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OeNB Report 2024/2: Interimsprognose für Österreich vom März 2024

Fallende Inflation ermöglicht moderate Konjunkturerholung

Redaktionsschluss: 4. März 2024

Christian Beer, Friedrich Fritzer, Doris Prammer, Martin Schneider, Richard Sellner, Alfred Stiglbauer und Klaus Vondra 1

Zusammenfassung

Das reale BIP in Österreich ist im Jahr 2023 laut den am 29. Februar veröffentlichten Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) um 0,7 % (saison- und arbeitstägig bereinigt) geschrumpft. Der Rückgang umfasste neben den Bereichen Landwirtschaft, Industrie und Bauwesen auch den Großteil der Dienstleistungssektoren. Der OeNB-Konjunkturindikator vom März 2024 signalisiert für die ersten beiden Quartale 2024 ein leicht positives Wachstum von 0,2 % bzw. 0,4 % (jeweils gegenüber dem Vorquartal). Die neue Interimsprognose der OeNB ergibt für die Jahre 2024 und 2025 ein BIP-Wachstum von 0,5 % bzw. 1,8 %. Dies entspricht weitgehend der OeNB-Prognose vom Dezember 2024. Neben den neuen Daten der VGR sind die aktuellen Entwicklungen im internationalen Umfeld sowie die von der Regierung angekündigte Wohnbauoffensive in das Prognoseupdate eingeflossen. Die Arbeitslosenquote blieb gegenüber der Prognose vom Dezember 2023 unverändert.

Die HVPI-Inflation ging im Verlauf des Jahres 2023 ausgehend von 11,6 % im Jänner stark zurück und lag im Dezember bei 5,7 %. Dieser rückläufige Trend setzte sich zu Jahresbeginn 2024 weiter fort. Laut Schnellschätzung der Statistik Austria verringerte sich die HVPI-Inflationsrate im Februar auf 4,2 %. Damit war sie so niedrig wie seit Anfang 2022 nicht mehr. Laut der aktuellen Inflationsprognose wird die HVPI-Inflationsrate im Jahresdurchschnitt 2024 auf 3,6 % sinken und sich damit gegenüber dem Vorjahr mehr als halbieren. In den Folgejahren ist mit einem langsameren Rückgang der Teuerung zu rechnen. Gegenüber der Prognose vom Dezember 2023 wurde die Inflationsprognose für den gesamten Prognosehorizont, vor allem aber für 2024, wegen niedriger Energierohstoffpreisannahmen nach unten revidiert.

Tabelle 1

OeNB-Interimsprognose für Österreich vom März 2024
Revision seit Dezember 2023
Q1 24 Q2 24 2023 2024 2025 2024 2025
    in Prozentpunkten
Reales BIP-Wachstum (zur Vorperiode in %) 0,2 0,4   –0,7 0,5 1,8   –0,1 0,1
HVPI-Inflation (zum Vorjahr in %) 4,5 4,0   7,7 3,6 2,7   –0,4 –0,3
AMS-Arbeitslosenquote (in %) 6,7 6,8   6,4 6,8 6,5   0,0 0,0
Quelle: 2023: Statistik Austria; 2024–2025: OeNB.

Aktuelle Konjunkturentwicklungen: Österreichs Wirtschaft schrumpfte im Jahr 2023 um 0,7 %

Die österreichische Wirtschaft zählte im Jahr 2023 mit einem Rückgang des realen BIP von 0,7 % 2 zu den Wachstums-Schlusslichtern im Euroraum. Dafür waren mehrere Faktoren verantwortlich: eine deutliche Reduktion in der Lagerbildung der Unternehmen, sinkende Investitionen (vor allem im Wohnbau), ein stagnierender privater Konsum und eine sich abkühlende Exportkonjunktur. Auf Branchenebene spiegelte sich diese Entwicklung in einer rückläufigen Wertschöpfung in der Landwirtschaft, in der Industrie, im Bauwesen und im Großteil der Dienstleistungssektoren wider.

Exportwirtschaft verlor 2023 deutlich an Dynamik

Die internationale Konjunktur – die für Österreich als kleine offene Volkswirtschaft eine zentrale Rolle einnimmt – hat sich sehr schwach entwickelt. Das Wachstum der österreichischen Gesamtexporte hat im Jahr 2023 verglichen mit den beiden Vorjahren deutlich an Dynamik verloren. Die Exporte sind im Vorjahresvergleich real beinahe stagniert (+0,3 %) und unterjährig sogar gefallen. Neben dem Krieg in der Ukraine hat auch der 2023 stark sinkende Lageraufbau den internationalen Handel gedämpft. Sachgütererzeuger reduzierten ihre Lagerhaltung aus Kostengründen, da sich die internationalen Lieferkettenschwierigkeiten 2023 weitgehend gelöst haben.

Im Euroraumvergleich zählt Österreich trotz seiner fast stagnierenden Exporte zu den wenigen Ländern, die 2023 ein positives Exportwachstum ausgewiesen haben. Österreich liegt sowohl beim nominellen als auch realen Wachstum der Ausfuhren auf den vorderen Rängen im Euroraumvergleich. Dabei zeigt sich jedoch ein Auseinanderklaffen der Entwicklung zwischen Gütern und Dienstleistungen. Besonders gut haben sich in den ersten elf Monaten des Jahres die Exporte von chemischen Erzeugnissen sowie von Maschinen und Fahrzeugen entwickelt. Die österreichischen Exporteure ermöglichten diese gute Exportperformance, indem sie die im internationalen Vergleich hohe Inflation nicht auf ihre Preise übergewälzt haben, sondern einen Rückgang ihrer Gewinnmargen in Kauf genommen haben. Dies zeigen sowohl der Produzentenpreisindex für den Auslandsmarkt wie auch der Deflator der Güterexporte. Deren Steigerungen lagen 2023 im Durchschnitt der Euroraumländer, obwohl inländische Inflationsmaße wie Verbraucherpreise, BIP-Deflator und Lohnstückkosten deutlich höhere Preissteigerungen aufgewiesen haben. Der auf den Fahrleistungsdaten der ASFINAG basierende OeNB-Exportindikator zeigt für die Monate Dezember 2023 und Jänner 2024 eine anhaltende Seitwärtsbewegung der Güterexporte. Auf die Dienstleistungsexporte und insbesondere die Tourismusentwicklung wird später genauer eingegangen.

Schwache Industrie- und Baukonjunktur

Die exportorientierte Industrie ist besonders stark von der Abkühlung der internationalen Konjunktur betroffen. Im Gesamtjahr 2023 ist die Produktion in der Sachgütererzeugung zwar nur leicht (–1,9 %) zurückgegangen, der Rückgang hat sich im Jahresverlauf jedoch beschleunigt. Besonders betroffen waren die Unternehmen in den Grundstoffindustrien wie Holz, Metall, Gummi und Kunststoff. Gegen Jahresende 2023 mussten auch die Hersteller von Metallerzeugnissen, von elektronischen und elektrischen Ausrüstungen und die Maschinenbauunternehmen empfindliche Produktionsrückgänge im Bereich von 10–15 % hinnehmen. Einzig die Hersteller von pharmazeutischen Erzeugnissen haben ihre Produktion deutlich ausweiten können. Die Industriekonjunktur wird auch durch die schwache Investitionsdynamik und gestiegene Investitionskosten belastet. Die Stimmungsindikatoren für die Industrie befinden sich nach wie vor auf niedrigem Niveau, die Vorlaufindikatoren deuten jedoch auf eine Bodenbildung hin. Die von Statistik Austria und der UniCredit/Bank Austria erhobenen Auftragseingänge lassen erste Anzeichen einer Erholung erkennen.

Tabelle 2

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (real, saison- und arbeitstägig bereinigt)
BIP Nachfrageseite Entstehungsseite
Privater Konsum Öffentlicher Konsum Investitionen Exporte Importe Bruttowertschöpfung Industrie
(B–E)
Bau (F) Dienstleistungen,
privat
(G–N)
Dienstleistungen, öffentlich
(O–U)
Veränderung zum Vorquartal in %
Q1 23 +0,1 +0,5 –2,0 –1,9 +0,5 –1,1 –0,2 –0,1 +0,5 –0,1 –0,2
Q2 23 –1,3 –0,4 +1,3 –1,7 –3,9 –0,4 –1,1 –1,1 –1,4 –1,8 +0,9
Q3 23 –0,3 –0,7 +1,1 –1,2 –1,2 –1,5 –0,4 –1,4 –0,6 –0,5 +0,6
Q4 23 +0,0 –0,2 –1,4 +0,9 +3,9 +3,5 +0,2 –0,1 –0,7 +0,1 +0,5
Veränderung zum Vorjahr in %
2022 +4,8 +5,8 +0,1 +0,3 +11,7 +8,1 +5,2 +4,3 –1,1 +6,4 +5,0
2023 –0,7 –0,2 –0,4 –2,2 +0,3 –1,4 –0,8 –1,9 –0,8 –1,4 +2,3
Quelle: Statistik Austria.

Die Lage in der Bauwirtschaft hat sich im Verlauf des Jahres 2023 deutlich eingetrübt. Die Bauproduktion ist in der zweiten Jahreshälfte spürbar zurückgegangen. Dies ist auf den Wohnbau zurückzuführen, der durch eine Reihe von Faktoren unter Druck geraten ist. Bereits seit Anfang 2020 signalisieren sinkende Bau­bewilligungen ein bevorstehendes Abklingen des überaus starken Wohnbauzyklus. Diese Trendumkehr setzte also schon lange vor dem Anstieg der Zinsen und der Verschärfung der Kreditvergaberichtlinien ein. Der Höhepunkt der Wohnbautätigkeit wurde im Jahr 2022 mit 77.300 Fertigstellungen erreicht. Für 2023 weisen die Daten zu den Wohnbauinvestitionen einen realen Rückgang um 8,8 % aus. Der Tiefbau hat sich 2023 hingegen stabil entwickelt und konnte seine Produktion leicht ausweiten.

Verhaltene Entwicklung bei Dienstleistungen und Dienstleistungsexporten

Die reale Wertschöpfung im Dienstleistungssektor sank 2023 um insgesamt 0,4 %. Besonders betroffen waren die Bereiche Handel (–5,7 %) sowie Verkehr und Lagerei (–6,3 %). Der Bereich Beherbergung und Gastronomie konnte nach dem starken Aufholprozess nach dem Ende der COVID-19-Pandemie einen weiteren kräftigen Anstieg der nominellen Wertschöpfung erzielen. Dieser war jedoch zum überwiegenden Teil auf Preisanstiege zurückzuführen. Real kam es hier im Gesamtjahr 2023 nur zu einem geringfügigen Zuwachs.

Beim nominellen Wachstum der Dienstleistungsexporte lag Österreich im Mittelfeld der Euroraumländer. Dies ist jedoch zur Gänze auf den starken Anstieg der Exportpreise zurückzuführen. Real schrumpften die Dienstleistungsexporte im Jahr 2023 um 2 %. Für die Leistungsbilanz der ersten drei Quartale liegen disaggregierte Daten über die Entwicklung der nominellen Dienstleistungsexporte vor. Die Zunahme von 3,9 Mrd EUR bzw. 6,8 % ist fast ausschließlich auf den Tourismus zurückzuführen. Dieser verzeichnet aufgrund der starken Nachfrage bei gleichzeitigen Angebotsengpässen hohe Preissteigerungen. Die Zahl der Nächtigungen von Ausländer:innen lag in diesem Zeitraum leicht unterhalb des Vorjahresniveaus, was auf eine reale Stagnation hindeutet. Die Wertschöpfung der Hotellerie und Gastronomie lag 2023 real immer noch um 17 % unter dem Niveau von 2019 (vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie).

Konjunkturschwäche ist am Arbeitsmarkt angekommen

Der österreichische Arbeitsmarkt hat sich 2023 sehr robust gezeigt. Die aktuellen Arbeitsmarktdaten zeigen jedoch, dass die Konjunkturschwäche mittlerweile am Arbeitsmarkt angekommen ist. Laut den Administrativdaten der Sozialversicherung und des Arbeitsmarktservice von Ende Februar 2024 stagniert die saisonbereinigte unselbstständige Beschäftigung seit etwa einem halben Jahr auf einem Niveau von etwa 3.960.000 Personen. Die Arbeitslosenzahlen zeigen hingegen zuletzt einen moderaten Anstieg. Zählt man zu den Arbeitslosen auch die Personen in AMS-Schulungen dazu, so ergibt sich seit Anfang 2023 ein kontinuierlicher Anstieg (von rund 330.000 im Jänner 2023 auf 360.000 Personen zuletzt). Die Zahl der registrierten offenen Stellen nahm zuletzt wieder deutlich ab und liegt mit knapp 96.000 deutlich unter den Höchstständen des Jahres 2022 (127.000 im Dezember 2022).

Konjunkturindikator: Moderates Wachstum zu Jahresbeginn 2024

Der OeNB-Konjunkturindikator 3 mit Stand 4. März 2024 ergibt für das erste Quartal 2024 ein Wachstum des realen BIP um 0,1 %, für das zweite Quartal um 0,3 %.

Grafik 1

Hier befindet sich eine Grafik mit dem Titel „OeNB-Konjunkturindikator: Kurzfristprognose des realen BIP (saison- und arbeitstägig bereinigt)“. Sie benötigen mehr barrierefreie Informationen zu dieser Grafik? Bitte wenden Sie sich direkt an einen Autor: klaus.vondra@oenb.at.

Das Wachstum der reinen Modellprognose bleibt in der ersten Jahreshälfte unterdurchschnittlich. Dies liegt an den weiterhin schwachen Stimmungsindikatoren für die Industrie, Dienstleistungen und den Einzelhandel sowie an dem starken Rückgang bei den offenen Stellen.

Aufgrund der hohen Zuwächse bei den realen Nettohaushaltseinkommen geht die OeNB jedoch von einer etwas stärkeren Konsumentwicklung aus. Da dies nicht ausreichend im Datenset des Konjunkturindikators abgebildet ist, erhöhen wir die Modellprognose mittels Expert Judgment auf 0,2 % bzw. 0,4 %.

Schwächere Kurzfristeinschätzung und Exportmarktentwicklung führen zu geringer Abwärtsrevision der Wachstumsprognose für 2024

Die Wachstumsprognose für die Jahre 2024 und 2025 stellt ein technisches Update der OeNB-Prognose vom Dezember 2023 dar. Dazu wurde zunächst die aktuelle Veröffentlichung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung für das vierte Quartal 2023 inkludiert. Anschließend wurden die Auswirkungen der seit Dezember geänderten internationalen Rahmenbedingungen wie Exportnachfrage, Energie- und Rohstoffpreise, Wechselkurse und Zinsen mit dem makroökonomischen Modell der OeNB (Austrian Quarterly Model – AQM) simuliert. Für die ersten beiden Quartale 2024 wurden die Ergebnisse des OeNB-Konjunkturindikators übernommen. Darüber hinaus wurden die erwarteten Wachstumseffekte der von der österreichischen Bundesregierung Ende Februar 2024 verlautbarten Wohnbauoffensive berücksichtigt. Diese enthält Maßnahmen zur Unterstützung des Wohnungsmarkts und der Baukonjunktur wie Zuschüsse für den geförderten Wohnbau, erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten und günstige Kredite, befristet von 2024 bis 2026. OeNB-Schätzungen zeigen, dass dieses Paket das BIP-Wachstum im Jahr 2024 um 0,1 und im Jahr 2025 um 0,15 Prozentpunkte erhöht. Der Beschäftigungseffekt wird auf +6.000 Personen im Jahr 2024 und +12.000 Personen im Jahr 2025 geschätzt, wobei etwa die Hälfte im Bausektor liegt.

Verglichen mit der Dezemberprognose 2023 wird die Prognose für das reale BIP-Wachstum im Jahr 2024 geringfügig um 0,1 Prozentpunkte auf +0,5 % gesenkt. Diese Abwärtsrevision ist hauptsächlich auf die schwächere Einschätzung für das BIP-Wachstum in den ersten beiden Quartalen 2024 laut OeNB-Konjunkturindikator („OeNB-Einschätzung“: –0,2 Prozentpunkte) zurückzuführen. Darüber hinaus dämpfen die etwas ungünstigeren internationalen Rahmenbedingungen („externe Annahmen“: –0,1 Prozentpunkte) die Wachstumsaussichten für 2024.

Tabelle 3

Prognose für das Wachstum des realen BIP
März 2024 Dez. 2023 Revision ...
Gesamt
… durch neue Daten … durch externe Annahmen … durch OeNB-Einschätzung
Veränderung zum Vorjahr in % in Prozentpunkten
2023 –0,7 –0,7 –0,0 –0,0 0,0 0,0
2024 0,5 0,6 –0,1 0,2 –0,1 –0,2
2025 1,8 1,7 0,1 0,0 0,0 0,1
Quelle: Statistik Austria, OeNB.

Die Berücksichtigung der aktuellen Veröffentlichung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung für das vierte Quartal 2023 hat einen positiven Effekt auf das BIP-Wachstum im Jahr 2024 in der Höhe von 0,2 Prozentpunkten („neue Daten“). Dies ergibt sich durch ein im Vergleich zur Dezemberprognose etwas höheres Wachstum im vierten Quartal 2023 und durch eine leichte Aufwärtsrevision des Wachstums im dritten Quartal.

Durch diese Effekte ergibt sich für das Jahr 2024 ein höherer Startwert und in weiterer Folge ein höheres Wachstum. Ein weiterer positiver Effekt ergibt sich durch die Berücksichtigung der Wohnbauoffensive. Die Prognose für 2025 wurde aufgrund der Wohnbauoffensive geringfügig von +1,7 % auf +1,8 % angehoben.

Wachstumsrisiko durch Zunahme geopolitischer Spannungen

Die größten Risiken für das Wirtschaftswachstum in Österreich gehen von einer weiteren Zunahme der geopolitischen Spannungen aus. Dazu zählen in erster Linie die Angriffe auf den internationalen Frachtverkehr im Roten Meer sowie eine Intensivierung der Kriegshandlungen in der Ukraine und im Nahen Osten. All dies könnte zu Störungen der internationalen Lieferketten und zu Rohstoffpreisanstiegen führen. Auch die heimischen Risiken für das Wirtschaftswachstum sind nach unten gerichtet. Das hohe Inflationsdifferential zum Euroraum könnte zu einem Verlust an preislicher Wettbewerbsfähigkeit führen. Das wichtigstes heimisches Abwärtsrisiko stellt die weitere Entwicklung des Immobiliensektors dar. Während das von der Regierung verabschiedete Wohnbaupaket den Wohnbau stützt, verbleibt eine hohe Unsicherheit für den Bereich gewerblich genutzter Immobilien.

Aktuelle Inflationsentwicklungen: Starker Rückgang der HVPI-Inflation in den letzten Monaten

2023 belief sich die österreichische HVPI 4 -Inflationsrate auf 7,7 % und war damit etwas niedriger als 2022 (8,6 %). Allerdings verringerte sich die Inflationsrate im Jahresverlauf 2023 deutlich: Im Jänner 2023 betrug sie noch 11,6 %; im Dezember 2023 hat sie sich bereits auf 5,7 % verringert und damit mehr als halbiert. Diese Entwicklung ging großteils auf Energie zurück, aber auch der Preisauftrieb für Nahrungsmittel (einschließlich Alkohol und Tabak) sowie Industriegüter ohne Energie verlangsamte sich. Der Rückgang der Energieinflation ist auch auf fiskalische Maßnahmen wie die Strompreisbremse oder den Zuschuss für Netzverlustentgelte zurückzuführen. Lediglich die Dienstleistungsinflation blieb weiterhin hoch und war im Dezember 2023 sogar geringfügig höher als im Jänner 2023. Dies ist vor allem auf die Preisentwicklung bei den Hotels und Restaurants sowie bei Pauschalreisen zurückzuführen. Die ohne Energie und Nahrungsmittel berechnete Kerninflation lag 2023 bei 7,3 % (2022: 5,1 %). Nachdem diese im April 2023 mit 8,3 % den höchsten Wert seit Beginn der Währungsunion erreicht hatte, ging sie bis Dezember 2023 auf 5,9 % zurück.

Der rückläufige Trend der Inflation setzte sich im Jänner und Februar 2024 weiter fort. Die HVPI-Inflationsrate betrug im Jänner 4,3 %. Laut Schnellschätzung von Statistik Austria verringerte sich die HVPI-Inflationsrate im Februar auf 4,2 % 5 und war damit so niedrig wie seit Anfang 2022 nicht mehr. Auch dieser Rückgang war maßgeblich durch die Energieinflation bestimmt. Zusätzlich verzeichnete auch die Dienstleistungsinflation im Jänner 2024 einen deutlichen Rückgang. Die Kerninflation sank im Jänner auf 5,3 %.

Sinkende Preise bei Energie, deutlich geringere Inflationsraten bei Nahrungsmitteln und Industriegütern ohne Energie

Die Inflationsrate von Energie lag im Jänner 2024 bei –4,3 %. Im Jänner 2024 waren die Inflationsraten der meisten Energiekomponenten (Kfz-Kraftstoffe, flüssige und feste Brennstoffe, Strom und Fernwärme) mit Ausnahme von Gas negativ. Im Gesamtjahr 2023 sanken die durchschnittlichen Preise für Kfz-Kraftstoffe, flüssige Brennstoffe und Strom. Bei den Strompreisen ist diese Entwicklung in erster Linie auf fiskalische Maßnahmen, nämlich die Strompreisbremse und den Netzkostenzuschuss, zurückzuführen. Bei Gas war von 2022 auf 2023 ein Rückgang der Inflationsrate, allerdings nicht des Endverbraucherpreises, zu beobachten. Die Gaspreisinflation sank von 81 % im Jahr 2022 auf 54 % im Jahr 2023 und betrug im Jänner 2024 12,5 %. Damit lagen die Gaspreise für Konsument:innen auch im Jänner noch immer deutlich höher als zu Beginn des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine im Februar 2022. Dies ist auch der langsamen Weitergabe der sinkenden Großhandelspreise an die Endkund:innen aufgrund der relativ langen Vertrags-Bindungsfristen, der geringen Wechselfreudigkeit der Konsument:innen und des geringen Wettbewerbs geschuldet.

Die Inflation bei den Dienstleistungen lag im Jahr 2023 bei durchschnittlich 7,8 % und sank im Jänner 2024 auf 6,8 %. Dies ist die geringste Teuerungsrate seit über einem Jahr, liegt allerdings noch immer deutlich über den Inflationsraten der anderen HVPI-Komponenten. Die weiterhin hohen Teuerungsraten im Dienstleistungssektor werden vor allem von Gast- und Beherbergungsdienstleistungen, Pauschalreisen, Gesundheitsdienstleistungen sowie Mieten getrieben. Die starke Erholung im Tourismus (die Anzahl der Tourist:innen hat 2023 fast wieder ihr Vorkrisenniveau erreicht) erlaubt es den Unternehmen 2023, ihre Preise zu erhöhen. Diese Preiserhöhungen waren zumindest teilweise den gestiegenen Kosten (hohe Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln und hohe Lohnsteigerungsraten) geschuldet. Die starke Nachfrage und der Anstieg des Richtwertmietzinses im Mai 2023 erklären die kontinuierlich steigende Mietpreisinflation seit Beginn 2023 (Jänner 2024: 9 %).

Die Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln betrugen 2023 10 % – die höchste Inflationsrate der HVPI-Aggregate. Allerdings ist seit dem Höchststand der Inflationsrate im Jänner 2023 (14,1 %) ein kontinuierlicher Rückgang der Teuerung auf 5,8 % im Jänner 2024 zu beobachten. Die Inflationsrate bei unverarbeiteten Nahrungsmitteln beträgt im Jänner 2024 mit 4,5 % nur mehr ein Drittel ihres Höchststandes; die Inflationsrate bei verarbeiteten Lebensmitteln hat sich auf 6,1 % mehr als halbiert. Besonders deutliche Rückgänge der Inflationsraten wurden bei Nahrungsmitteln des täglichen Bedarfs wie Brot und Getreideerzeugnissen, Molkereiprodukten und Eiern verzeichnet.

Auch die Inflationsrate von Industriegütern ohne Energie ging seit dem Höchstwert im Jänner 2023 (8,8 %) deutlich zurück, sodass die Jahresinflationsrate im Jahr 2023 6,4 % betrug. Mit 2,7 % liegt die Inflationsrate im Jänner 2024 nur noch 1,5 Prozentpunkte über ihrem langfristigen Durchschnitt. Eine der Ursachen hierfür sind die schon seit März (Juli) rückläufigen Großhandelspreise (Erzeugerpreise) für den Inlandsmarkt. Betrachtet man die nichtenergetischen Industriegüter im Detail, zeigt sich ein Rückgang des Preisauftriebs vor allem bei langlebigen Konsumgütern, besonders Möbeln und anderen Einrichtungsgegenständen sowie bei Pkw. Gebrauchtwagen sind seit November 2023 sogar billiger als im Jahr davor.

Inflationsabstand zum Euroraum weiter groß

Im Vergleich zur Inflationsrate des Euroraums (Jahresdurchschnitt 2023: 5,5 %) ist Österreichs Inflationsrate mit 7,7 % überdurchschnittlich hoch; ebenso liegt die Kerninflationsrate 2023 (7,3 %) deutlich über jener des Euroraums (5 %). Lediglich die baltischen Staaten, die Slowakei und Kroatien weisen höhere Inflationsraten auf. Die Inflationsdifferenz zum Euroraum-Durchschnitt von etwas mehr als 2 Prozentpunkten lässt sich vor allem auf Energie und Dienstleistungen zurückführen. Bereits im Jänner 2024 verringerte sich die Inflationsdifferenz aufgrund der Energiekomponente deutlich auf 1,5 Prozentpunkte. Laut Schnellschätzung für den Februar 2024 beträgt die Inflationsdifferenz Österreichs zum Euroraum 1,6 Prozentpunkte.

Im ersten Halbjahr 2022 lag die österreichische HVPI-Inflationsrate noch unter der HVPI-Inflation des Euroraums. Anschließend drehte sich der Abstand. Ein Grund für diese Entwicklung ist, dass geänderte Großhandelspreise für Haushaltsenergie nur schleppend an die Endverbraucher:innen in Österreich weitergegeben werden. Während der ab Mitte des Jahres 2021 beobachtete starke Anstieg bei Strom- und Gaspreisen erst ab 2022 zu deutlichen Preiserhöhungen bei der Haushaltsenergie führte, stiegen die Energiepreise im Euroraum rascher an. Die umgekehrte Entwicklung ist nun seit dem Rückgang der Großhandelspreise seit Ende 2022 zu beobachten: Verhältnismäßig langsam spiegelte sich dieser in den österreichischen Preisen von Haushaltsenergie wider. Allerdings ist diese Entwicklung nicht nur auf mangelnden Wettbewerb, die lange Vertragsdauer der österreichischen Energieversorger mit ihren Kund:innen und die geringe Wechselwilligkeit der österreichischen Konsument:innen zurückzuführen. Sie könnte auch auf unterschiedliche Erhebungsmethoden zurückzuführen sein: In Österreich wird der Preis von Haushaltsenergie anhand von Daten von Neu- und Bestandsverträgen erhoben, während in einigen anderen Euroraum-Ländern (z. B. Italien, Frankreich, Belgien) nur Neuverträge berücksichtigt werden. Damit werden Preisänderungen im Euroraum-Aggregat rascher in der Preisstatistik sichtbar. Auch unterschiedliche fiskalische Strategien spiegeln sich im Energiepreis wider. In Österreich wurde weit weniger in die Energiepreise eingegriffen als in anderen Euroraum-Ländern.

Der größte Teil der Inflationsdifferenz im Dienstleistungsbereich von durchschnittlich 2,9 Prozentpunkten im Jahr 2023 ist auf Gaststätten- und Beherbergungsdienstleistungen zurückzuführen. Auch im Jänner 2024 stiegen die Gastronomiepreise in Österreich mit 8,3 % weit stärker als im Euroraum-Durchschnitt (5,4 %); gleichzeitig liegt die Gewichtung mit 16,7 % im österreichischen HVPI-Warenkorb deutlich über jener des Euroraums (11,2 %). Die rasche Erholung der Tourismusnachfrage könnte dazu geführt haben, dass Unternehmen in Österreich ihre Preise stärker anheben konnten als in anderen Euroraum-Ländern. Ebenso sind die Lohnsteigerungen – ein wesentlicher Kostenfaktor im Dienstleistungsbereich – in Österreich tendenziell höher als in anderen Euroraum-Ländern.

Wiewohl die Nahrungsmittelinflation (inklusive Alkohol und Tabak) 2023 in Österreich sehr hoch war, dämpfte sie dennoch den Inflationsabstand Österreichs gegenüber dem Euroraum. Die Nahrungsmittelinflation war 2023 in Österreich um 0,9 Prozentpunkte niedriger als im Euroraum.

Inflationszerlegung zeigt starke Verschiebungen in der Rolle der Kostenkomponenten

Grafik 2

Hier befindet sich eine Grafik mit dem Titel „Beiträge der Kostenkomponenten zur HVPI-Inflation in Österreich“. Sie benötigen mehr barrierefreie Informationen zu dieser Grafik? Bitte wenden Sie sich direkt an einen Autor: klaus.vondra@oenb.at.

Die Zerlegung der HVPI-Inflation nach Kostenkomponenten zeigt, dass sich die Zusammensetzung im Jahr 2023 deutlich von den beiden Vorjahren unterschied. In den Jahren 2021 und 2022 trugen die Importe – sowohl von Energie wie auch die sonstigen Importe – am stärksten zur Inflation bei. Im Jahr 2022 entfiel darüber hinaus ein Viertel der durch die Produktion von Konsumgütern erzielten Erlöszuwachses auf die Gewinne der Unternehmen, während die Löhne kaum eine Rolle spielten. Im Jahr 2023 lieferten die Löhne aufgrund der in Österreich üblichen verzögerten Inflationsanpassung mit 5,0 Prozentpunkten den höchsten Beitrag zur Inflation. Durch den Rückgang der Energiepreise dämpften die Energieimporte die Inflation, während von den Importen von Nahrungsmitteln und von Reisedienstleistungen positive Beiträge ausgingen.

Indikatoren für die Inflationsentwicklung

Weitere Aspekte der Inflationsentwicklung werden über den OeNB Wage Tracker und einen Webscraping-Ansatz analysiert. Der Wage Tracker gibt Aufschlüsse über die jüngsten Lohnentwicklungen und einen möglichen Preisdruck von der Lohnseite. Das Webscraping-Tool der OeNB ermittelt tagesaktuelle Preise auf heimischen Webseiten von Supermärkten und Essenslieferdiensten, um die Preisentwicklung im laufenden Monat verfolgen zu können. Beide Indikatoren sind wichtige Inputs für die Inflationsprognose der OeNB.

Wage Tracker: Spitze im Jänner 2024, danach aber deutlich fallende Tendenz

Der Auftakt der heurigen Lohnrunde mit dem langen Ringen um einen Kollektivvertragsabschluss in den Sektoren der Metallindustrie sowie die übliche Häufung von KV-Abschlüssen, die mit Jänner in Kraft treten, liegen nun hinter uns. Die Abschlüsse folgten weitgehend der bereits in der Vergangenheit beobachteten Tendenz, sich an der Durchschnittsinflation der letzten zwölf Monate („rollierende Inflation“) zu orientieren. Es gab hierbei zwei Ausnahmen: (1) Der Abschluss in der Metallindustrie lag mit +8,6 % (Ist-Lohnerhöhung) unter der von Gewerkschaften angestrebten Mindesterhöhung gemäß rollierender Inflation (+9,6 %). Dies wird durch eine Öffnungsklausel verstärkt, die es ermöglicht, dass die effektive Lohnerhöhung in Unternehmen mit einem hohen Anteil der Personalkosten an der Bruttowertschöpfung um bis zu 3 Prozentpunkte geringer ausfallen kann. (2) Auch bei den Handelsangestellten lag die durchschnittliche Erhöhung der Mindestgehälter (+8,4 %) unter der rollierenden Inflation (+9,2 %).

Andere wichtige Abschlüsse betreffen den öffentlichen Dienst (+9,3 %), die Handelsarbeiter:innen (+9,3 %), das allgemeine Gewerbe (+8,9 %), private Kinderbetreuungseinrichtungen (+9,3 %), die Elektrizitätsversorger und die Mineralölindustrie (jeweils +9,4 %) und die Arbeitskräfteüberlasser (+8,5 %). Einmalzahlungen, obwohl immer wieder von Arbeitgeberseite gefordert und steuerlich begünstigt, spielten eine nur untergeordnete Rolle.

Der Mittelwert der Abschlüsse, die mit Jänner 2024 in Kraft getreten sind, liegt bei +8,7 %. Dies und die erwähnte Häufung von KV-Erhöhung mit Jänner führt dazu, dass der KV Wage Tracker der OeNB im Jänner einen Spitzenwert erreicht (siehe nachstehende Grafik). Danach zeigt der Wage Tracker einen deutlich fallenden Verlauf, was daran liegt, dass die Abschlüsse, die mit Februar bis März 2024 in Kraft treten, im Durchschnitt niedriger ausgefallen sind. Der Umstand, dass in der laufenden Lohnrunde mehrere wichtige Kollektivverträge für zwei Jahre abgeschlossen wurden, ermöglicht es, den Wage Tracker weiter in die Zukunft fortzuschreiben. Zweijahresabschlüsse gab es in der Metallindustrie, im Metallgewerbe und im IT-Sektor sowie (bereits im Frühjahr 2023 vereinbart) im Bausektor sowie in der holzverarbeitenden und Sägeindustrie. Bei Zweijahresabschlüssen wird üblicherweise eine bestimmte nominelle Lohnerhöhung für das erste Jahr vereinbart, während für das zweite Jahr die Erhöhung als Zuschlag zur (zeitspezifischen) rollierenden Inflation vereinbart wird. 6 Hinsichtlich des Verlaufs des Wage Trackers ist zu beobachten, dass der kollektivvertragliche Abdeckungsgrad mit Anfang 2025 sehr stark sinkt. D. h., ab dann betreffen die dargestellten, implizierten Lohnsteigerungen der bisherigen Abschlüsse nur sehr wenige Arbeitnehmer:innen.

Grafik 3

Hier befindet sich eine Grafik mit dem Titel „Gegenwärtige und zukünftige Tariflohnentwicklung: Der OeNB Wage Tracker“. Sie benötigen mehr barrierefreie Informationen zu dieser Grafik? Bitte wenden Sie sich direkt an einen Autor: alfred.stiglbauer@oenb.at.

Nahrungsmittelinflation im Februar 2024 laut Webscraping-Daten weiter gesunken

Gemäß den Webscraping-Daten der OeNB deutet sich an, dass der Preisanstieg bei Nahrungsmitteln und Getränken im Februar 2024 gegenüber dem Jänner weiter abgenommen hat. Im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat fielen die Preisanstiege im Februar bei Nahrungsmitteln um 2,7 Prozentpunkte niedriger aus als noch im Jänner, bei alkoholfreien Getränken um 3,7 Prozentpunkte und bei alkoholischen Getränken um 2,3 Prozentpunkte. Die Rückgänge in der Jahresveränderung lassen sich sowohl auf Basiseffekte zurückführen, bedingt durch besonders starke Preisanstiege im Februar 2023, als auch auf geringere monatliche Preisanstiege im Vergleich zum Jänner 2024. Ebenso verzeichneten die Sonderaggregate im Februar durchwegs weitere Rückgänge in den Jahresveränderungsraten und die monatlichen Preisanstiege lagen durchwegs unter denen vom Jänner. Eine Ausnahme stellen Brot und Getreideprodukte dar, bei denen die Veränderungsrate im Februar bei +0,32 % lagen, während sie im Jänner bei –0,12 % betragen hatten. Besonders stark ausgeprägt waren die monatlichen Preisanstiege bei Fleisch und Fisch (0,5 %) sowie Ölen und Fetten (0,4 %), wobei die Monatsveränderungsraten bei diesen Aggregaten im Jänner höher waren. Preisrückgänge im Vergleich zum Jänner waren hingegen bei Milchprodukten und Zucker, Marmelade, Honig, Schokolade und Süßwaren (jeweils –0,6 %) zu verzeichnen. Die Preise der Milchprodukte lagen in der Folge auch um 2,8 % unter dem Wert vom Februar 2023.

Inflationsprognose: Inflation wird sich 2024 gegenüber 2023 mehr als halbieren

Die OeNB erwartet in ihrer aktuellen Inflationsprognose 7 , dass sich die HVPI-Inflationsrate von 7,7 % im Jahr 2023 auf 3,6 % im Jahr 2024 mehr als halbieren sollte. In den Jahren 2025 und 2026 wird die Inflationsrate langsam weiter sinken: zunächst auf 2,7 % und dann auf 2,3 %. Damit setzt sich der bereits 2023 begonnene Trend deutlich rückläufiger Inflationsraten fort. Auch die Kerninflationsrate (HVPI-Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel) sinkt deutlich: zunächst auf 4,2 % im Jahr 2024, bevor sie 2026 2,9 % erreicht. Die Kerninflationsrate bleibt allerdings im gesamten Prognosehorizont über der HVPI-Inflation.

Der Rückgang der Inflationsrate im Jahr 2024 geht zum Großteil auf den geringeren Inflationsauftrieb bei Energie zurück – spätestens ab der zweiten Jahreshälfte sollte die Energieinflation deutlich negativ sein. Sinkende Energiepreise – vor allem für Haushaltsenergie – sollten auch in den Folgejahren noch einen (leicht) dämpfenden Effekt auf die Inflationsrate haben. Die Inflationsraten bei Nahrungsmitteln sowie Industriegüter ohne Energie setzen ihre fallende Tendenz im Prognosehorizont fort. Der Rückgang verläuft allerdings deutlich langsamer als im Jahresverlauf 2023. Gemäß der OeNB-Prognose ist mit Ende 2023 auch der Höhepunkt bei der Dienstleistungsinflation überschritten. Ausgehend von hohen Inflationsraten Ende 2023 sinkt sie allerdings nur langsam. Ausschlaggebend dafür sind die aufgrund der verzögerten Inflationsabgeltung kräftig steigenden Lohnkosten, die sich vor allem im Dienstleistungssektor niederschlagen. Wegen des verhaltenen Rückgangs der Dienstleistungsinflation bleibt auch die Kerninflation (Dienstleistungen und Industriegüter ohne Energie) im gesamten Prognosehorizont hoch.

Fiskalische Maßnahmen beeinflussen vor allem die Energie- und Dienstleistungsinflation. Das Auslaufen der Anti-Teuerungsmaßnahmen (insbesondere des Zuschusses zum Netzverlustentgelt) und die Erhöhung des CO2-Preises führt zu inflationstreibenden Effekten zu Beginn des Jahres 2024. Die Verlängerung der Strompreisbremse bis zum Jahresende 2024 (anstatt bis Ende Juni 2024) führt zu einer Verschiebung der aufwärtsgerichteten Inflationseffekte auf 2025. Die im August 2023 von der Regierung beschlossenen Maßnahmen wie der Mietpreisdeckel und die Aussetzung der Gebührenanpassung werden die Dienstleistungsinflation 2024 und in den Folgejahren leicht verringern.

Im Vergleich zum Dezember 2023 wurde die OeNB-Prognose für 2024 um 0,4 Prozentpunkte auf 3,6 % nach unten revidiert. Dies ist den deutlich sinkenden, und gegenüber der Dezemberprognose nach unten revidierten Großhandelspreisen für Energie geschuldet. Auch die überraschend niedrige Inflation im Jänner bedingte eine Neubewertung der Inflationsentwicklung.

Tabelle 4

OeNB-Inflationsprognose vom März 2024
  Prognose Revisionen gegenüber
Dezember 2023
2023 2024 2025 2026 2024 2025 2026
Veränderung zum Vorjahr in % in Prozentpunkten
HVPI-Inflation 7,7 3,6 2,7 2,3 –0,4 –0,3 –0,2
Nahrungsmittel insgesamt 10,0 4,8 3,5 2,5 0,9 0,5 0,5
davon unverarbeitete Nahrungsmittel 7,6 3,4 x x 1,3 x x
davon verarbeitete Nahrungsmittel 10,6 5,1 x x 0,8 x x
Industriegüter ohne Energie 6,4 2,4 x x –0,3 x x
Energie 6,9 –3,5 –6,2 –2,3 –3,5 –8,0 –4,8
Dienstleistungen 7,8 5,3 x x –0,4 x x
HVPI ohne Energie 7,8 4,3 3,5 2,8 –0,1 0,5 0,3
HVPI ohne Energie und Nahrungsmittel 7,3 4,2 3,5 2,9 –0,3 0,5 0,2
Quelle: OeNB, Statistik Austria.

Die Inflationsprognose ist mit einigen, vor allem nach unten gerichteten Risiken behaftet. Erstens ist die Inflationsrate im Februar 2024 laut Schnellschätzung geringer als prognostiziert. Zweitens könnte die Weitergabe der sinkenden Energiegroßhandelspreise an Endkund:innen deutlicher und schneller als in der Prognose unterstellt vonstattengehen. Im Gegensatz zu diesen Abwärtsrisiken könnte gegen Ende des Prognosehorizonts die Abhängigkeit Österreichs von russischem Gas zu einem höheren Preisdruck führen als prognostiziert. Hingegen stellt eine mögliche Zunahme der geopolitischen Spannungen ein nicht unerhebliches Aufwärtsrisiko für die Inflationsprognose dar.

Grafik 4

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Tabelle 5

Annahmen der OeNB-Inflationsprognose vom März 2024
  Annahmen März 2024 Revisionen gegenüber
Dezember 2023
2023 2024 2025 2026 2024 2025 2026
 
Energie und Wechselkurse in %
Erdölpreis (EUR/Barrel Brent) 77,5 73,8 69,3 66,8 –0,2 –1,8 –1,6
Großhandelspreis Gas (EUR/MWh) 40,6 30,0 32,1 29,5 –36,7 –27,4 –19,9
Großhandelspreis Elektrizität (EUR/MWh) 102,9 74,4 78,3 71,3 –36,2 –29,4 –27,1
USD/EUR-Wechselkurs 1,08 1,08 1,08 1,08 –0,3 –0,3 –0,3
 
Nichtenergetische Rohstoffpreise Index 2005 = 100 in %
Gesamt 184,7 185,8 189,6 189,7 3,4 3,0 1,4
davon Weltmarktpreise für Nahrungsmittel 214,1 212,6 210,5 202,9 2,3 2,1 –0,1
davon Weltmarktpreise für metallische Rohstoffe 170,4 174,5 181,3 185,7 12,4 12,0 11,1
             
EU-Erzeugerpreise für Nahrungsmittel 173,7 174,4 175,5 175,7 4,4 4,9 5,3
             
Zinsen in % in Prozentpunkten
Drei-Monats-Zinssatz 3,4 3,4 2,4 2,4 –0,2 –0,4 –0,3
Rendite 10-jähriger Bundesanleihen 3,1 2,9 3,0 3,1 –0,3 –0,3 –0,3
Quelle: Eurosystem.

Die obige Tabelle zeigt die wichtigsten externen Annahmen, die vom Eurosystem für die Inflationsprognose vorgegeben werden. Deutliche Abwärtsrevisionen wurden bei den Großhandelspreisen für Gas sowie Elektrizität vorgenommen. Der Rohölpreis der Marke Brent ist trotz der Spannungen im Nahen Osten und dem Roten Meer leicht nach unten revidiert worden. Ausschlaggebend dafür dürfte die Abschwächung der internationalen Konjunktur und der damit einhergehende Nachfragerückgang sein. Nichtenergetische Rohstoffpreise wurden hingegen nach oben revidiert.

Haushaltsenergiepreise sinken, aber die Kerninflationsrate geht nur langsam zurück

Energie

Die Inflationsprognose geht davon aus, dass der seit Mitte 2022 beobachtete Rückgang der Haushaltsenergie-Großhandelspreise bei den österreichischen Verbraucher:innen ankommt. Für 2024 erwarten wir einen deutlichen Rückgang der Haushaltsenergiepreise, da der Bestand an hochpreisigen Altverträgen durch günstigere Neuverträge ersetzt werden sollte. Zudem wurde die Strompreisbremse bis Dezember 2024 verlängert, allerdings mit veränderten Parametern. Ab Juli 2024 wird die Förderung maximal 15 Cent/kWh (statt 30 Cent/kWh) über einem Arbeitspreis von 10 Cent/kWh betragen. Der Gesamteffekt der Änderung der Parameter ist allerdings begrenzt: Der angenommene Preiswettbewerb führt dazu, dass die Arbeitspreise für Strom nicht über der – ab Juli geringeren – Subventionsgrenze liegen. Der deutlich gesunkene Arbeitspreis für Konsument:innen sollte auch dazu führen, dass das Auslaufen der Strompreisbremse 2025 nur einen geringen Anstieg des Preisindex zur Folge hat.

Allerdings wird die Energieinflation noch von zwei zusätzlichen Faktoren beeinflusst, die dazu führen, dass diese im ersten Halbjahr leicht positiv bleibt. (1) Die Preise für (flüssige) Brennstoffe werden durch den CO2-Preisanstieg ab Jänner 2024 auf 45 EUR/Tonne CO2 (2023: 32,5 EUR/Tonne CO2) beeinflusst. Die Auswirkung auf die Energiekomponente dürfte etwa +1,8 Prozentpunkte betragen, und jener auf die HVPI-Inflation etwa +0,17 Prozentpunkte. (2) Aufgrund eines Basiseffekts steigt die Inflationsrate im März 2024 vorübergehend an: Der Zuschuss zu den Netzverlustentgelten, der für 2023 gewährt wurde, wurde erstmals im März 2023 verbucht und senkte die Preise deutlich. Das Auslaufen dieses Zuschusses wird somit im März 2024 zu einem Anstieg der Inflationsrate führen.

Der disinflationäre Effekt der Energiepreise ab dem zweiten Halbjahr ist auf den verstärkten Preiswettbewerb bei Haushaltsenergie zurückzuführen, da ab dem Spätsommer viele befristete Verträge auslaufen. Insgesamt erwarten wir für das Jahr 2024 eine Energieinflationsrate von
–3,5 %. Aufgrund des weiteren Preisrückgangs bei Haushaltsenergie sinkt die Energiepreisinflation auch 2025 und 2026 weiter.

Nahrungsmittel (inklusive Alkohol und Tabak)

Die Inflationsprognose geht davon aus, dass die Nahrungsmittelinflation im Jahr 2024 weiter zurückgehen wird, aber – wie in der Vergangenheit – eine hohe Volatilität aufweist. Der Rückgang ist in der ersten Jahreshälfte aufgrund von Basiseffekten stärker. Sowohl die Inflationsraten von verarbeiteten als auch von unverarbeiteten Nahrungsmitteln sollten sich im Vergleich zu 2023 in etwa halbieren. Die leicht gestiegenen Preise für landwirtschaftliche Rohstoffe und die überdurchschnittlich steigenden Lohnkosten führen dazu, dass die Nahrungsmittelinflation nach 2024 deutlich langsamer sinkt. Auch 2026 wird sie mit 2,5 % noch über ihrem langfristigen Durchschnitt von 1,9 % (2000–2019) liegen.

Dienstleistungen

Die anhaltend hohen Inflationsraten im Dienstleistungssektor sind vor allem auf tourismusnahe Dienstleistungen (Pauschalreisen, Hotels und Restaurants) zurückzuführen. Die weiterhin erwartete hohe Kapazitätsauslastung im Tourismussektor sollte es den Unternehmen erlauben, die angestiegenen (Lohn-)Kosten auf die Konsument:innen zu übertragen. Die OeNB-Prognose geht von vergleichsweise hohen Lohnabschlüssen im Jahr 2024 und etwas niedrigeren Abschlüssen in den Folgejahren aus. Deshalb wird die Dienstleistungsinflation nur langsam zurückgehen und 2024 noch 5,3 % betragen. Dabei sind schon die inflationsdämpfenden Effekte der von der Regierung im August 2023 beschlossenen Maßnahmen berücksichtigt. Maßnahmen wie die Mietzinsobergrenze und die Aussetzung von Gebührenanpassungen werden die Dienstleistungsinflation in den Jahren 2024 und 2025 leicht senken (2024: 0,25 Prozentpunkte; 2025: 0,015). 8

Industriegüter ohne Energie

Der deutliche Rückgang der Industriegüterinflation wird sich 2024 fortsetzen. Die Erzeugerpreisinflation hat ab Juli 2023 den negativen Bereich erreicht. Außerdem wurden Engpässe beseitigt und auch die Konjunkturabkühlung sollte die Inflationsrate bei Industriegütern dämpfen. Insgesamt wird die Inflationsrate auf etwa ein Drittel des Vorjahres fallen. Mit einer erwarteten Inflationsrate von 2,2 % im letzten Quartal 2024 liegt sie nur noch um 1,3 Prozentpunkte über ihrem langjährigen Durchschnitt.


  1. Oesterreichische Nationalbank, Referat Konjunktur, , ,
    , , , , . Unter Mitarbeit von Gerhard Fenz und Birgit Niessner. ↩︎

  2. Das Wachstum von — 0,7 % bezieht sich auf die saisonal bereinigten Quartalsdaten. Auf Basis der saisonal unbereinigten VGR-Daten der Statistik Austria für das vierte Quartal 2023 ergibt sich für das Gesamtjahr 2023 ein Wachstum des realen BIP von — 0,8 %. ↩︎

  3. Details zur Methode des OeNB-Konjunkturindikators siehe OeNB-Konjunkturindikator - Oesterreichische Nationalbank (OeNB) . ↩︎

  4. Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI 2015). ↩︎

  5. Detailinformationen werden am 18. März 2024 von Statistik Austria publiziert. ↩︎

  6. So wurde beispielsweise für die Metallindustrie vereinbart, dass die Lohnerhöhung per November 2024 die rollierende Inflation per August 2024, zuzüglich eines Prozentpunktes, ausmacht. ↩︎

  7. Redaktionsschluss für die Prognose war der 26. Februar 2024. Die am 1. März 2024 publizierte Schnellschätzung für Februar konnte deshalb nicht berücksichtigt werden. ↩︎

  8. Siehe Deckeln, bremsen, fixieren: Aktuelle Inflationsmaßnahmen der Regierung - Oesterreichische Nationalbank (OeNB) . ↩︎

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