichischen Unternehmen und Institutionen mit der OeNB zu stärken und einen interdisziplinären Dialog anzustoßen. Die ersten Programme zu Green Finance und IT-Security wurden noch im Herbst 2021 ausgeschrieben. Wir sprachen mit Georg Grüner, Senior Finance Manager bei der VERBUND AG, der als erster Presidential Innovation Fellow im Jahr 2022 neue Wege beschritt.
OeNB: Sehr geehrter Herr Grüner, danke, dass Sie sich die Zeit für ein Gespräch nehmen. Sie betraten – zumindest in der OeNB – Neuland, als Sie im Frühjahr 2022 das Green-Finance-Programm im Rahmen des OeNB Presidential Innovation Fellowship begannen. Sie blicken auf eine langjährige erfolgreiche Karriere mit Stationen beim Österreichischen Wasser- & Abfallwirtschaftsverband, der Kommunalkredit Austria und seit dem Jahr 2011 beim VERBUND zurück. Was waren Ihre Beweggründe für die Teilnahme am Presidential Innovation Fellowship der OeNB?
Georg Grüner: Green Finance ist für mich seit Jahren ein Herzensthema. 2013 habe ich es im VERBUND initiiert, sodass wir 2014 bereits den ersten Green Bond eines Unternehmens im deutschsprachigen Raum begeben konnten (500 Mio EUR, Laufzeit 10 Jahre). Seitdem beschäftige ich mich intensiv mit diesem Thema, das sich u. a. mit innovativen grünen Finanzprodukten und nachhaltigen Veranlagungen umsetzen ließ. In diesem noch sehr jungen Bereich ist die Entwicklung sehr rasant, mannigfaltig und international. Es sind viele verschiedene Akteur:innen mit unterschiedlichen Schwerpunkten involviert. Als Mitarbeiter:in in einer Finanzabteilung an einem an der Börse notierten Unternehmen hat man natürlich die Brille der Privatwirtschaft auf. So war es für mich spannend, wie die Finanzwirtschaft – und im Konkreten eine Nationalbank – mit Green Finance umgeht. Je mehr Austausch mit unterschiedlichen Akteur:innen zu ein und demselben Thema stattfindet, desto ganzheitlicher kann man es betrachten und daraus lernen. Zudem finde ich das angebotene Format des Fellowships sehr interessant und innovativ. Das wollte ich einmal ausprobieren.
OeNB: Sie absolvierten in der Bank ein dichtes Programm an Workshops und Meetings mit Vertreter:innen aus den Bereichen Treasury, Risikoüberwachung, Compliance, Finanzbildung, Statistik und noch einigen mehr. Wie waren Ihre Eindrücke und was konnten Sie für Ihre Arbeitsaufgaben in der VERBUND AG mitnehmen?
Georg Grüner: Mich hat überrascht, wie breit und mannigfaltig dieses Thema in der Nationalbank behandelt wird. Natürlich haben einige Inhalte von bestimmten Abteilungen in der OeNB mehr Berührungspunkte mit meiner alltäglichen Arbeit als andere, um sich z. B. über gewisse Marktstandards und -entwicklungen auszutauschen sowie Herangehensweisen und Meinungen Dritter einzuholen. Zusätzlichen kann man sich auch mit OeNB-Expert:innen bestimmten Themen widmen, die nicht immer auf meiner beruflichen Tagesordnung stehen. Aufgrund des flexiblen Formats des Fellowships kann ein vertiefender Austausch in bilateralen Gesprächen, mit OeNB-Kolleg:innen von einer Abteilung aber auch abteilungsübergreifend stattfinden. Ebenso waren diverse besuchte Workshops spannend. Von einem ganz anderen Blickwinkel lernte ich den Bereich der Bildung zu Green Finance kennen: So durfte ich beim OECD-OeNB-Symposium „Financial literacy and financial reslilience in challenging times“ Mitte Oktober an einer Panel-Diskussion teilnehmen. Es sind noch organisierte Dialogrunden mit Vertreter:innen aus der Realwirtschaft, Finanzwirtschaft und Konsumenten geplant, mit dem Ziel, in den Markt bzgl. Greenwashing, EU-Regulierung, Transparenz etc. „hineinzuhören“. Und genau diesen breiten Mix, den dieses Fellowship ermöglicht, finde ich spannend. Ich bin der Meinung, dass beide Seiten vom Austausch profitieren konnten.
OeNB: Wie können wir uns das Mikromanagement in der Bewältigung Ihrer Verpflichtungen als Senior Finance Manager beim VERBUND und zugleich als Presidential Innovation Fellow in der OeNB vorstellen? Gab es die nötige Flexibilität bei beiden Unternehmen oder verspürten Sie zusätzlichen Arbeitsdruck?
Georg Grüner: Ursprünglich war eine teilweise berufliche Reduzierung für die Teilnahme an diesem Programm angedacht, die bei mir wegen diverser beruflicher Gründe leider ausfallen musste. Das bedeutet konkret, dass die Arbeit des Fellowships zusätzlich zu meinen normalen beruflichen Verpflichtungen anfällt. Dazu braucht es gutes Zeitmanagement, Reduktion von bestimmten privaten Tätigkeiten und genügend Urlaubstage bzw. Zeitausgleich. Online-Technologien, die den Zeitaufwand reduzieren, helfen auch dabei, mehr Flexibilität zu schaffen. Aber für mich lohnt sich der Mehraufwand auf alle Fälle.
OeNB: Sie würden also unterstreichen, dass die Vorteile für alle Seiten jedenfalls überwiegen? Was konnten Sie Ihrer Einschätzung nach in die OeNB einbringen und was sind die Erkenntnisse, die Sie aus der Bank in Ihren „normalen“ Berufsalltag mitnehmen können?
Georg Grüner: Meine Erfahrungen mit dem Fellowship sind sehr positiv. Das Wechselspiel zwischen praktischen Erfahrungen aus der Privatwirtschaft mit der oft analytisch wissenschaftlichen Herangehensweise zu einem Thema ist sicherlich prägend für dieses Programm. Ich habe mein Verständnis erweitern können, wie unterschiedliche Sektoren ein und dasselbe Thema, nämlich Green Finance, bearbeiten. Im Berufsleben agiert man oft in seiner eigenen Blase und betrachtet die Tätigkeiten nur von seinem eigenen Blickwinkel. So begeben Unternehmen z. B. grüne Finanzprodukte, die Banken u. a. für ihre Verpflichtung, ihre Green Asset Ratio zu erhöhen, benötigen. Und das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Es ist wahnsinnig spannend zu sehen, wie die Pläne der Europäischen Union hinsichtlich der grünen Transformation anhand der Schraube der Finanzierung gesteuert werden kann. Ich habe das Fellowhip-Programm auch schon Menschen in meinem Umfeld empfohlen – wenn sich diese Gelegenheit nochmals bietet, ist das auf jeden Fall eine gute Sache.
OeNB: Wir danken für das anregende Gespräch und wünschen Ihnen alles Gute für Ihren weiteren Weg.