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OeNB Report 2024/11: Bank Lending Survey – Schwache Investitionstätigkeit bremst Kreditnachfrage von Unternehmen

Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft vom Juli 2024 1

Gerald Hubmann 2

Die Kreditnachfrage von Unternehmen ist im zweiten Quartal 2024 neuerlich gesunken. Damit verlängerte sich ein seit dem vierten Quartal 2022 bestehender Abwärtstrend ein weiteres Mal. Hauptgrund dafür ist die abnehmende Investitionstätigkeit der Unternehmen. Für das dritte Quartal 2024 erwarten die befragten Banken keinen weiteren Nachfragerückgang.

Bei privaten Wohnbaukrediten zeichnet sich seit dem ersten Quartal 2024 hingegen eine moderate Erholung der Kreditnachfrage ab, nachdem sie zuvor eineinhalb Jahre lang stark gefallen war. Hintergrund der Erholung sind Verbesserungen bei der Leistbarkeit von Krediten (steigende Realeinkommen, leicht sinkende Finanzierungskosten).

Die Banken differenzieren ihre Angebotspolitik im Unternehmenskundengeschäft zunehmend nach der Klimanachhaltigkeit der Unternehmen. Das führt vor allem zu einer verschärften Kreditvergabe für Unternehmen, die in hohem Maße zum Klimawandel beitragen, aber auch zu Lockerungen für „grüne“ Unternehmen. Nachfrageseitig nimmt der Finanzierungsbedarf der Unternehmen für Investitionen und Umstrukturierungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu (z. B. Transition zu einer „grüneren“ Leistungserstellung oder Absicherung gegen physische Risiken des Klimawandels).

Die Entwicklungen im Kreditgeschäft sind immer auch vor dem allgemeinen konjunkturellen Hintergrund zu beurteilen und vollziehen sich aktuell weiterhin im Umfeld schwacher Konjunkturaussichten, globaler politischer Verwerfungen und eines restriktiven Zinsniveaus. Die österreichische Wirtschaft war vom zweiten Halbjahr 2022 bis Ende 2023 in einer Rezession, seither stagniert sie. Für das Gesamtjahr 2024 wird bestenfalls eine geringfügige Konjunkturerholung erwartet. Belebt wird der private Konsum zwar durch das kräftige Wachstum der Realeinkommen der privaten Haushalte, das sich durch die verzögerte Anpassung der Löhne an die Inflation ergibt; die Investitionstätigkeit bleibt 2024 aber noch gedämpft. Dies liegt vor allem an hohen Finanzierungskosten und schlechten Absatzerwartungen insbesondere in der Industrie und der Bauwirtschaft.

Im Jahr 2023 ist das österreichische BIP real um 0,8 % gefallen. Für 2024 erwarten die OeNB, das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und das Institut für Höhere Studien (IHS) in ihren Prognosen vom Juni 2024 ein geringes Wirtschaftswachstum bzw. eine Stagnation von 0,3 % (OeNB, IHS) bzw. 0,0 % (WIFO). Die Bruttoanlageinvestitionen sind 2023 real um 1,3 % gefallen. Für 2024 wird ein weiterer Rückgang von 1,4 % bis 2,4 % prognostiziert. Nachdem die HVPI-Inflation in Österreich 2023 bei 7,7 % gelegen ist, soll sie 2024 gemäß der Prognose der OeNB vom Juni 2024 auf 3,4 % zurückgehen. Damit bleibt die heimische Inflation über der Inflation für den gesamten Euroraum von 2,5 % im Jahr 2024 (Prognose der EZB vom Juni 2024), der Abstand nähert sich aber dem langfristigen Durchschnitt von 0,6 Prozentpunkten (durchschnittlicher Inflationsabstand von Österreich zum Euroraum in den Jahren 2011 bis 2019).

Die anhaltende Investitionsschwäche zeigt sich auch in den Umfrageergebnissen zum Kreditgeschäft mit Unternehmen (Kapitel 1). Die gestraffte Geldpolitik der EZB – vor allem das restriktive Zinsniveau – sind wesentliche Gründe der aktuellen Entwicklungen im Kreditgeschäft allgemein.

Kapitel 1 behandelt das Kreditgeschäft der Banken mit Unternehmen, diesmal mit Ergebnissen gegliedert nach Wirtschaftssektoren und zu den Auswirkungen des Klimawandels, Kapitel 2 das Kreditgeschäft mit privaten Haushalten. Kapitel 3 hat die Refinanzierungssituation der Banken zum Thema, Kapitel 4 die Kreditqualität und Kapitel 5 die Überschussliquidität der Banken. Kapital 6 enthält Anmerkungen und weitere Ergebnisse.

Detaillierte Umfrageergebnisse sind den Tabellen 1 bis 3 zu entnehmen. Die Grafiken 1 und 2 stellen die Entwicklung der Nachfrage nach Unternehmenskrediten und privaten Wohnbaukrediten sowie ihre jeweiligen Einflussfaktoren dar. Grafik 3 zeigt die Entwicklung der Neuvergabe von Wohnbaukrediten gemäß Monetärstatistik und des Zinsniveaus. Kasten 1 am Ende dieses Berichts enthält u. a. Erläuterungen zu ausgewählten Fachbegriffen.

1 Kreditnachfrage von Unternehmen weiter gesunken

Im Unternehmenskundengeschäft blieb die Angebotspolitik der Banken im zweiten Quartal 2024 weitgehend unverändert, nachdem sie von 2022 bis zum ersten Quartal 2024 zunehmend restriktiver geworden war. Weder die Kreditrichtlinien noch die Kreditbedingungen insgesamt (darunter insbesondere die Margen) wurden im zweiten Quartal 2024 nennenswert verschärft (Tabelle 1). Auch für das dritte Quartal 2024 werden kaum Veränderungen bei den Richtlinien erwartet. Für Kreditbedingungen werden in der Umfrage keine Erwartungen erhoben.

Noch bis zum ersten Quartal 2024 wurden die Richtlinien für Unternehmenskredite über zwei Jahre hinweg nahezu durchgehend verschärft. Als Hauptgrund dafür nannten die befragten Banken eine ungünstigere Risikoeinschätzung hinsichtlich der allgemeinen Wirtschaftslage, der Geschäftslage und der Kreditwürdigkeit der Unternehmen sowie in geringem Ausmaß der Werthaltigkeit von Sicherheiten. Auch eine etwas verminderte Risikotoleranz wurde von den Banken immer wieder als Grund für Richtlinienverschärfungen genannt – allerdings mit deutlich geringerem Einfluss als die Risikoeinschätzung.

Die Margen für durchschnittliche Unternehmenskredite wurden zuletzt im zweiten und abermals im vierten Quartal 2023 etwas erhöht bzw. verschärft. Die Margen für risikoreichere Kredite stiegen vom ersten Quartal 2023 bis zum ersten Quartal 2024 wiederholt an. Für 2022 zeigten die Umfrageergebnisse deutliche Margenerhöhungen – sowohl für durchschnittliche Kredite als auch für risikoreichere Kredite.

Weiters wurden in den letzten beiden Jahren auch andere Kreditbedingungen verschärft (z. B. betreffend die Höhe des Kredits oder des Kreditrahmens, Zusatz- oder Nebenvereinbarungen zu Kreditverträgen, Erfordernisse für Sicherheiten). Hauptgründe für die Verschärfungen von Margen und anderen Kreditbedingungen waren die bereits genannte ungünstige Risikoeinschätzung durch die Banken und ihre Refinanzierungsbedingungen. Als weitere Gründe nannten die Banken ihre Risikotoleranz, ihr Eigenkapital bzw. damit verbundene Kosten und – mit geringem Einfluss – ihre Liquiditätssituation.

Allgemein zeigt sich in den Umfrageergebnissen seit 2022 sehr deutlich eine zunehmend angespannte Risikosituation. Die Risikoeinschätzung der Banken hinsichtlich der allgemeinen Wirtschaftslage, der speziellen Situation einzelner Firmen und Branchen bzw. der Kreditwürdigkeit der Unternehmen hat sich nach und nach verschlechtert und dementsprechend zu einer restriktiveren Kreditangebotspolitik geführt. In den Ergebnissen fällt auch auf, dass seit der zweiten Jahreshälfte 2023 die Werthaltigkeit der Sicherheiten etwas mehr in den Fokus gerückt ist, was mit den erhöhten Erfordernissen für Sicherheiten korrespondiert.

Tabelle 1 mit dem Titel „Kredite oder Kreditrahmen für Unternehmen“ zeigt Veränderungen der Kreditrichtlinien, der Kreditbedingungen, der Margen, der genehmigten Kreditanträge und der Kreditnachfrage für Unternehmen und basiert auf den Umfrageergebnissen über das Kreditgeschäft vom Juli 2024. Zur Veranschaulichung der Veränderungen sind die Salden aus positiven und negativen Antworten quartalsweise zwischen dem ersten Quartal 2020 und dem zweiten Quartal 2024 dargestellt. Die Salden sind in Form einer Heatmap mit einer Farbabstufung von Rot und Orange für negative Werte, über Gelb für 0, bis Hellgrün und Grün für positive Werte dargestellt. Die Salden können Werte von minus 8 bis plus 8 annehmen. In der dargestellten Tabelle liegt der negativste Wert bei minus 7 in Rot, der positivste bei 7 in Grün. Für das dritte Quartal 2024 werden die Erwartungen der Banken dargestellt. Inhaltliche Detailergebnisse werden im Fließtext dieses Reports erläutert. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Die Kreditnachfrage von Unternehmen ist im zweiten Quartal 2024 abermals gesunken – und in allen erhobenen Kategorien (gesamt, kleine und mittlere Unternehmen, große Unternehmen, kurzfristige Kredite mit einer Laufzeit bis zu einem Jahr, langfristige Kredite mit einer Laufzeit über einem Jahr). Seit dem vierten Quartal 2022 zeigen die Umfrageergebnisse einen Rückgang der Kreditnachfrage von Unternehmen (punktuelle Unterschiede je nach erhobener Kreditkategorie), wobei insbesondere das dritte Quartal 2023, aber auch das aktuell erhobene zweite Quartal 2024 hervorstechen. 3 Am ausgeprägtesten zeigt sich die persistente Nachfrageabschwächung bei den langfristigen Krediten (in diese Kategorie fallen schwerpunktmäßig Kredite zur Investitionsfinanzierung). Für das dritte Quartal 2024 erwarten die befragten Banken keinen weiteren Nachfragerückgang. Bereits in der letzten Umfrage haben die Banken eine stabile Nachfrage für das damals folgende, zweite Quartal 2022 erwartet. Die Erwartung hat sich nicht erfüllt, und die Nachfrage ist gesunken. Diese negative Überraschung entspricht der allgemeinen Unsicherheit über die künftige wirtschaftliche Entwicklung und der hartnäckigen Konjunkturschwäche in Österreich (siehe auch die Einleitung des Berichts sowie Kapitel 6).

Der Umfrage sind auch deutliche Gründe für den Abwärtstrend bei der Nachfrage zu entnehmen: Seit dem zweiten Halbjahr 2022 bremsen vor allem ein rückläufiger Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen und die gestiegenen Zinsen die Nachfrage nach Unternehmenskrediten (Grafik 1). Im zweiten Quartal 2024 ist zudem eine geringere Kreditnachfrage zur Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln auffällig, was auf die schwache Konjunktur bzw. einen verminderten operativen Finanzierungsbedarf und auf eine entspanntere Lage bei den Lieferketten zurückzuführen sein dürfte. Ebenso hat die Nutzung von alternativen Finanzierungsquellen (z. B. Innenfinanzierung, Anleihen oder anleiheähnliche Instrumente) die Kreditnachfrage von Unternehmen im zweiten Quartal 2024 etwas gedämpft. Der aktuelle Nachfragerückgang bei Unternehmenskrediten hängt also nicht nur mit negativen konjunkturellen Entwicklungen zusammen.

Aus einer konjunkturellen Perspektive ergibt sich als wesentliche Aussage: Die Nachfrage nach Investitionsfinanzierungen ist vom zweiten Halbjahr 2022 bis zum zweiten Quartal 2024 laufend gesunken. Diese Entwicklung spiegelt sich in den entsprechenden Ergebnissen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wider und untermauert die aktuellen Wirtschaftsprognosen (anhaltende Wachstumsschwäche bzw. Rückgang bei den Investitionen, siehe auch die Einleitung dieses Berichts). Die Entwicklungen im Kreditgeschäft sind seit Anfang 2022 stark von den globalen politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen beeinflusst. Unsicherheit, Preisauftrieb, steigende Zinsen bzw. Finanzierungskosten, die Abkühlung der globalen Konjunktur und der Mitte 2022 einsetzende Wirtschaftsabschwung in Österreich wirkten dämpfend auf die Nachfrage nach langfristigen Krediten, weil Investitionen zurückgenommen oder verschoben wurden. Angebotsseitig haben die herausfordernden Rahmenbedingungen die Banken zu verschärften, an die Situation angepassten Risikoanalysen und zu strengeren Kreditvergabeentscheidungen veranlasst.

Der Anteil abgelehnter Kreditanträge von Unternehmen ist im zweiten Quartal 2024 leicht gestiegen – der vierte nennenswerte Quartalsanstieg in Folge. Bereits vom zweiten bis zum vierten Quartal 2022 gab es diesbezüglich auffällige Anstiege. Sowohl 2022 als auch ab Mitte 2023 stieg die Ablehnungsrate vor allem im Kreditgeschäft mit kleinen und mittleren Unternehmen und in nur geringem Ausmaß im Kreditgeschäft mit großen Unternehmen.

Seit der Umfragerunde für das zweite Quartal 2020 werden die teilnehmenden Banken halbjährlich zu Entwicklungen von Kreditangebot und Kreditnachfrage, gegliedert nach Wirtschaftssektoren , befragt. Die Entwicklungen werden für folgende Wirtschaftssektoren erhoben: verarbeitendes Gewerbe/Herstellung von Waren (hiervon ab der Umfragerunde für das vierte Quartal 2022 auch für das energieintensive verarbeitende Gewerbe), Baugewerbe/Bau (ohne Immobilien), Dienstleistungen (ohne Finanzdienstleistungen und Immobilien), Handel sowie Immobilien (noch zusätzlich untergliedert in Gewerbeimmobilien- und Wohnimmobilienwirtschaft).

Gemäß den Umfrageergebnissen wurde die Angebotspolitik (Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen) vom zweiten Halbjahr 2022 bis zum zweiten Halbjahr 2023 für alle Sektoren wiederholt verschärft – besonders jedoch für die Immobilienwirtschaft (sowohl Wohn- als auch Gewerbeimmobilienwirtschaft). Für den Dienstleistungssektor und das verarbeitende Gewerbe fielen die Verschärfungen hingegen geringer aus. Eine Ausnahme stellen allerdings stärkere Verschärfungen für das energieintensive verarbeitende Gewerbe dar. Im ersten Halbjahr 2024 kam es zu weiteren angebotsseitigen Restriktionen, die wieder vor allem die Immobilienwirtschaft und in geringerem Ausmaß den Handel, das Baugewerbe und das energieintensive verarbeitende Gewerbe betroffen haben.

Die Kreditnachfrage ist im ersten Halbjahr 2024 schwerpunktmäßig seitens der Bauwirtschaft (ohne Immobilien) und des Handels gesunken, aber auch die Unternehmen aus den anderen Sektoren haben etwas weniger Kredite nachgefragt – mit Ausnahme der Dienstleistungsunternehmen, deren Kreditnachfrage im ersten Halbjahr 2024 stagniert hat. Davor war die Kreditnachfrage im zweiten Halbjahr 2023 in allen Sektoren gesunken und auch stärker gesunken als im ersten Halbjahr 2024. Die Kreditnachfrage aus dem Immobiliensektor (sowohl Gewerbe- als auch Wohnimmobiliensektor) war bereits im zweiten Halbjahr 2022 und im ersten Halbjahr 2023 deutlich rückläufig, jene des Baugewerbes sinkt seit dem ersten Halbjahr 2023. Die Kreditnachfrage aus den anderen Sektoren war im zweiten Halbjahr 2022 und im ersten Halbjahr 2023 hingegen noch weitgehend unverändert geblieben. Im Ausblick auf das zweite Halbjahr 2024 erwarten die an der Umfrage teilnehmenden Banken eine erhöhte Nachfrage aus der Wohnimmobilienwirtschaft – ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau.

In der aktuellen Umfragerunde wurden die Banken zum zweiten Mal (erstmalige Thematisierung vor einem Jahr) zu den Auswirkungen des Klimawandels auf das Kreditgeschäft mit Unternehmen befragt. Gemeint sind damit Auswirkungen von klimabedingten Risiken und von Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels (ergriffen von Regierung, Geldpolitik, Aufsichts- bzw. Regulierungsbehörden und den Banken).

Die Umfrageergebnisse zeigen eine zunehmende Differenzierung der Angebotspolitik der Banken (Kreditrichtlinien, Kreditbedingungen) nach der Klimanachhaltigkeit der Unternehmen bzw. der Geschäftstätigkeit der Unternehmen. Seit Mitte 2022 (Beginn des in der Umfrage erfassten Zeitraums) hat der Klimawandel vor allem zu fortschreitenden Verschärfungen beim Kreditangebot für Unternehmen geführt, die in hohem Maße zum Klimawandel beitragen. Im Ausblick auf das nächste Jahr (Mitte 2024 bis Mitte 2025) gehen die befragten Banken von weiteren Verschärfungen für diese Unternehmen aus. Für „grüne“ Unternehmen, die nicht oder kaum zum Klimawandel beitragen, ist es seit Mitte 2022 hingegen zu Lockerungen gekommen, und für das nächste Jahr werden weitere Lockerungen erwartet. Auch Unternehmen im Übergangsprozess zu einer klimafreundlicheren Geschäftstätigkeit sollen im nächsten Jahr von moderaten angebotsseitigen Erleichterungen profitieren. Der wesentliche Grund dieser Entwicklungen ist die Risikosituation. Der Klimawandel und seine Folgen beeinflussen wirtschaftliche Lage und Kreditwürdigkeit der Unternehmen, und sie verursachen physische Risiken, die den Wert der Unternehmensaktiva beeinflussen können.

Nachfrageseitig hat der Finanzierungsbedarf der Unternehmen für Investitionen und Umstrukturierungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel seit Mitte 2022 zugenommen (z. B. Transition zu einer „grüneren“ Leistungserstellung oder Absicherung gegen physische Risiken des Klimawandels). Dieser Trend soll sich im kommenden Jahr verstärkt fortsetzen.

2 Kaum Änderungen im Kreditgeschäft mit privaten Haushalten

Die befragten Banken haben ihre Angebotspolitik für private Wohnbaukredite (Kreditrichtlinien sowie Kreditbedingungen inklusive Kreditzinsen, Margen und sonstige Bedingungen) im zweiten Quartal 2024 nur geringfügig geändert (Tabelle 2). Zu erwähnen sind leicht gelockerte (niedrigere) Zinsen und Margen vor allem aufgrund der Wettbewerbssituation. Seit den Verschärfungen im dritten Quartal 2022, die mit der Risikosituation und einer neuen Rechtslage für die Vergabe von Wohnbaukrediten (KIM-V 4 ) begründet wurden, kam es nur zu wenigen Anpassungen bei Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen. Auch für das dritte Quartal 2024 werden keine Änderungen der Richtlinien erwartet. Für Kreditbedingungen werden in der Umfrage keine Erwartungen erhoben.

Die Nachfrage nach privaten Wohnbaukrediten hat sich im zweiten Quartal 2024 kaum geändert, nachdem sie im ersten Quartal 2024 leicht gestiegen war. In der letzten Umfrage wurde noch eine weitere Erholung der Nachfrage für das zweite Quartal 2024 erwartet. Dies ist nicht eingetreten.

In der aktuellen Umfrage erwarten die Banken für das dritte Quartal 2024 einen Nachfrageanstieg. Der Befund aus dem Vorquartal, dass die historische Talsohle der Nachfrageentwicklung seit Bestehen der Umfrage über das Kreditgeschäft durchschritten sein könnte, bleibt damit aufrecht. Auf einen markanten Nachfrageeinbruch im zweiten Halbjahr 2022, der eine langjährige, expansive Entwicklung (seit ca. 2012 in den Umfrageergebnissen erkennbar) beendete, folgten weitere Rückgänge bis zum vierten Quartal 2023.

Tabelle 2 mit dem Titel „Kredite an private Haushalte“ zeigt Veränderungen der Wohnbaukredite sowie Konsumkredite und sonstige Kredite an private Haushalte und basiert auf den Umfrageergebnissen über das Kreditgeschäft vom Juli 2024. Zur Veranschaulichung der Veränderungen sind die Salden aus positiven und negativen Antworten quartalsweise zwischen dem ersten Quartal 2020 und dem zweiten Quartal 2024 dargestellt. Die Salden sind in Form einer Heatmap mit einer Farbabstufung von Rot und Orange für negative Werte, über Gelb für 0, bis Hellgrün und Grün für positive Werte dargestellt. Die Salden können Werte von minus 7 bis plus 7 annehmen. In der Tabelle liegt der negativste Wert bei minus 6 in Rot, der positivste bei 3 in Grün. Für das dritte Quartal 2024 werden die Erwartungen der Banken dargestellt. Inhaltliche Detailergebnisse werden im Fließtext dieses Reports erläutert. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Als Hauptgrund für die Mitte 2022 einsetzende restriktive Nachfrageentwicklung wurde das allgemeine Zinsniveau genannt (Grafik 2). Im Juli 2022 hat die EZB – nach Ankündigung im Juni 2022 – mit der schrittweisen Erhöhung ihrer Leitzinsen begonnen, wodurch das allgemeine Zinsniveau und somit auch die Zinsen für neue Wohnbaukredite bzw. die Finanzierungskosten im Wohnbau spürbar gestiegen sind. 5 Für den leichten Nachfrageanstieg im ersten Quartal 2024 dürften Erwartungen über baldige Leitzinssenkungen der EZB verantwortlich gewesen sein. (Die EZB hat mittlerweile ihre drei Leitzinssätze in einem vorsichtigen Schritt von 0,25 Prozentpunkten mit Wirkung per 12. Juni 2024 gesenkt.) In diesem Zusammenhang hatten einige Banken von einem etwas gestiegenen Interesse der Haushalte an Wohnbaufinanzierungen berichtet. Weiters waren die gestiegenen Haushaltseinkommen bzw. die verbesserte Leistbarkeit sowie mittlerweile eine gewisse Akzeptanz für höhere Zinsen als Gründe für den Nachfrageanstieg genannt worden.

Hinter der im Aggregat der Antworten weitgehend unveränderten Kreditnachfrage im zweiten Quartal 2024 stehen in unterschiedliche Richtungen gehende Einzelangaben bzw. Begründungen der Banken, die sich vorwiegend auf Teile des Bau- und Wohnpakets der österreichischen Bundesregierung (siehe z. B. eine diesbezügliche Kommunikation des Parlaments ) beziehen. Einerseits wurde einer ab Juli 2024 temporär geltenden Befreiung von Grundbuch- und Pfandrechtseintragungsgebühren für neuen privaten Wohnbau ein leicht dämpfender Effekt auf die Nachfrage im zweiten Quartal 2024, dem Quartal vor der Befreiung, zugeschrieben; eventuelle Nachholeffekte im dritten Quartal 2024 sind abzuwarten. Andererseits haben sich – gemäß den Umfrageergebnissen – weitere Maßnahmen des Bau- und Wohnpakets leicht expansiv auf die Nachfrage im zweiten Quartal 2024 ausgewirkt (Zuschüsse an private Haushalte für Wohnbaukredite). In Summe der Einzelantworten konnte das Bau- und Wohnpaket die Nachfrage nach privaten Wohnbaukrediten im zweiten Quartal 2024 nicht bewegen. Es ist anzumerken, dass es hinsichtlich des Bau- und Wohnpakets in den letzten Monaten noch rechtliche Unsicherheiten gab. Auch ist die Umsetzung von Maßnahmen des Pakets durch die meisten Bundesländer noch offen.

Der Anteil abgelehnter Kreditanträge für private Wohnbaufinanzierungen ist seit dem dritten Quartal 2022 tendenziell gestiegen. Besonders deutlich war der Anstieg gleich am Beginn dieser Entwicklung im dritten Quartal 2022. In den ersten beiden Quartalen 2024 blieb er weitgehend unverändert auf einem im längerfristigen Vergleich hohen Niveau. Für die Entwicklung des Anteils der abgelehnten Kreditanträge werden standardmäßig in der Umfrage keine Gründe erhoben. Die erhöhte Ablehnungsrate lässt sich jedoch gut vor dem Hintergrund der verschärften Angebotspolitik der Banken und des herausfordernden Umfelds (Leistbarkeit, höhere Zinsen, Inflation, Unsicherheit) erklären.

Neben den Umfrageergebnissen zeigt auch ein Blick auf die Monetärstatistik starke Änderungen im Geschäft mit Wohnbaukrediten in Österreich. Die Vergabe neuer Wohnbaukredite 6 ist von Juli 2022 auf August 2022 um mehr als die Hälfte eingebrochen (von 2,7 Mrd EUR auf 1,3 Mrd EUR), in den Folgemonaten weiter gesunken und zeigt sich seither anhaltend schwach. Nach einem Tiefpunkt im Dezember 2023 bzw. Jänner 2024 (jeweils 0,7 Mrd EUR) ist die Neukreditvergabe wieder leicht gestiegen (1 Mrd EUR im Mai 2024). Der große Rückgang ist auf die oben beschriebenen Gründe zurückzuführen, wobei er hauptsächlich nachfrageseitig bestimmt sein dürfte. Die von den Banken gemeldeten Rückgänge bei der Kreditnachfrage waren deutlich ausgeprägter als die gemeldeten angebotsseitigen Verschärfungen. Für den Einbruch von Juli 2022 auf August 2022 dürften auch Vorzieheffekte in Zusammenhang mit der im August 2022 in Kraft getretenen KIM‑V verantwortlich gewesen sein (vorgezogene Nachfrage, um den verschärften Regeln zu entgehen) sowie Vorzieheffekte aufgrund der erwarteten Zinsanstiege.

Bei der Einschätzung der Entwicklungen ab Mitte 2022 ist zu berücksichtigen, dass die Vergabe von Wohnbaukrediten in den Jahren davor sehr expansiv war. Die über Jahre hinweg sehr niedrigen (Kredit-)Zinsen 7 bzw. günstigen Finanzierungsbedingungen waren wesentlich dafür. 8 Mit der EZB-Zinswende ab Juli 2022 hat sich diese Entwicklung abrupt umgekehrt (siehe Grafik 3 für eine Veranschaulichung der langfristigen Entwicklung der Neuvergabe von Wohnbaukrediten und des Zinsniveaus).

Bei Konsumkrediten und sonstigen Krediten sind Angebot und Nachfrage im zweiten Quartal 2024 weitgehend unverändert geblieben (Tabelle 2). Im ersten Quartal 2024 ist die Nachfrage etwas gestiegen, was mit höheren Ausgaben für langlebige Konsumgüter und Verbesserungen beim Online-Kreditantragsprozess begründet wurde. Ansonsten haben sich Angebot an und Nachfrage nach Konsum- und sonstigen Krediten seit Anfang 2023 nur vereinzelt geändert. Für das dritte Quartal 2024 wird eine unveränderte Situation hinsichtlich Richtlinien und Nachfrage erwartet.

3 Verbesserte Refinanzierungsbedingungen für Banken

Die Bedingungen für die Refinanzierung über mittel- bis langfristige Anleihen haben sich im zweiten Quartal 2024 für die befragten Banken verbessert (Tabelle 3). Für das dritte Quartal 2024 werden weitere diesbezügliche Verbesserungen erwartet. Dieses Ergebnis ist insofern auffällig, als es bei der Refinanzierung über mittel- bis langfristige Anleihen zuvor 2022 und 2023 nahezu durchgehend Verschlechterungen für die Banken gab – besonders ausgeprägt in den ersten drei Quartalen 2022. Im Lauf des Jahres 2022 (vor allem bis Oktober) stiegen allgemein die Zinsen auf den Anleihemärkten deutlich an. Danach bewegten sie sich tendenziell seitwärts.

Hinsichtlich anderer Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken (Einlagen, Geldmarkt, kurzfristige Anleihen) kam es im zweiten Quartal 2024, wie bereits im ersten Quartal 2024, zu keinen nennenswerten Änderungen. Auch der entsprechende Ausblick auf das dritte Quartal 2024 ist weitgehend neutral.

Tabelle 3 mit dem Titel „Zugang der Banken zu ausgewählten Refinanzierungsquellen“ zeigt Veränderungen der Einlagen von Unternehmen und privaten Haushalten, Veränderungen am unbesicherten Interbankengeldmarkt und Veränderungen großvolumiger Schuldtitel und basiert auf den Umfrageergebnissen über das Kreditgeschäft vom Juli 2024. Zur Veranschaulichung der Veränderungen sind die Salden aus positiven und negativen Antworten quartalsweise zwischen dem ersten Quartal 2020 und dem zweiten Quartal 2024 dargestellt. Die Salden sind in Form einer Heatmap mit einer Farbabstufung von Rot und Orange für negative Werte, über Gelb für 0, bis Hellgrün und Grün für positive Werte dargestellt. Die Salden können Werte von minus 8 bis plus 8 annehmen. In der Tabelle liegt der negativste Wert bei minus 5 in Rot, der positivste bei 5 in Grün. Für das dritte Quartal 2024 werden die Erwartungen der Banken dargestellt. Inhaltliche Detailergebnisse werden im Fließtext dieses Reports erläutert. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

4 Weiterhin geringe, aber zunehmende Relevanz notleidender Kredite für die Kreditvergabepolitik der Banken

Beginnend mit der Umfrage vom Juli 2018 werden die teilnehmenden Banken halbjährlich zu den Auswirkungen von notleidenden Krediten (bzw. der Kreditqualität allgemein) auf ihre Kreditvergabepolitik und zu den entsprechenden Wirkungsweisen befragt. 9 Im Rahmen der ersten diesbezüglichen Erhebung wurde neben dem ersten Halbjahr 2018 auch der Zeitraum von 2014 bis 2017 erfasst. Die befragten Banken meldeten für diesen Zeitraum nur vereinzelt Verschärfungen der Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen aufgrund notleidender Kredite. Die vereinzelten Verschärfungen fanden vor allem im Zusammenhang mit regulatorischen Anforderungen statt.

Auch ab 2018 hatten notleidende Kredite nur geringe Auswirkungen auf die Kreditrichtlinien und Kreditbedingungen der österreichischen Banken. Im ersten Halbjahr 2024 wurden die Richtlinien und die Bedingungen für Unternehmenskredite aufgrund notleidender Kredite leicht verschärft, und für das zweite Halbjahr 2024 werden weitere leichte Verschärfungen der Kreditvergabepolitik bei Unternehmenskrediten erwartet. Als Begründungen für diese Entwicklung nannten die befragten Banken die Risikosituation und ihre Eigenkapitalkosten. Schon im zweiten Halbjahr 2023 kam es zu geringfügigen Verschärfungen der Bedingungen für Unternehmenskredite aufgrund notleidender Kredite. In den drei Halbjahren davor (erstes Halbjahr 2022 bis erstes Halbjahr 2023) vermerkten die Banken keine Auswirkungen notleidender Kredite auf ihre Kreditvergabepolitik. Die in der Umfrage gemeldeten leichten Verschärfungen der letzten Zeit stellen noch keinen deutlichen Trend dar. Die Kreditvergabepolitik der österreichischen Banken zeigt sich derzeit – wie in den letzten Jahren – weitgehend unbeeinflusst von notleidenden Krediten (bzw. der Kreditqualität allgemein).

Der Anteil notleidender Kredite lag in Österreich im ersten Quartal 2024 etwas über 2 % (leicht unterschiedliche Werte je nach Quelle und Definition) und etwas höher als im Euroraum bzw. in der EU insgesamt (vgl. Supervisory Banking Statistics der EZB und EBA Risk Dashboard ). Bis ins Jahr 2022 ist der Anteil – wie in den meisten EU-Ländern – tendenziell gesunken und liegt im langjährigen Vergleich auf einem sehr niedrigen Niveau. Seit dem vierten Quartal 2023 ist er in Österreich aber gestiegen und mittlerweile etwas höher als im Euroraum bzw. in der EU, wo er sich seit 2022 insgesamt kaum verändert hat. Für nähere Informationen zu notleidenden Krediten und anderen für die Finanzmarktstabilität relevanten Entwicklungen siehe die halbjährlichen Finanzmarktstabilitätsberichte der OeNB .

5 Auswirkungen der Überschussliquidität der Banken auf das Kreditgeschäft

In der aktuellen Umfrage wurden zum zweiten Mal (in halbjährlicher Frequenz) die Auswirkungen der beim Eurosystem gehaltenen Überschussliquidität der Banken auf ihre Kreditvergabe thematisiert. Dabei wurde gefragt, wie sich Veränderungen der von den Banken beim Eurosystem gehaltenen Überschussliquidität auf die Kreditvergabepolitik (Kreditrichtlinien, Kreditbedingungen) und auf das Kreditvolumen auswirken. Mit Überschussliquidität sind die Guthaben der Geschäftsbanken auf Girokonten beim Eurosystem oder in der Einlagefazilität gemeint, die über die Mindestreserven (Pflichteinlagen der Geschäftsbanken beim Eurosystem) hinausgehen. Die Überschussliquidität kann sich also einerseits aufgrund von Veränderungen der Guthaben verändern – und andererseits aufgrund von Veränderungen der (von der EZB vorgegebenen Höhe der) Mindestreserven. Die Mindestreserven (im zweiten Halbjahr 2023 und ersten Halbjahr 2024 durchschnittlich ca. 5 Mrd EUR, Quelle: EZB) machen nur einen kleinen Teil der von den österreichischen Banken beim Eurosystem gehaltenen Guthaben aus (ca. 103 Mrd EUR im Mai 2024, ca. 101 Mrd EUR im Durchschnitt von Juli 2023 bis Mai 2024, Quelle: EZB).

Im zweiten Halbjahr 2023 trug die Situation bei der Überschussliquidität – gemäß den Umfrageergebnissen – geringfügig zur Verschärfung der Kreditbedingungen und zum Rückgang des Kreditvolumens bei. Im ersten Halbjahr 2024 gab es diesbezüglich keine Effekte, und auch für das zweite Halbjahr erwarten die befragten Banken keine Auswirkungen. Weitere Informationen zu Zusammenhängen und Hintergründen wurden in der Umfrage nicht erhoben.

6 Anmerkungen und weitere Ergebnisse

In dieser Umfragerunde fällt auf, dass sich einige Entwicklungen im zweiten Quartal 2024 ganz anders darstellen, als es im Vorquartal erwartet wurde. Im Kreditgeschäft mit Unternehmen blieben die Kreditrichtlinien weitgehend unverändert (erwartet wurden Verschärfungen), und die Nachfrage ist weiter gesunken (erwartet wurde ein Stopp des Rückgangs). Im Kreditgeschäft mit privaten Haushalten hat sich die Nachfrage kaum geändert (erwartet wurde ein Anstieg). Die Refinanzierungsbedingungen für die Banken bzgl. mittel- bis langfristiger Anleihen haben sich verbessert (erwartet wurde eine weitgehend unveränderte Situation).

Auch ein Blick über die Umfrage hinaus zeigt, dass Erwartungen zur künftigen Wirtschaftsentwicklung aus dem ersten Quartal 2024 nicht eingetreten sind. Beispielsweise mussten die jüngsten Konjunkturprognosen nach unten revidiert werden, und auch die Inflation ist weniger stark gefallen als vor einigen Monaten erwartet.

Grafik 1 zeigt die Entwicklung der Nachfrage nach Unternehmenskrediten in Österreich und ihre Einflussfaktoren seit 2017 als kombiniertes Diagramm aus einer Linie und gestapelten Säulen. Die Linie stellt die Nachfrage dar, wobei die dazugehörige Skala von minus 100 bis plus 100 auf der linken y-Achse abgebildet ist. Die gestapelten Säulen stellen die Faktoren der Nachfrage dar, wobei die dazugehörige Skala von minus 300 bis plus 300 auf der rechten y-Achse abgebildet ist. Die Quartalsveränderungen werden als Nettoprozentsatz dargestellt. Positive Werte bezeichnen eine expansive Entwicklung (im Sinne eines Anstiegs der Nachfrage), negative Werte eine restriktive Entwicklung. Die Grafik veranschaulicht folgende Entwicklungen: 2017 und 2018 kam es zu einer Hochkonjunktur mit einer stark steigenden Kreditnachfrage. 2019 folgte eine abnehmende Konjunkturdynamik, und die Kreditnachfrage stieg nicht weiter an. Im Jahr darauf gab es einen hohen Bedarf an Überbrückungskrediten und Refinanzierungen infolge der COVID-19-Pandemie, wobei vor allem im zweiten Quartal 2020 ein deutlicher Rückgang der Nachfrage nach Investitionsfinanzierungen verzeichnet wurde. Vom vierten Quartal 2021 bis zum vierten Quartal 2022 nahm die Kreditnachfrage zur kurzfristigen Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln wieder deutlich zu. Seit Mitte 2022 kommt es zu einer konjunkturellen Eintrübung und einer rückläufigen Nachfrage nach Investitionsfinanzierungen. Seit dem vierten Quartal 2022 ist die Nachfrage nach Unternehmenskrediten allgemein rückläufig, was neben der Investitionsschwäche auch auf die gestiegenen Zinsen zurückzuführen ist. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Grafik 2 zeigt die Entwicklung der Nachfrage nach Wohnbaukrediten in Österreich und ihre Einflussfaktoren seit 2017 als kombiniertes Diagramm aus einer Linie und gestapelten Säulen. Die Linie stellt die Nachfrage dar, wobei die dazugehörige Skala von minus 100 bis plus 100 auf der linken y-Achse abgebildet ist. Die gestapelten Säulen stellen die Faktoren der Nachfrage dar, wobei die dazugehörige Skala von minus 350 bis plus 350 auf der rechten y-Achse abgebildet ist. Die Quartalsveränderungen werden als Nettoprozentsatz dargestellt. Positive Werte bezeichnen eine expansive Entwicklung (im Sinne eines Anstiegs der Nachfrage), negative Werte eine restriktive Entwicklung. Zusätzlich enthält die Grafik die Entwicklung des Anteils der abgelehnten Anträge für Wohnbaukredite als Linie analog zur Darstellung der Entwicklung der Nachfrage. Allerdings bezeichnen positive Werte hier einen Anstieg der Ablehnungen, also eine restriktive Entwicklung. Die Grafik veranschaulicht bzw. erläutert folgende Entwicklungen, wobei der Zeitraum vor 2017 nicht grafisch abgebildet ist: Von 2012 bis zum zweiten Quartal 2022 gab es eine expansive Entwicklung der Nachfrage nach Wohnbaukrediten, die nur wenige Unterbrechungen aufwies. Auch die COVID-19-Pandemie und die diesbezüglichen Eindämmungsmaßnahmen ab März 2020 konnten die Nachfrageentwicklung nur kurz bremsen. Im dritten und vierten Quartal 2022 ist die Nachfrage aber jeweils stark gesunken, was einen deutlichen Bruch der langjährigen, expansiven Entwicklung darstellt. Im ersten Quartal 2023 ist sie abermals gesunken, jedoch moderater als zuvor. Im zweiten Quartal 2023 ist sie stagniert und im dritten und vierten Quartal 2023 wieder gesunken. Im ersten Quartal 2024 ist sie hingegen leicht gestiegen und im zweiten Quartal 2024 weitgehend unverändert geblieben. Der Anteil der abgelehnten Kreditanträge ist im dritten Quartal 2022 deutlich gestiegen. In den Folgequartalen kam es zu weiteren Anstiegen des Anteils abgelehnter Kreditanträge. Quelle: Oesterreichische Nationalbank.

Grafik 3 zeigt die Entwicklung der neu vereinbarten privaten Wohnbaukredite in Österreich und des Zinsniveaus seit 2009. Die Wohnbaukredite werden als Monatsvolumina in Millionen Euro auf der linken Achse bzw. als Säulen dargestellt. Die dazugehörige Skala geht von null bis plus 3000. Das Zinsniveau wird anhand des Drei-Monats-Euribor und anhand der Zinsen für neu vereinbarte Wohnbaukredite in Österreich dargestellt. Die Darstellung erfolgt als Monatsdurchschnitte von Tageswerten in % auf der rechten Achse bzw. als Linien. Die dazugehörige Skala geht von minus eins bis plus fünf. Die Grafik veranschaulicht folgende Entwicklungen: Die neu vereinbarten Wohnbaukredite sind von 2009 bis Mitte 2022 tendenziell stark gestiegen, von etwa 500 Millionen Euro auf über 2.500 Millionen Euro. Im August 2022 sind sie abrupt auf etwa 1.300 Millionen Euro gefallen und seitdem tendenziell weiter gefallen. Im Jänner 2024 betrug das Monatsvolumen nur noch knapp 700 Millionen Euro. Bis Mai 2024 ist es aber wieder leicht auf etwa 950 Millionen Euro gestiegen. Die Zinsen sind von 2009 bis Anfang 2022 tendenziell gefallen und waren über Jahre hinweg sehr niedrig. Anschließend sind sie schnell gestiegen. Im Mai 2024 lag der Euribor bei 3,8 %. Die Zinsen für neu vereinbarte Wohnbaukredite lagen im Mai 2024 bei knapp 4 %. Die Zinsen wiesen in den letzten Monaten eine etwas fallende Tendenz auf. Anmerkungen zu den Zeitreihen für Kredite und Kreditzinsen: Neu vereinbarte Euro-Wohnbaukredite in Österreich an inländische private Haushalte, ohne Neuverhandlungen bestehender Kredite. Zinsen für neu vereinbarte Euro-Wohnbaukredite in Österreich an private Haushalte im Euroraum, inklusive Neuverhandlungen bestehender Kredite. Datenverfügbarkeit als Grund für methodische Unterschiede bei den dargestellten Zeitreihen. Zeitpunkt der Kreditvereinbarung maßgeblich für die statistische Erfassung, nicht Zeitpunkt der Auszahlung des Kredits. Private Haushalte inklusive private Organisationen ohne Erwerbszweck. Quelle: Oesterreichische Nationalbank, Europäische Zentralbank, Macrobond.

Kasten 1

Die Zentralbanken des Euroraums – in Österreich die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) – führen gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Anfang 2003 viermal jährlich eine Umfrage über das Kreditgeschäft im Euroraum durch, um ihren Informationsstand über das Kreditvergabeverhalten der Banken und das Kreditnachfrageverhalten von Unternehmen und privaten Haushalten zu verbessern. Dabei werden rund 160 führende Banken aus allen Ländern des Euroraums befragt, darunter acht Institute aus Österreich. Seit der Umfrage für das erste Quartal 2015 wird ein revidierter und erweiterter Fragebogen verwendet. Mit den Umfragen für das erste Quartal 2022 und das erste Quartal 2024 wurden einige der bestehenden Standardfragen erweitert.

Kreditrichtlinien sind die internen Kriterien (sowohl die schriftlich festgelegten als auch die ungeschriebenen), die bestimmen, unter welchen Voraussetzungen eine Bank Kredite vergeben möchte.

Kreditbedingungen sind die speziellen Verpflichtungen, auf die sich Kreditgeber und Kreditnehmer geeinigt haben (z. B. Zinssätze, Margen, Nebenkosten, Sicherheitenerfordernisse usw.). Seit der Umfrage für das erste Quartal 2024 werden Zinssätze als Teil der Kreditbedingungen erfasst. Seitdem sind die Kreditbedingungen daher breiter definiert.

Kreditmargen sind Aufschläge auf relevante Referenzzinssätze bzw. die Differenzen zwischen Kreditzinssätzen und Refinanzierungszinssätzen. Im Rahmen der Umfrage über das Kreditgeschäft im Euroraum wird bei einer Verringerung der Margen von einer Lockerung und bei einer Erhöhung der Margen von einer Verschärfung gesprochen. Eine Lockerung der Margen ist für Kreditnehmer positiv, schränkt aber unmittelbar die Ertragsmöglichkeiten der Banken als Kreditgeber ein.

Der Saldo aus positiven und negativen Antworten errechnet sich aus der Anzahl der Banken, die auf eine Frage in positiver Richtung antworten (z. B. Lockerung der Margen, Steigerung der Nachfrage) abzüglich der Anzahl der Banken, die auf eine Frage in negativer Richtung antworten (z. B. Verschärfung der Margen, Rückgang der Nachfrage). Die Bezeichnungen „positiv“ und „negativ“ dienen hier als Richtungsangabe und sind in diesem Zusammenhang als wertfrei zu verstehen.

Der Nettoprozentsatz ist der Saldo aus positiven und negativen Antworten im Verhältnis zur Anzahl der Antworten insgesamt. Wenn beispielsweise von acht antwortenden Banken zwei angeben, dass die Nachfrage nach Wohnbaukrediten gestiegen ist, eine angibt, dass die Nachfrage gesunken ist und die übrigen fünf angeben, dass die Nachfrage unverändert geblieben ist, dann ergibt sich ein Saldo von +1 bzw. ein Nettoprozentsatz von +12,5 (⅛). In diesem Beispiel gibt ein Überhang von nur einer Bank eine Nachfragesteigerung an – zu wenig, um daraus eine allgemeine Aussage abzuleiten. In einem solchen Fall muss von einer weitgehend unveränderten Situation ausgegangen werden.

Veröffentlichungshinweise: Die Berichte zur Umfrage über das Kreditgeschäft erscheinen ab Juli 2023 in der Publikationsreihe „ OeNB Reports “. Davor erschienen sie in der OeNB-Publikation „ Statistiken – Daten & Analysen “. Links, weitere Informationen und Daten zu den Österreich-Ergebnissen sind auf der OeNB-Website zu finden. Euroraum-Ergebnisse veröffentlicht die EZB.


  1. Das Eurosystem, bestehend aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken der Länder des Euroraums (in Österreich die OeNB), führt jedes Quartal eine Umfrage durch, um Informationen über Angebot und Nachfrage im Kreditgeschäft der Banken mit Unternehmen und privaten Haushalten zu erheben. Befragt werden dabei leitende Kreditmanager:innen großer Banken. Methodisch ist die Umfrage eine qualitative Erhebung. Die Antworten werden auf einer Ordinalskala erfasst. Die Fragen beziehen sich auf Veränderungen zur Vorperiode und die Gründe dafür. Die diesem Bericht zugrunde liegende Umfrage wurde im Juni 2024 durchgeführt. Redaktionsschluss für sonstige Daten: 5. Juli 2024. ↩︎

  2. Oesterreichische Nationalbank, Referat Konjunktur, . ↩︎

  3. Der Nachfragerückgang im dritten Quartal 2023 sticht im langfristigen Vergleich seit Bestehen der Umfrage besonders hervor, etwas geringer jener im zweiten Quartal 2024. (Die erste Umfrage wurde für das vierte Quartal 2002 durchgeführt.) Ähnlich deutliche punktuelle Nachfragerückgänge wurden bisher nur für das vierte Quartal 2008 bzw. das erste Quartal 2009 (im Zuge der globalen Finanzkrise) und für das dritte Quartal 2012 (im Zuge der Staatsschuldenkrise) berichtet. ↩︎

  4. „Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung“ (KIM-V oder KIM-VO), im August 2022 in Kraft getreten. Ziel der Verordnung ist die Begrenzung von zunehmenden systemischen Risiken bei der Wohnimmobilienfinanzierung in einem herausfordernden Umfeld (Eintrübung der Wirtschaftslage, Zinswende, gestiegene Immobilienpreise und bisherige Kreditvergabepraxis). Der Fokus wird dabei auf die finanzielle Belastung bzw. Rückzahlungsfähigkeit der Kreditnehmer:innen gelegt. Durch die KIM-V wurde für Wohnbaukredite eine maximale Beleihungsquote von 90 %, eine maximale Schuldendienstquote von 40 % und eine maximale Laufzeit von 35 Jahren festgelegt, wobei Ausnahmen von diesen Vorgaben in beschränktem Umfang möglich sind. Siehe die Presseaussendung der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 20. Juni 2022 . Die KIM-V wurde mittlerweile hinsichtlich der Ausnahmen novelliert, siehe die entsprechende Presseaussendung der FMA vom 13. Juni 2024 . ↩︎

  5. Geldmarktzinsen (z. B. der EURIBOR), an die Zinsen für Wohnbaukredite häufig gebunden sind, haben schon Anfang 2022 zu steigen begonnen. Die Zinsschritte der EZB bzw. ihre Ankündigung im Juni 2022 haben die Anstiege intensiviert. ↩︎

  6. Echte Neukreditvergabe ohne neuverhandelte Kredite österreichischer Banken an inländische private Haushalte; Quelle: OeNB. ↩︎

  7. Der Dreimonats-EURIBOR war vom 28. April 2015 bis zum 13. Juli 2023 negativ und fiel dabei bis auf –0,605 % am 14. Dezember 2021. Im Zusammenhang mit der (erwarteten) Zinswende bzw. den Zinserhöhungen der EZB stieg er von Anfang 2022 bis September 2023 an (deutlich ab Mitte 2022). Seither liegt er ca. bei bzw. etwas unter 4 % (ca. 3,7 % Anfang Juli 2024 nach einem leichten Rückgang seit April 2024). ↩︎

  8. Im Rahmen der Umfrage über das Kreditgeschäft wurde das allgemeine Zinsniveau vom ersten Quartal 2015 bis zum zweiten Quartal 2022 als mit Abstand häufigster Grund für die gestiegene Nachfrage nach privaten Wohnbaukrediten genannt. Davor wurde das allgemeine Zinsniveau nicht standardisiert als Faktor der Nachfrage erhoben. ↩︎

  9. Konkret wird gefragt, welche Auswirkungen die NPL-Quote und andere Indikatoren der Kreditqualität auf die Kreditvergabepolitik der Banken haben. (Mit der Umfrage vom Jänner 2024 wurde der Fokus der Frage erweitert. Zuvor wurde enger nach den Auswirkungen der NPL-Quote allein gefragt.) Die NPL-Quote ist definiert als der prozentuale Anteil des NPL-Bestands (brutto) in der Bankbilanz am Bruttobuchwert der Kredite. NPL steht für „nonperforming loan“ und bedeutet „notleidender Kredit“. Zu den anderen Indikatoren der Kreditqualität zählen z. B. Stufe-2-Kredite (nicht notleidende Kredite mit signifikantem Ausfallrisiko) und Kredite mit jungen Zahlungsrückständen (Kredite, deren Zahlung mehr als 30 und weniger als 90 Tage überfällig ist). ↩︎

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